Huff, Tanya
aktenkundig war
und dachte sich, er könne auch ein wenig Extrageld gebrauchen. Wahrscheinlich
hat er im Gefängnis reichlich Kontakte zur Mafia geknüpft."
Vicki schüttelte den Kopf. „Reine Spekulation."
„Es spielt letztlich auch keine Rolle. Die fehlenden Hände
haben uns schon einmal verwirrt und auf eine falsche Fährte gelockt, die der
Mafia. Ich will nicht, daß uns das noch einmal passiert." Damit trat Henry
ans Fenster. Er hatte immer schon am besten denken können, wenn er auf die
Stadt hinabsah. Auf seine Stadt - trotz des unvertrauten Musters, das
die Lichter tief unter ihm bildeten. Von seiner Wohnung
aus blickte man über den False Creek, von Lisa Evans Wohnung aus auf den
Parkplatz zwischen den Wohntürmen. „Mike hat recht. Dr. Mui zieht die Fäden.
Swanson ist letzte Nacht völlig zusammengebrochen, als er Sullivans Leiche
gefunden hat."
„Ja, sicher", schnaubte Vicki, denn Henry mochte sie
noch weniger gern recht geben als Mike. „Er hatte Angst, daß die ganze
Operation, wenn ich mal so sagen darf, mit einem Knall auffliegt!"
„Das glaube ich nicht." Henry spürte, wie sich Vicki
hinter ihm empört aufrichtete und betrachtete weiter angeregt den Verkehr auf
dem Pacific Boulevard. „Die erste Frage, die Mui Swanson stellte, galt der
Polizei. Wenn Swanson von den anderen Morden gewußt hätte, wäre er nicht im
Traum darauf gekommen, die Polizei zu benachrichtigen, und das wäre Dr. Mui
klar gewesen. Als sie dann wußte, daß er außer ihr noch gar niemanden
angerufen hatte, fing sie an zu planen, wie sich die Sache würde vertuschen
lassen."
„Dr. Mui hatte Motiv und Gelegenheit", erklärte Mike.
„Swanson hat ihr die Gelegenheit förmlich in den Schoß geworfen, und da wurde
sie raffgierig."
„Dürftige Argumentation", grummelte Vicki, „äußerst
dürftig. Dich hat man in einem von Swansons Gästehäusern festgehalten, oder
nicht?"
„Das heißt aber noch lange nicht, daß Swanson selbst
überhaupt wußte, warum ich dort war. Sie hätte ihm sonst etwas erzählen
können."
„Wir dürfen das Wichtigste nicht vergessen", fügte
Henry hinzu. „Nichts von dem, was letzte Nacht geschah, hat meine Geister
beeindruckt. Weder Sullivans Tod noch Swansons Herzinfarkt."
Dr. Mui hatte Mikes Blut gestohlen, und Vicki war nur
allzugern bereit, die Frau allein deswegen zu verdammen. Also tat sie, als
hätten die beiden Männer sie letztlich doch noch überzeugt, nickte, setzte sich
zurück und fragte trocken: „Die Indizien scheinen also darauf hinzuweisen, daß
die Frau Doktor nicht nur bezahlte Handlangerin ist. Die Frau ist vielmehr ein
opportunistisches, mordlüsternes, scheinheiliges, amoralisches Weib. Womit
sich die Frage stellt: Wenn ich sie nicht umbringen darf, was sollen wir eurer
Meinung nach denn dann mit ihr machen? Die Polizei verständigen, von einer
öffentlichen Telefonzelle aus, mit einem anonymen Tip?" Vicki senkte die
Stimme zu einem dramatischen Flüstern. „Sie kennen mich nicht, aber Sie sollten
sich mal Dr. Muis Finanzen vornehmen. Lassen Sie sich von ihr erklären, wo das
Geld herkommt."
„Sie hat wahrscheinlich eine Erklärung parat. Die trau hat
Ei..." Celluci hielt inne, als Vicki ihn mit einem silbernen Blick
festnagelte und fuhr dann geschickt fort: „... Eierstöcke aus Stahl. Sie hat
auf alles eine Antwort parat."
„Noch dazu hält sie in einigen Ländern, die für sie völlig
sicher sind, ein kleines Vermögen versteckt. Von daher würde ich davon
ausgehen, daß sie bald die Flatter macht. Wenn sie das nicht schon getan
hat."
„Ich glaube nicht." Henry hielt den Kopf schief und
starrte auf den sauber gestutzten Rasenstreifen, der die Grenze zwischen
seinem Wohnhaus und dem Dr. Muis markierte. „Nebenan ist gerade ein
Übertragungswagen vorgefahren, und ich glaube, die Frau, die gerade aussteigt,
ist Patricia Chou."
,Wieso zum Teufel können Sie das von hier oben aus
sehen?" fuhr Celluci auf. Dann fiel es ihm wieder ein: Henry verfügte
genau wie Vicki über eine außergewöhnlich gute Nachtsicht. „Egal. Dumme Frage.
Wenn das Patricia Chou ist, dann ist es der Polizei wohl endlich gelungen, sie
von Swansons Krankenbett zu vertreiben - sie hat wahrscheinlich den ganzen Tag
wie ein Geier über dem Mann geschwebt."
Vicki starrte Mike mit übertriebenem Erstaunen an. „Ich
habe gedacht, die Frau sei eine Freundin von dir!"
,Wenn wir einen Moment lang die Tatsache außer acht
lassen, daß ich diese Reporterin erst ein einziges Mal in meinem
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