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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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fünfzehn
Jahre Polizeiarbeit auf Cellucis Gesicht hinterlassen hatten, und er wirkte
viel jünger als achtunddreißig.
    Achtunddreißig.
    An Mikes linker Schläfe waren die ersten grauen Haare
aufgetaucht.
    Wie viele Jahre würden ihnen bleiben? Fünfzig? Vierzig?
Was würde sie den ganzen langen Rest der Ewigkeit ohne ihn anfangen? Sie dachte
an die eigene Unsterblichkeit und ertappte sich dabei, wie sie um den unausweichlichen
Tod des Freundes trauerte, der noch munter war und lebte. Henry hatte sie
davor gewarnt, sich solch fatalistischen, verzweifelten Grübeleien hinzugeben,
aber es fiel Vicki schwer, sich diese Warnung ins Gedächtnis zu rufen und
gleichzeitig zuzuhören, wie hinter ihr ein menschliches Herz sich durch die
letzten ihm verbleibenden Jahre pochte.
    Mann, Vicki: Reiß dich gefälligst zusammen! Die junge Frau
lehnte sich vor, packte Celluci bei den Schultern und rüttelte den Freund
unsanft wach.
    „Was zum..."
    „In zwanzig Minuten geht die Sonne auf, Mike. Ich lasse
dich allein, du kannst dich zurechtmachen." Vicki kletterte aus dem Bus,
trat an die Leitplanke des Parkplatzes und starrte auf die Gipfel der Rocky
Mountains, deren Silhouetten majestätisch vor dem Grau aufragten, das der
Himmel stets kurz vor der Dämmerung zeigt und die so sehr ein perfektes
Gebirge bildeten, daß sie fast schon unecht wirkten.
    Das ist wirkliche Unsterblichkeit, mußte Vicki sich
eingestehen. Verglichen mit diesen Felsbrocken lebe ich einfach nur ein bißchen
länger ab der Durchschnitt. Sie hörte, wie sich Mike von der anderen Seite des
Wagens her näherte und sagte: „Bei der Tankpause habe ich Henry eine Nachricht
auf den Anrufbeantworter gesprochen. Er weiß, daß wir heute bei ihm eintreffen."
    „Ja? Wird er da sein?"
    Vicki kniff die Augen zusammen und drehte sich auf dem
Absatz um: „Warum sollte er nicht?"
    „Ach, ich weiß nicht. Vielleicht ist er ja wenigstens
bereit anzuerkennen, wo seine Grenzen liegen." Nach drei auf der Straße
verbrachten Nächten fühlte sich Mike müde und steif und selbst alle Wonnen
eines

Frühlingsmorgens inmitten einer der schönsten Landschaften
der Welt würden ihn erst wieder beeindrucken können, wenn er gepinkelt und eine
Tasse Kaffee getrunken hatte.
    „Er wird schon da sein."
    „Warum bist du dir da so sicher?"
    „Ich habe gesagt, er soll nicht abhauen."
    „Das hätte ich ahnen können", brummte Celluci leise
vor sich hin und folgte Vicki zum Bus. Er fing ihr Handgelenk auf, als sie den
Arm hob, um sich den Nacken zu massieren. „Ist dir eigentlich nie in den Sinn
gekommen, daß Henry Fitzroy vielleicht mehr Ahnung hat, was es heißt, Vampir
zu sein, als du?"
    Vicki wandte sich um, ohne Cellucis Hand abzuschütteln,
obwohl sie beide wußten, wie leicht ihr das gefallen wäre. „Vielleicht weiß er
das, aber Henry weiß nicht, was es heißt, ich zu sein, und ich werde mich auf
seinen Scheiß mit der Unvereinbarkeit von Revieren nicht einlassen."
    Weil er den Zweifel in ihren Augen erkannte, ließ Mike die
Sache auf sich beruhen. Sie würden das noch schnell genug herausfinden.
    Als er hörte, wie die Riegel zurückgeschoben wurden und
sich die vordere Trennwand hob, warf Celluci die Reste seines Hamburgers einer
Möwe zu, die auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums Wache schob, und rollte das
Fenster hoch. Er sah zwar niemanden, der sich in Hörweite befand, aber einen
Lauscher wollte er jetzt wirklich nicht dabeihaben.
    Vickis Blick, die silbernen Augen von einem Rest Gold der
untergehenden Sonne gefärbt, glitt an ihm vorbei. „Wo sind wir?"
    „Cariboo Street, im Ostteil der Stadt. Ich dachte, du
wolltest wach sein, wenn wir ankommen."
    Vicki starrte aus dem Fahrerfenster hinaus auf Vancouver,
die See, Henry Fitzroy. Dann sah sie Celluci an, sah ihn sich ganz genau an.
    Celluci bekam das merkwürdige Gefühl, noch nie in seinem
Leben so durchschaut und erkannt worden zu sein und spürte, wie er zu schwitzen
begann. Als er meinte, Vickis Blick keine Sekunde länger ertragen zu können,
lächelte die Freundin und strich ihm die überlange Haarsträhne aus dem Gesicht.
    .Vielen Dank. Ganz schön feinfühlig für einen Typen, der
jede einzelne Folge von Baywatch aufzeichnet."

Drei
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte Henry auf den Geist
ohne Hände, der am Fußende seines Bettes stand, schlug mit mechanischen,
präzisen Handbewegungen die Bettdecke zurück und setzte sich auf. Auf keinen
Fall durfte er seinem Zorn freien Lauf lassen. Das würde nur

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