Huff, Tanya
ganzen Leben
getroffen habe: Seit wann bin ich den Fehlern meiner Freunde gegenüber
blind?"
Vicki nahm sich vor, sich diese Spitze zu merken. Mike
würde dafür bezahlen, sobald es ihm wieder besserging. „Wenn Ms. Chou da ist,
ist auch Dr. Mui da - aber meine Frage ist weiterhin offen: Was tun wir
jetzt?"
Mit dunkel schimmernden Augen wandte sich Henry vom
Fenster ab. „Wir bedienen uns Ms. Chous, um sicherzustellen, daß die Frau
Doktor morgen bei Sonnenuntergang in ihrer Wohnung ist. Dann konfrontieren wir
die Angeklagte mit den einzigen uns zur Verfügung stehenden Zeugen. So würde
es das Gesetzt doch vorschreiben, nicht wahr, Detective?"
Celluci fühlte sich in Dunkelheit gefangen und riß sich
mühsam los; es war in den letzten beiden Tagen viel zu einfach gewesen, das
Gesetz zu ignorieren. „Eigentlich ist es genau anders herum. Die Angeklagten
haben das Recht, ihren Anklägern gegenüberzutreten."
„Schön." Henry nickte. „Auch das."
„Hören Sie, Henry, Sie können nicht einfach ..."
,Warum nicht? Gibt es ein Gesetz, das den Toten ein
Mitspracherecht untersagt?"
„Sie wissen verdammt noch mal ganz genau, daß es so ein
Gesetz nicht gibt. Es ist nur..."
„Du kannst sie nicht mit den Geistern konfrontieren,
Henry." Vicki schnitt Celluci das Wort ab, und ihr Ton machte klar, daß
nunmehr ihrer Meinung nach in der Angelegenheit das letzte Wort gesprochen war.
„Wenn ihr ... ihr Wirkungsradius groß genug wäre, dann hätten die beiden
Geister die Ärztin doch schon längst konfrontiert. Du müßtest näher an die Frau
herankommen, und das kannst du nicht."
„Das kann ich sehr wohl."
„Die beiden tauchen bei Sonnenuntergang auf. Das würde
bedeuten, daß du bei Sonnenaufgang näher an die Mui herankommen mußt."
„Das weiß ich."
Dann würde dieses Revier mir gehören!. Vicki tat mehr, als
diesen Gedanken nur zu unterdrücken: Sie tilgte ihn aus. ,,Vergiß es, das ist
zu gefährlich."
„Ist es denn weniger gefährlich, wenn ich die Geister nie
loswerde? Wenn ich Abend für Abend die richtigen Fragen stellen muß und genau
weiß, daß Unschuldige sterben, wenn ich einen Fehler mache?"
„Dann bringen wir eben die Frau zu den Geistern."
,,Wie werden wir dann hinterher...", er hatte sagen
wollen „die Leiche los", aber nach einem Blick auf Cellucis Miene änderte
er diesen Satz: „... die Polizei alarmieren?" Als Vicki die Frage nicht
beantworten konnte, fuhr Henry fort: „Mein Plan sieht vor, auch Patricia Chou
an der Sache zu beteiligen, denn diese Frau hat sich doch bisher als
äußerst..." - eine Reihe beschreibender Adjektive wurden in Erwägung
gezogen und mit Rücksicht auf Vicki verworfen - „... effektiv erwiesen."
Celluci grunzte zustimmend. Mit Hilfe der Geister die
Ärztin derart in Angst und Schrecken zu versetzen, daß sie sich in die Arme der
Medien stürzte, um dann ein zweites Mal in dieser Angelegenheit mit Hilfe der
Medien die Polizei zu benachrichtigen - mit diesem Vorgehen konnte er leben.
„Aber auch du bist an der Sache beteiligt, Henry. Wie
willst du deinen Plan überstehen?"
Vickis Besorgnis war echt; ihre Worte gerade hätten auch
jedem anderen, sterblichen Freund gelten können. Als Maßstab dafür, wie weit
die beiden Vampire in kurzer Zeit gekommen waren, grenzte das nicht nur an ein
Wunder. Es war ein Wunder.
„Nun heul nicht gleich vor Rührung! Beantworte einfach nur
meine Frage."
Henry schüttelte den Kopf, immer noch etwas verwirrt
angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Evolution voranschritt. „Ich werde
den Tag bei den Nachbarn der Frau Doktor verbringen, Carole und Ron
Pettit."
„Sind das Freunde von dir?"
„Noch nicht." Henry schenkte Cellucis finster
fragendem Blick keine Beachtung, nahm das Telefon und gab die Nummer ein, die
er sich bei seinem früheren Besuch notiert hatte.
Da Henry zu keiner Auskunft bereit schien, beugte sich
Celluci zu Vicki hinüber. „Was macht er da jetzt?" flüsterte er der
Freundin fragend ins Ohr.
„Erinnerst du dich daran, wie Dracula Lucy dazu gebracht
hat, das Haus zu verlassen?"
„Er stand draußen im Garten und hat nach ihr
gerufen."
„Na, und genau das macht Henry jetzt auch."
„Dracula hat kein Telefon benutzt!"
„Die Zeiten ändern sich."
„Guten Abend. Carole, du mußt etwas für mich tun. Du mußt
den Riegel von deiner Tür nehmen, Carole. So ist es recht, Carole, du weißt,
wer ich bin."
Plötzlich wurde es im Zimmer heiß. Mike zupfte an seiner
Jeans. Als Vicki sich zu
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