Huff, Tanya
„Sie
ist allmählich zu dicht dran", flüsterte er Vicki zu, „und ihr
Zwillingsbruder beginnt es zu spüren."
Sie runzelte die
Stirn. „Zu dicht woran?"
„An ihrer ersten Läufigkeit.
Ich vermute, daß er weggeschickt wird, sobald dieser Ärger vorüber ist. Ich
hoffe nur, es ist nicht zu spät."
„Zu spät?"
wiederholte Vicki, die sich erinnerte, daß Nadine am Samstagmorgen von Wolkes
erster Läufigkeit gesprochen hatte.
„Gewöhnlich geschieht
es Ende September, Anfang Oktober, damit, wenn es zu einer Schwangerschaft
kommt, das Junge oder die Jungen im Frühsommer geboren werden, wenn es ein
ausreichendes Futterangebot für die letzten Monate der Trächtigkeit und die
ersten Lebensmonate gibt." Er kicherte. „Die Werwölfe werden ohne Zähne
geboren, aber sie kommen ziemlich schnell. Natürlich hatte das alles mehr zu
bedeuten, als sie noch allein von der Jagd lebten, aber die Biologie hat immer
noch die Oberhand. Zum Glück sind die Verwandlungen der Jungen in den ersten
Jahren an die der Mutter gebunden."
Vicki ließ die Hand
auf den Arm des Alten fallen. Das Krankenhaus hatte bei ihr keinen Schaden
außer einer üblen Beule festgestellt, aber ihr Kopf schmerzte, und sie wußte,
daß sie etwas nicht mitbekam. „Dr. Dixon, wovon zum Teufel reden Sie
eigentlich?"
„Hm?" Er drehte
sich zu ihr um und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, ich bin alt und habe
vergessen, daß Sie erst kurze Zeit bei den Werwölfen sind." Seine Stimme
hörte sich wie bei einer Vorlesung an, langsam und exakt. „Wolke erreicht bald
ihre Geschlechtsreife. Ihr Geruch verändert sich. Sturm reagiert darauf. Haben
Sie nicht bemerkt, wie er sie ableckt?"
„Ich dachte, das sei,
um sie zu trösten, um die Schnitte zu reinigen."
„Das war es auch zum
Teil, aber mir gefiel nicht, wozu es sich entwickelte. Darum habe ich ihn
hinausgeschickt."
„Er ist ihr
Bruder", protestierte Vicki.
„Weswegen die Familie
ihn wegschicken wird. Es ist schwer für Zwillinge. Man kann sie während der
ersten Läufigkeit nicht zusammen lassen; er würde sich selbst verletzen beim
Versuch, an sie heranzukommen. Wenn er älter ist, wird er seine Reaktion
beherrschen können, aber dieses erste Mal, das erste Mal für beide... "
Dixons Stimme verlor sich, und er schüttelte den Kopf.
Er schwieg, bis Peter
zurückkam.
„Ich habe Ihnen auch
etwas Wasser gebracht", sagte er und gab Vicki das zweite Glas, das er
trug.
Sie dankte ihm. Sie
hatte Durst. Wasser würde reichen müssen. Sie beobachtete ihn aufmerksam, als
Sturm sich fallen ließ und seine
Schnauze auf Wolkes
Rücken bettete, aufseufzte und scheinbar sofort in Schlaf sank. Für sie sah es
vollkommen unschuldig aus. Sie warf einen Blick auf Dixon. Er sah nicht besorgt
aus, also bewegte es sich offensichtlich in den Grenzen akzeptablen Benehmens.
Die Szene wurde einen
Augenblick später erschüttert, als eine Wagentür draußen zugeschlagen wurde,
beide Werwölfe aufsprangen und aufgeregt bellend zur Vorderseite des Hauses
sprangen.
„Ihr Vater",
erklärte Dixon. „Ich habe ihn angerufen, als wir aus dem Krankenhaus kamen. „Es
hatte keinen Sinn, ihn vorher zu beunruhigen, und jetzt kann er Sie zur Farm
zurückbringen."
„Wissen sie es?"
fragte Vicki. „Daß er weggeschickt wird?"
Dixon sah verwirrt
aus. „Wer? Oh. Wolke und Sturm? Rose und Peter?" Bei ihrem Nicken seufzte
er. „Sie wissen, daß es geschehen wird, doch sie sind zwar Werwölfe, aber immer
noch Teenager und glauben nicht, daß es passieren wird." Er schüttelte den
Kopf. „Teenager. Man könnte mir gar nicht soviel bezahlen, daß ich das nochmal
durchmachen wollte."
Vicki streckte die
Hand aus und stieß mit ihm an. „Amen, Doktor", sagte sie. „Amen."
Mit gerunzelter Stirn
legte Mike die Finger um das Lenkrad. Er war später von seiner Schwester
weggekommen als geplant, und er schätzte sich glücklich, es überhaupt geschafft
zu haben. Niemand hatte ihn vorgewarnt, daß Tante Maria bei dem „kleinen
Familiengrillfest" sein würde, wahrscheinlich, weil sie wußten, daß er
sich sonst geweigert hätte zu kommen.
„Nun, wir konnten
schließlich nicht erwarten, daß Oma ganz alleine kommt, Mike. Ich meine, die
Frau ist 83 Jahre alt."
Wenn sie erwähnt
hätten, daß Oma kommen würde, wäre er hinausgefahren und hätte sie selbst
abgeholt. Eine Fahrt zur Ecke Dufferin- und St. Clair Street schlug einen
Nachmittag mit Tante Maria um Längen. Obwohl er es versucht hatte, war es
unmöglich gewesen, ihr den
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