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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 04 - Blutpakt
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finden! Warum bin ich so
erleichtert, daß wir sie nicht
gefunden haben?
    Dicke, purpurne Einschnitte, mit grobem schwarzen Faden
hastig zu genäht, verunstalteten den nackten Körper eines jungen
orientalischen Mannes mit einem häßlichen Muster in Form
eines Y. Um den schlanken Hals lag ein Band aus purpurnen und
grünen Flecken. Plastikschläuche en deten in beiden Ellbogen
und den Innenseiten der Oberschenkel. An der Stirn, teilweise
von einem ebenholzschwarzen Haarschopf verdeckt, schien ein
weiterer Einschnitt von Heftklammern zusammengehalten zu werden.
    Vicki und Celluci hatten im Laufe der Jahre mehr Leichen
gesehen, als sie sich in Erinnerung rufen mochten. Der
junge Mann, der vor ihnen in der Stahlbox lag, war tot.

„Mike, seine Brust... sie ..."
    „Ich weiß."
    Zwei Schritte trugen Vicki nahe genug an die Box heran,
um über den Rand langen und die Haut über seinem Zwerchfell sanft mit den
Finger spitzen berühren zu können. Die Haut war kalt. Aber die
Brust hob und senkte sich, bewegt von etwas, das unter der Haut vibrierte.
    „Mein Gott... ein Motor." Vicki zog die Hand zurück
und wischte sich die Finger an ihrer Jacke ab. Sie hob den Kopf, gerade als Celluci
ein Kreuz schlug. „Davon hat Dr. Burke
nichts erwähnt."
    „Nein, irgendwie nicht." Celluci wechselte die
Pistole in die rechte Hand und schob sie zurück in sein Schulterhalfter. So,
wie es aussah, würde er sie erst einmal nicht brauchen.
„Irgend etwas sagt mir, daß wir Donald Li nun endlich
gefunden haben."
    Bei diesen Worten öffneten sich die Augen des jungen
Mannes mit ei nem Ruck.
    Selbst wenn Vicki es gewollt hätte, wäre sie unfähig
gewesen, sich von der Stelle zu rühren. Ebensowenig konnte sie
den Blick abwenden, als dunkle Augen nun erst sie, dann Celluci, dann wieder sie ansahen.
    Ein Muskel bewegte sich unter den
purpurnen Flecken am Hals.
    Graublaue Lippen
öffneten sich.
    „Tötet... mich
..."
    „Heilige Maria, Mutter Gottes, er
lebt!"
    Die Augen in der dunklen Kiste glitten langsam wieder
zurück zu Cel luci. „Nein ..."
    „Nein? Was zur
Hölle meinst du mit nein?"
    „Er will damit sagen, daß er nicht lebt,
Mike." Vicki hörte einen lauten Aufschrei in ihrem
Innern, ignorierte ihn jedoch. „Er ist wie meine Mut ter."
Gespreizte Hände, an die Scheibe gepreßt. Der Mund bewegt sich ge räuschlos. „Er ist tot. Aber er ist da drin gefangen."
    „Tötet... mich ...
bitte ..."
    Vicki packte Cellucis Ellbogen, zog den Freund ein paar
Schritte mit sich zurück und sagte, als sie vor sich nicht mehr Donald Li
sahen, sondern ihre eigenen Gesichter, die sich in den hohen Wänden aus
rostfrei em Stahl spiegelten: „Wir müssen etwas tun."
    Celluci starrte weiterhin unverwandt
auf die Kiste.
    „Was tun?"
fragte er mit rauher Stimme.
    Vicki hätte am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht und
wäre davon gelaufen. Es kostete sie all ihre Kraft, das zu
verhindern, und sie war

dankbar dafür, daß Celluci offenbar wie gelähmt war.
Sie hätte es nicht geschafft, auch noch den Freund aufzuhalten. ,Wir müssen
tun, worum er uns gebeten hat. Wir müssen
ihn töten."
    „Wenn er lebt, dann ist es Mord, ihn zu
töten. Und wenn er tot ist..."
    „Er
ist tot, Mike. Er sagt doch selbst, daß er tot ist. Könntest du jetzt einfach
gehen und ihn hier so zurücklassen!"
    Sie
fühlte, wie ein Schauder durch Cellucis ganzen Körper rann, und als er ihr
antwortete, waren seine Worte kaum zu vernehmen.
    „Vicki, das ist zu hoch für uns." Aus diesem Stoff wurden
Alpträume gemacht - nicht aus Werwölfen oder Dämonen oder Mumien oder 450 Jahre alten Verfassern von Liebesromanen - nein,
aus dem, was sie hier vor sich sahen.
Bis jetzt hatte Celluci geglaubt, durch 13 Jahre Polizeiarbeit gegen alles
gewappnet zu sein, zumal die Ereignisse des letzten Jah res seiner Meinung nach die letzten noch
bestehenden Lücken geschlos sen
hatten. Nun sah er, daß er sich geirrt hatte. „Ich kann das nicht..."
    „Wir müssen es
aber."
    „Warum?" Das Entsetzen drohte Celluci zu erdrücken,
und seine Stim me war kaum mehr als ein Flüstern.
    „Weil wir ihn
gefunden haben. Weil wir alles sind, was er noch hat."
    Da draußen ist eine ganze, große Welt!
Überlassen wir das doch anderen! Aber als er sich
umdrehte und Vicki in die Augen sah, vermochte er es nicht auszusprechen. Er sah in die Augen eines Menschen am Rande sei ner Kräfte, eines Menschen, der zu viele und zu
harte Schläge hatte ein stecken müssen, aber an der Art, wie sie ihr
Kinn

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