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Huff, Tanya

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Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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Unsterblichkeit?

Der Rhabarberkuchen schmeckte wie Sägemehl, und er ließ
die Hälfte davon stehen.
    Mit gebeugten Schultern, die Hände in den Seitentaschen
seiner Jacke vergraben, machte Celluci sich auf den Rückweg zum Bus. Ihm war
klar, daß er sich gerade in Selbstmitleid suhlte, schien aber wenig dagegen
tun zu können.
    Als der Motor des Busses mit einem lauten Heulen ansprang,
traf ihn das völlig überraschend. Er stand anderthalb Meter von der vorderen
Stoßstange des Wagens entfernt und starrte durch den dünnen Film aus toten
Fliegenkörpern, der sich auf der Windschutzscheibe gebildet hatte, in das grinsende
Gesicht eines jungen Mannes von höchstens zwanzig Jahren. Erst als der Bus
zurückstieß und in einer eleganten Kurve mit quietschenden Reifen Richtung
Autobahn raste, begriff er; was vor sich ging.
    Man stahl ihren Bus.
    Instinktiv setzte Celluci dem Fahrzeug nach, merkte aber
schon bald, wie wenig Sinn das hatte, weil er den Wagen niemals würde einholen
können, und blieb keuchend stehen. Er warf einen Blick auf die Uhr: 20:27 Uhr.
    Noch drei Minuten, dann würde Vicki aufwachen.
    Sie würde sofort wissen, daß etwas nicht stimmte, daß
nicht er es war, der da am Steuer saß. Sie würde die Trennwand hinter den
Sitzen hochreißen ...
    Dem Autodieb stand eine verdammt unangenehme Überraschung
bevor!
    Celluci starrte dem staubigen Heck des Busses nach, der
jetzt auf einer Landstraße im Sonnenuntergang verschwand und fing an zu lachen.
Es tat ihm sehr leid, daß er nicht miterleben konnte, was für Augen der Typ
machte, wenn Vicki wach wurde. Er lachte noch, als die Kellnerin, die mit einem
besorgten Ausdruck im Gesicht aus dem Restaurant getreten war, mit ihm
zusammentraf. „War das nicht Ihr Bus?"
    „Ja." Er grinste auf die Frau hinab und fühlte sich
zum ersten Mal seit Stunden wieder richtig gut.
    „Wollen Sie von uns aus die Polizei anrufen?"
    „Nein, vielen Dank. Aber ich hätte gern noch ein Stück von
diesem phantastischen Rhabarberkuchen."
    Vollständig verwirrt folgte die Frau ihm durch das
Restaurant und sah mit großen Augen zu, wie er sich auf einen Tresenhocker
fallenließ. Als Celluci auf die Uhr sah und vergnügt vor sich hin kicherte,
schüttelte sie nur den Kopf. Ein so netter Mann, und sie war froh, daß die
Dinge, die ihn vorhin so bedrückt hatten, ihn jetzt nicht mehr zu bedrücken
schienen. Aber sein Verhalten konnte sie nicht verstehen. „Was wird denn nun
aus dem Bus?"

Cellucis Mundwinkel verzogen sich vergnügt, und er griff
nach der Gabel. „Der kommt schon wieder."
    Irgend etwas war falsch.
    Vicki lag in der Dunkelheit und sortierte Geräusche,
Gerüche und Gefühle.
    Der Bus bewegte sich noch. Mike hatte aus
Sicherheitsgründen darauf bestanden, jeweils mindestens eine halbe Stunde vor
Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang einen Parkplatz aufzusuchen. Er hatte
dieser Vorsichtsmaßnahme völlig unnötiges Gewicht beigemessen; Vicki
bezweifelte, daß er nun plötzlich seine Meinung geändert haben sollte. Entweder
war ihm sein kostbares kleines Buch abhanden gekommen, oder er hatte nicht von
der Autobahn abbiegen können. Oder er saß gar nicht selbst am Steuer.
    Über Cellucis Duft, der in der Polsterung des Bettes hing,
lag der Geruch des Motors: Benzin und Öl und erhitztes Metall. Vickis Geruchssinn,
normalerweise äußerst scharf, nutzte ihr wenig. Die drei kleinen Schweinchen
hätten den Wagen lenken können, und sie wäre nicht in der Lage gewesen, sie zu
riechen.
    Vicki kniete sich dicht hinter die Sperrholzwand, filterte
die Geräusche des Verbrennungsmotors aus und hörte den Herzschlag eines
Fremden.
    Aus ihrer Kehle drang ein leises Knurren. Mühsam
widerstand sie der Versuchung, einfach durch die Wand zu brechen und dem
Fremden das Herz aus dem Leibe zu reißen und schob statt dessen behutsam die
Riegel zurück. Wenn sie ihrer Wut freien Lauf ließ, würde sie keine Antwort
auf ihre Fragen bekommen, würde nicht erfahren, was mit Mike geschehen war.
Erst kriege ich ein paar Antworten ...
    Für den jungen Mann am Steuer war es, als sei der
Beifahrersitz in der einen Sekunde noch leer gewesen und in der nächsten von
einer jungen Frau besetzt, die ihn furchterregend anlächelte.
    „Fahr' rechts ran", sagte die Frau leise.
    Dem jungen Mann fuhr ein Schreck in die Knochen, wie er
ihn in seinem ganzen Leben noch nicht verspürt hatte. Hastig bremste er und
fuhr mit einem unbeholfenen Schlenker auf den Seitenstreifen. Als er den Bus
endlich zum Stehen

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