Huff, Tanya
aus und setzte die Miene auf, mit deren Hilfe er in der
Vergangenheit noch immer an Informationen gekommen war. „Innerhalb des Systems
gewiß nicht, aber wenn es nun jemandem gelänge, das System zu umgeh..."
„Das geschieht nicht."
„Aber es könnte geschehen."
„Ich denke, Mr. Swanson hat eindeutig erklärt, warum ein
solch schreckliches Vorgehen einfach unmöglich ist."
„Nein, Madam. Er hat nur gesagt, es würde schwierig und
teuer werden, und deswegen möchte ich ihn auch sprechen." Anfangs hatte
Celluci sich versucht gesehen, in den rauheren Gegenden der Stadt nach irgendwelchen
Mafiaaktivitäten Ausschau zu halten. Davon war er abgekommen: Er wollte gern
noch ein Weilchen am Leben bleiben. Wobei nicht die Mafia das Problem war; die
hätte er gewiß überlebt. Dafür würde Vicki ihn umbringen, weil er ein solches
Risiko eingegangen war.
Mit bebenden Nasenflügeln legte die Empfangsdame beide
Handflächen auf den Tresen und beugte sich vor: „Die Transplant Society kann
sich extrem glücklich schätzen, daß ein Mann mit dem Vermögen und der
gesellschaftlichen Stellung Mr. Swansons bereit ist, so viel für uns zu tun.
Aber der Mann ist auch sonst noch extrem beschäftigt, er verbringt seine Tage
nicht hier. Wenn Sie ihn also sprechen wollen, müssen Sie ihn in seinem Büro
anrufen. Sie finden die Nummer des Maklerbüros Swanson sicher in den Gelben
Seiten des Telefonbuchs von Vancouver."
Damit war er entlassen - so eindeutig, als habe die Dame den
Telefonhörer aufgelegt. Celluci bedankte sich dafür, daß sie sich Zeit für ihn
genommen hatte, drehte sich um und verließ das Büro.
Der fünfzehnte Anrufer tut mir wirklich leid, dachte er,
während er auf den Fahrstuhl wartete.
Das Maklerbüro Swanson stand in der Tat in den Gelben Seiten,
und Ronald Swanson und seinem Betrieb schien es wirklich außerordentlich
gutzugehen, wie man aus der Größe der Anzeige im Telefonbuch schließen konnte.
Leider würde man niemanden in einem Betrieb dieser Größenordnung dazu bewegen
können, einen Anruf zum Chef persönlich durchzustellen, es sei denn, der
Anrufer gab sich als Mitglied der Mordkommission zu erkennen. Schade, zu
schade, daß Celluci hier nur auf Urlaub war.
Stirnrunzelnd ließ Celluci das Telefonbuch in die
Plastikhalterung zurückgleiten und verließ die Telefonzelle. Zum ersten Mal
verstand er wirklich, wie Vicki sich gefühlt haben mußte, als ihre nachlassende
Sehkraft sie zwang, den Polizeidienst zu quittieren. Celluci mochte das Gefühl
nicht besonders.
Zum Glück war ein Gespräch mit Ronald Swanson nicht
wirklich notwendig. Celluci hatte den Mann eigentlich nur kennenlernen wollen,
um
sich selbst ein wenig zu beruhigen. Der hatte ja nun
offensichtlich einige Gedanken an die Frage eines professionellen
Organdiebstahlrings verschwendet und war zu dem Ergebnis gekommen, daß sich so
etwas nicht lohnen würde und von daher unwahrscheinlich war. Celluci hätte sich
das gern noch ein wenig ausführlicher erläutern lassen.
Der Detective war nach dem Gespräch mit Patricia Chou um
ein Haar geneigt gewesen, Vickis Theorie, was den Organdiebstahl betraf, Glauben
zu schenken. In diesem Fall wäre Swanson - selbst wenn man Ms. Chous
persönlichen Rachefeldzug erst einmal außer acht ließ - ebenso verdächtig
gewesen wie die namenlosen Gangsterbosse Vancouvers.
Aber eine einzige Leiche, eine einzige Niere; damit ließ
sich doch kein Profit machen.
Also mußten irgendwo noch andere Leichen sein.
Oder es würde bald weitere Leichen geben.
Beiden Möglichkeiten konnte Celluci nicht wirklich etwas
abgewinnen.
Das Zimmer war klein und hatte ein Fenster, das weit oben,
nahe der Decke, angebracht war. Man hatte die Wände bis zu einer Höhe von 1,50
m blaßrosa gestrichen, und auch die Bettdecke war rosa. Das sollte wohl
beruhigend wirken, aber der Teenager mußte bei dieser Farbgebung an Hustensaft
denken, und so gefiel sie ihm überhaupt nicht.
Den Schlafanzug mochte er auch nicht, aber der Fahrer
hatte ihm unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß er duschen und dann in
den Schlafanzug schlüpfen sollte.
Zumindest war der Schweinehund nicht geblieben um
zuzugucken.
Ehe der Junge auch nur die Schuhe aufband, verriegelte er
sorgfältig die Badezimmertür. Dann duschte er, so rasch es ging. Er konnte sich
einer wachsenden Verunsicherung nicht erwehren, und leider war auch der Schlafanzug
nicht dazu angetan, ihm Sicherheit zu vermitteln.
Wenigstens hat er vorne kein Loch, aus dem
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