Huff, Tanya
und ich werde deinem bescheuerten Auto schon nichts
antun."
„Weil du mein bescheuertes Auto gar nicht erst in die
Finger bekommst, und in der Vergangenheit warst du durchaus bereit, meine
Dienste in Anspruch zu nehmen."
„Das war, als mir noch keine eigenen Dienste zur Verfügung
standen."
„Mit mir zusammen, Vicki. Oder gar nicht."
Mit einem Ruck stand sie kerzengerade, und ihre Augen
funkelten silbern. „Willst du mir etwa drohen?"
„Ich will dir helfen!" spuckte er ihr aus zusammengepreßten
Lippen entgegen.
Erstaunt sah Vicki ihn an, und langsam schwand das Silber
wieder aus ihren Augen. „Warum?"
„Weil wir Freunde sind." Henry biß weiterhin die
Zähne zusammen, und so klang diese Verkündung nicht gerade freundschaftlich,
aber zumindest lagen seine Finger nicht um Vickis Hals, und das war doch
sicherlich etwas wert. „Hast du das nicht immer gesagt? Wir seien Freunde? Es
gäbe keinen Grund, die Freundschaft aufzukündigen, nur weil du einen neuen
Lebensstil gewählt
hast? Waren das nicht deine eigenen Worte? Für dich mag
das eine Überraschung sein: Ich betrachte auch Celluci als Freund - zumindest
als Waffenbruder." Henry verzog den Mund. „Meine Leute lasse ich nicht im
Stich."
In Bezug auf territoriale Imperative galt, daß es Dinge
gab, die Vicki zu teilen bereit war und andere, die sie unter keinen Umständen
mit jemand teilen würde. Als Henry seinen Fehler erkannte und sich erinnerte,
daß Celluci zu Vickis nicht teilbaren Besitztümern gehörte, da krallten sich
Vickis Finger auch schon in seine Schultern. Mehr als 450 Jahre Erfahrung
hatten keine Chance gegen die Wut der jungen Vampirin. In Bruchteilen von
Sekunden ging Henry zu Boden, und Vickis Hände lagen so an seinem Nacken, daß
ihre gekrümmten Daumen jederzeit die Arterien an beiden Seiten des Halses hätten
aufreißen können. Vickis Zähne lagen bloß. Aus ihren Augen schössen silberne
Pfeile, die sich schmerzhaft in Henrys Augen bohrten.
„Michael Celluci gehört mir."
Die Worte ließen keinen Handlungsspielraum, boten keine
Möglichkeit zu einem Kompromiß, und für Henry gab es nur eine denkbare Antwort,
denn es ging nicht an, daß er Vicki diesen Einschüchterungsversuch durchgehen
ließ. Er war älter als sie, und sie befanden sich in seinem Revier.
„Glaub mir, Vicki, er ist nicht mein Typ."
Der Ton dieser Worte - leise und ruhig - vermochte, den
Wutanfall zu bremsen; da sie zudem recht hochnäsig klangen, verhinderten sie,
daß die Situation ins Melodramatische kippte.
Vicki blinzelte, lockerte den Griff um Henrys Hals und
ließ sich auf die Hacken zurückfallen. „Ich hätte dich vernichten können!"
grollte sie und klang dabei nicht länger wütend, sondern vielmehr peinlich
berührt.
„Nein." Vickis Hände lagen weiterhin an beiden Seiten
seines Nackens - so beschloß Henry, den Kopf lieber nicht zu schütteln. Was als
nachdrückliche Unterstützung seiner Worte gedacht war, konnte völlig deplaziert
wirken und schreckliche Folgen haben. „Ich glaube, darüber sind wir hinweg, du
und ich."
„Ha! Also hatte ich recht und du unrecht."
Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Was das Leben in
der Nacht betraf, war Vicki gerade erst drei geworden, und manchmal, so wie
jetzt, machte sich das bemerkbar. „Ja", sagte er. Als Vicki nun aufstand,
um wieder eine gewisse Distanz zwischen ihnen zu schaffen, erhob sich auch
Henry. „Celluci hat immer dir gehört, Vicki", flüsterte er, als sie einander
wieder gefahrlos gegenüberstehen konnten. „Wenn du das bezweifelst, bist du
ihm gegenüber sehr ungerecht."
Wäre Vicki noch Mensch gewesen, hätte sie jetzt erröten
müssen. Wie die Dinge lagen, ging sie Schritt für Schritt rückwärts, bis ihre
Oberschenkel an die Couch stießen und versuchte, sich zu verteidigen: „Wenn er
hört, daß du ihn zu den Deinen zählst, ist er wahrscheinlich zu Tränen
gerührt." Da sie nun ohnehin bei der Couch stand, setzte sie sich auch.
„Sehen wir uns die Nachrichten an, die Tony aufgezeichnet hat", sagte sie
dann. Vielleicht verschafft uns das ein besseres Bild von dem, was passiert
ist."
Henry mußte sich ins Gedächtnis rufen, daß
Selbsterkenntnis, was Gefühlsdinge betraf, noch nie zu Vickis Stärken gezählt
hatte. Nachdenklich nahm er die Fernbedienung vom Couchtisch. Die Aussicht auf
die Ewigkeit hatte den schützenden Panzer, den Vicki den größten Teil ihres
Lebens getragen hatte, teilweise geknackt, aber es war noch genug davon übrig
und harrte erst
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