Huff, Tanya
Blut kommen zehn Mil lionen roter Blutkörperchen? Das doppelte der menschlichen Norm?"
Im Weiterlesen zog sie immer stärker
die Brauen zusammen. „Wenn bei den Hämoglobinwerten
die Versuchswerte stimmen ..."
„Das tun
sie."
„Was ist das dann?" Dr. Burke
unterstrich ihre Frage, indem sie Cathe rine den Ausdruck wieder
in die Hand drückte. „Ein Ersatz für unsere Nährlösung?"
„Nein, aber wo Sie es ..." Catherine wirkte
plötzlich sehr abwesend und auf ihren blassen Wangen bildeten sich hektische rote Punkte.
Dr. Burke kannte die Anzeichen, aber sie hatte nicht die
Zeit, den Ge nius in Ruhe abschweifen zu lassen. Sie hatte
eine Besprechung verlegen müssen, um zu Catherine zu eilen und wollte sich
ihren Terminplan nicht noch mehr durcheinanderbringen lassen.
„Denken Sie bitte später dar über nach. Ich warte."
„Ja. Nun ..." Catherine holte tief Luft und fuhr
glättend über die Vor derseite ihres Laborkittels. Sie selbst hatte
noch gar nicht angefangen darüber nachzudenken, welche
Anwendungsmöglichkeiten für ihr Expe riment sich aus dem
Gefundenen ergeben könnten. Aber genau deswegen, dachte
sie bewundernd, ist Dr. Burke auch eine so hervorragende
Wissenschaftlerin! Sie hat das Talent, nach vorn zu denken. „Letzte Nacht
war ein Eindringling in unserem Labor."
„Ein was?!"
Catherine
blinzelte, durch den Ton und die Lautstärke der gestellten Frage überrascht. „Ein Eindringling. Aber machen
Sie sich keine Sorgen, Nummer neun ist gut mit ihm fertig
geworden."
„Nummer
neun ist mit ihm fertig geworden?" Mit einem Mal konnte Dr. Burke förmlich sehen, wie ihr Leben immer
komplizierter wurde. Sie warf einen
angewiderten Blick dorthin, wo Nummer neun und Mar... Nummer zehn reglos an der Wand saßen. „So wie er
... wie es mit diesem Jungen fertig geworden ist?"
„Oh nein! Er hat den Eindringling
eingefangen - ich habe ihm nur ein paar ganz rudimentäre
Befehle erteilen müssen. Es kann kein Zweifel
mehr daran bestehen, daß er
eigenständig denkt, auch wenn ich heute noch
nicht dazu gekommen bin, ein neues EEG anzufertigen."
„Catherine, das ist bestimmt alles ungeheuer spannend,
aber was ist mit dem Eindringling? Was haben Sie mit ihm
gemacht?"
„Ich habe ihn in die Isolierbox von
Nummer neun gesperrt."
„Und da ist er
immer noch?"
„Ja. Anfangs hat er einen Höllenlärm gemacht, sehr
störend, weil ich noch zu arbeiten hatte - wo ich doch die
Arbeit ganz allein machen muß te - aber beim Morgengrauen kam er dann zur Ruhe."
„Kam er zur Ruhe." Dr. Burke massierte sich die
Schläfen, hinter de nen sich ein beginnender Kopfschmerz
bemerkbar machte. Gott sei Dank hatte Catherine noch im Labor herumgehangen,
als der Rest der Welt schon längst zu Bett
gegangen war. Wenn niemand den Eindringling hät te aufhalten können, würden sie jetzt alle höchstwahrscheinlich tief in der Klemme sitzen. Auf der anderen Seite konnte
Dr. Burke die Tatsache, daß ausgerechnet Catherine den Eindringling
aufgehalten hatte, nur mit gemischten
Gefühlen betrachten. Man konnte wahrlich nicht be haupten, daß Catherine einen klaren Begriff davon
hatte, wie die Gesell schaft mit
bestimmten Dingen umging. „Er ist doch nicht gestorben, oder? Sie haben doch nach ihm gesehen?" Und wenn er noch am Leben ist, was zum Teufel sollen wir dann mit ihm machen?
„Natürlich habe ich nach ihm gesehen. Sein Stoffwechsel
arbeitet ex trem langsam, aber er lebt." Catherine
hielt den Ausdruck hoch. „Das ist eine Teilanalyse seines
Blutes."
„Das ist doch völlig unmöglich", fuhr Dr. Burke auf.
Angesichts eines Eindringlings, der gefangen in einer der
Isolierboxen saß, hatte Dr. Burke wenig Sinn für die Wahnvorstellungen ihrer
Doktorandin.
Aber Catherine schüttelte lediglich den
Kopf. „Nein, ist es nicht."
„Solches Blut hat
niemand. Sie müssen einen Fehler gemacht haben."
„Habe ich nicht."
„Dann war die
Probe verunreinigt."
„War sie
nicht."
Da Dr. Burke sich außerstande sah, Catherine
von ihrer ruhigen Überzeugung abzubringen, schnappte sie sich erneut den
Ausdruck der Blutanalyse. Wütend überflog sie die Meßwerte, die sie bereits
kannte, und sah sich dann den Rest genauer an. „Und was
ist das? Das sind doch kei ne Blutwerte?"
„Ich habe einen
Abstrich von der Innenseite der Wange genommen."
„Ihr Eindringling hat Thromboplastine
im Speichel? Das ist doch lä cherlich!"
„Er ist nicht mein Eindringling!" protestierte
Catherine. „Und wenn Sie meinen Testergebnissen nicht
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