Huff, Tanya
lediglich höflich interessiert wirkte. „Mein Gott,
Mädchen! Finden Sie das nicht auch er staunlich? Daß das hier
ein Vampir ist? Daß wir einen Vampir haben?"
„Ich schätze
schon."
„Sie schätzen
schon?" Dr. Burke starrte die junge Doktorandin völlig ungläubig
an. „Bei uns bricht ein Vampir ins Labor ein, und Sie schätzen schon, daß das erstaunlich ist?"
Catherine zuckte die Achseln.
„Catherine! Lösen Sie sich mal einen Moment lang von
Ihren Reagenzgläsern und überlegen Sie nur, was das heißt. Bis zu diesem
Augenblick waren Vampire lediglich Wesen aus Mythen und Legenden.
Nun können wir beweisen, daß sie wirklich existieren!"
„Ich dachte, Vampire würden sich auflösen, wenn sie dem
Tageslicht ausgesetzt sind."
„Er war ja nicht am Tageslicht, oder?" Eine
ausladende Geste verwies auf die Wand aus vernagelten Fenstern. „Die
wissenschaftliche Welt steht Kopf, wenn sie das hört."
„Wenn er denn ein Vampir ist. Bis jetzt können wir
nur nachweisen, daß er einer hypereffizienten Blutgruppe
angehört, sein Speichel Gerinnungs mittel aufweist und er scharfe Zähne
hat."
„Und das klingt in Ihren Ohren nicht
eindeutig nach Vampir?"
„Nun, es beweist es nicht. Der Sonnenaufgang mag Anlaß
dafür sein, daß sein Stoffwechsel sich verlangsamt hat,
aber auch das können wir nicht wirklich beweisen." Catherine runzelte die Stirn. „Ich
nehme an, wir könnten ihn an ein offenes
Fenster lehnen und abwarten, was passiert."
„Nein!" Dr. Burke holte tief Luft, lehnte sich
zurück gegen die Box von Nummer acht und gestattete den sanften
Vibrationen der Maschinerie in deren Innerem, ihre angegriffenen Nerven ein wenig zu
beruhigen. „Das hier ist ein Vampir. Das
weiß ich so sicher, wie ich selten in meinem Leben etwas wußte. Sie haben
gesehen, wie er auf mein Blut reagiert hat."
„Das war schon
sehr merkwürdig."
„Merkwürdig? Das war unglaublich!" Dr.
Burke hob mit der linken Hand die Hüfte des Vampirs an - er war
schwerer, als sie gedacht hatte - schob die rechte Hand in die hintere
Hosentasche des Mannes und zog eine dünne
schwarze Lederbrieftasche hervor. „Nun, wollen wir doch mal sehen, wer du bist."
„Würde ein Vampir
Ausweise bei sich tragen?"
„Warum denn nicht? Wir befinden uns im 20.
Jahrhundert. Jeder hat irgendeine Art Ausweis dabei. Hier haben wir
ja schon was: Henry Fitz roy. Na, sie können wohl nicht alle Vladimir
heißen." Die Lippen ge schürzt und mit glänzenden Augen
drehte Dr. Burke eine goldgestanzte Kreditkarte in Händen.
„Verlaß' deine Gruft nie ohne sie, wie Donald
wohl sagen würde. Wo wir gerade
von Donald sprechen ..." Dr. Burke un terbrach
sich und runzelte die Stirn. „Wo steckt der eigentlich?"
„Ja, das ist so
...", Catherine legte die Hand sanft auf die Isolierbox von Nummer
acht. „Er ..."
„Hat heute morgen wieder das verdammte Treffen mit
seinem Tutor? Und ich nehme an, gestern war er längst über
alle Berge, als unser Besu cher hier auftauchte. Pech für ihn,
Sie werden ihn dann nachher auf den neuesten Stand bringen
müssen. Also weiter: Fahrzeugschein, Versicherungskarte, und, aha, ein
Führerschein. Anscheinend stimmt der Mythos, daß man Vampire nicht fotografieren
kann, also auch nicht." „Ich kann nur
nicht glauben, daß wir in Kingston Vampire haben." „Haben wir auch nicht;
er ist aus Toronto." Dr. Burke nahm den Inhalt der Brieftasche und warf
ihn auf einen Stapel Kleider, die über einem nahestehenden Stuhl hingen. „Mit
seinem Auto werden wir etwas unter nehmen müssen ... nein, gar nicht. Er
verschwindet einfach. Eine Ziffer in der ganzen tragischen Statistik. Er lebt
ja schon eine Lüge - wer soll also nach ihm
suchen kommen?" Sie klopfte sanft auf einen blassen Handrücken, und ihre Finger streiften sacht über
ein paar rotgoldene Härchen. „Soviel
Laboratorien hat die Welt, und du kommst ausgerech net in meins!"
„Aber was werden
wir mit ihm tun, Dr. Burke?" „Wir werden ihn erforschen, Catherine, ihn
erforschen." Catherine legte den Kopf
zur Seite und blickte die Wissenschaftlerin aufmerksam an. Das letzte Mal hatte sie die ältere Frau so aufgeregt ge sehen, als Nummer vier den entscheidenden
Durchbruch mit dem neura len Netz
erzielt hatte. Da hatten ihre Augen mit derselben Mischung aus Gier und
Selbstzufriedenheit geglänzt wie jetzt, und Catherine erinnerte sich daran, daß ihr dieser Ausdruck auch damals
schon nicht gefallen hatte. „Dr. Burke, Vampire liegen außerhalb meiner
experimentellen
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