Huff, Tanya
handelt und diese
Leiche auch noch gefunden wird, dann stehen die Chancen sehr gut, daß die
ganze Sache irgendwann einmal in der Zeitung steht. Also bin ich heute
nachmittag, als ihr beide euren Schönheitsschlaf hieltet, Ihren Altpapierkasten
durchgegangen." Mike nahm eine zusammengefaltete Zeitung hoch und warf
sie Henry hin. „Eine Leiche ohne Hände wurde aus dem Hafen gefischt. Zur selben
Zeit, als Ihr Geist erstmals auftauchte."
„Mein Geist ist das nicht", ließ Henry angespannt
verlauten.
Celluci zuckte die Achseln. „Wie dem auch sei. Die Leiche
befindet sich wahrscheinlich noch im Leichenschauhaus. Die Polizei konnte sie
noch nicht identifizieren, das hätte sonst in einer der neueren Ausgaben der
Zeitung gestanden."
„Was, wenn das die richtige Leiche sein sollte?" Über
den Tisch hinweg schob Henry Mike die Zeitung wieder zu.
„Dann finden wir heraus, was die Polizei weiß", hob
Celluci an, „und dann ..." Eiskalte Finger schlossen sich wie ein
Schraubstock um sein Handgelenk.
„Mein Fall, Mike. Wollen wir nicht erst mal ein wenig
darüber reden, ehe du ihn für mich löst?"
Celluci wandte sich Vicki nur halb zu und sah ihr auch
nicht direkt in die Augen, da er genau wußte, wie gefährlich das war. „Unser
Fall, Vicki. Ich dachte, wir besprechen ihn, wenn Henry im Leichenschauhaus
ist. Oder soll ich lieber zu Tony ziehen und Urlaub machen, und du sagst mir
einfach Bescheid, wenn du wieder heim willst?"
Vicki runzelte die Stirn und gab Cellucis Arm frei. Sie
wollte keinen der beiden Männer ansehen, ließ ihren Blick statt dessen durch
das Zimmer schweifen und mußte mit einem Mal herzlich lachen. „Ich glaube,
beim Gedanken daran, du könntest diese Drohung wahrmachen, geht Tony gerade der
Arsch auf Grundeis!"
„Auf Grundeis nicht!" protestierte Tony, während die
anderen drei sich umwandten, um ihn anzustarren. „Aber ich wohne bei Freunden,
die nicht viel Platz haben, und es ist ja nicht so, als ob ..." Seine
Stimme wurde leiser und er warf Vicki einen wütenden Blick zu. „Danke!"
„Du kannst nach Hause kommen", erinnerte Henry ihn.
„Mein ursprünglicher Plan scheint ja ... hinfällig."
„Nee." Tony rutschte in seinem Stuhl hin und her.
„Meine Sachen sind jetzt da, und John und Gerry haben extra Platz geschaffen.
Da wäre es unhöflich, einfach abzuhauen."
„Wie du meinst." Henry runzelte nachdenklich die
Stirn, aber ehe er etwas sagen konnte, warf Celluci, der Tony genau beobachtet
hatte, ein: „Es wäre gut, wenn Sie sich im Krankenhaus auch eine Kopie des
Autopsieberichts besorgen könnten."
Die rotgoldenen Brauen hoben sich, aber wenn Henry am
Timing des Einwurfs etwas verdächtig vorkommen mochte, war er offenbar bereit,
dies auf sich beruhen zu lassen. Wenn Tony mit Mike Celluci Geheimnisse haben
wollte, dann ging ihn das nichts an. „Sonst noch etwas?" fragte er trocken
und stand auf.
„Ja. Liefern Sie uns schriftlich eine detaillierte
Beschreibung ihres Geistes — achten Sie besonders auf alles, was ihn von der
Leiche im Leichenschauhaus unterscheidet."
„Was ist mit den anderen? Denen aus dem Schrei?"
„Können Sie sie beschreiben?"
Henry, der nie gern und schon gar nicht unter diesen
Umständen zugab, zu etwas unfähig zu sein, schüttelte den Kopf. „Nein."
„Dann sollten wir sie momentan außer acht lassen und uns
auf die Beschreibung konzentrieren, die Sie uns liefern können."
„Leg' die Beschreibung zum Autopsiebericht", ordnete
Vicki an und erhob sich ebenfalls. „Wenn ihr uns jetzt entschuldigen
würdet..." Ihr Ton machte klar, daß es ihr egal war, ob Henry sie
entschuldigte oder nicht. „Wir versiegeln jetzt meinen Unterschlupf, und du
siehst zu, daß dein Geist Fleisch und Knochen kriegt."
„Vicki."
Sie hielt inne, eine Hand auf der Rückenlehne ihres
Stuhls.
„Wie ich vorhin schon erklärte: Es ist nicht einfach,
einen Glaubenssatz über Bord zu werfen, an den ich mich über 450 Jahre lang
gehalten habe. Selbst wenn ich dessen Wahrheitsgehalt nie überprüft habe, auch
wenn er nicht mehr gelten sollte: Der Glaube daran, daß Vampire nicht in der
Lage sind, miteinander Körperkontakt zu haben, hat zumindest eine lange
Tradition."
Vickis Hand legte sich auf Cellucis Schultern, und sie
drückte, als sie spürte, wie der Freund sich versteifte, beruhigend zu. „Ich
bin nicht gerade eine traditionelle Vampirin, Henry."
Henry lächelte; ein Lächeln, an das Vicki sich gut
entsann. Das Lächeln, das sie vor ihrer Wandlung gekannt
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