Hulamädchen auf Abwegen
würde. Ich gehöre, wie Sie wissen, zu den Leuten, die so ziemlich alles
für möglich halten.«
»Er hat ein Zimmer in einem der
Hotels in der Stadt unten«, antwortete sie. »Es ist nicht allzu teuer und sehr
sauber, genau wie Erik. Wir leben beide von unseren Reserven, so lange, bis
alles vorbei ist. Natürlich werden sie um so weniger,
je länger die Geschichte dauert.«
»Und was ist mit Kayo Choy ?« fragte ich. »Könnte
er Ihnen nicht einen Vorschuß geben, bis Sie das Gold
haben?«
» Kayo ist zwar fix mit neuen Ideen, aber äußerst langsam, wenn es um Geld geht«,
entgegnete sie. »Aber falls es wirklich hart auf hart gehen sollte, würde er
mich sicher nicht verhungern lassen. Vermutlich würde er mich an seine Freunde
verschachern und mir fünfzig Prozent meines Verdienstes überlassen.«
»Die Konferenz um zehn Uhr morgen vormittag ist noch nicht abgesagt?« erkundigte ich
mich.
»Nicht daß ich wüßte. Wir
können direkt von hier aus zusammen hingehen«, erwiderte sie.
»Warum auch nicht? Haben Sie
sich schon überlegt, wer wo schläft?«
»Das Schlafzimmer ist hier.«
Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf eine Tür.
»Und es gibt nur ein
Schlafzimmer?« fragte ich beiläufig.
»Nur eins.«
»Und auch nur ein Bett?«
»Warum gehen Sie nicht hinein
und sehen selbst nach?«
Darüber dachte ich eine geraume
Weile nach. »Vielleicht machen Sie mir hier auf der Couch ein Bett?« schlug ich
hilfreich vor. »Oder finden Sie, es wäre auf dem Boden gemütlicher?«
Virginia hob langsam den Kopf,
und eine verrückte Sekunde lang hatte ich den Eindruck, ich hätte Tränen in ihren
Augen schimmern sehen.
»Bitte, hören Sie auf, Danny!«
sagte sie leise.
»Schon gut«, meinte ich. »Nur
ein kleiner Scherz, die übliche Fünffingerübung — Sie wissen schon.«
»Ich ertrage es einfach nicht
mehr«, stammelte sie. »Es geht über meine Kräfte.«
»Nun, das würde ich nicht
gleich sagen«, tröstete ich sie.
Sie schüttelte verzweifelt den
Kopf. »Es fing alles so großartig an. Ich kam mir wahnsinnig clever vor, alles
allein einzufädeln. Nach zwei Jahren, die die reinste Hölle waren, würde ich
mich mit einem einzigen Streich von Emerson Reid trennen. Mit einem einzigen
großen Coup würde ich genügend Geld gewinnen, um mein ganzes weiteres Leben
damit auszukommen. Und das, indem ich Emerson mit seinen eigenen Waffen schlug.
Ich wußte, daß ich Larsen dazu bewegen konnte mitzumachen. Er konnte Emerson
sowieso nicht ausstehen, schon seit dem ersten Tag, als er auf die Jacht kam.«
»War es wirklich so schwer, mit
Reid auszukommen?« fragte ich.
»Oh«, seufzte sie, »Sie haben
ja keine Ahnung! Mit ihm zusammen zu leben, das ist soviel wie ein permanenter Alptraum! Wenn er nicht gerade wutschnaubend durch die
Gegend rennt, winselt er wie ein geprügelter Hund. Er ist der falscheste
Mensch, der mir in meinem ganzen Leben über den Weg gelaufen ist. Außerdem habe
ich zum Teil miterlebt, was er gemacht hat!« Sie schauderte. »Wenn ich nur die
Alternative gehabt hätte, mit ihm weiterzuleben oder mich umzubringen, hätte
ich keine Sekunde gezögert, mir die Kehle durchzuschneiden.«
»Kein Mensch ist so schlecht«,
erwiderte ich. »Sie sind lediglich übernervös, meine Liebe.«
Virginia sah mich beinahe
mitleidig an. »Sie wissen immer noch nicht, was für ein Mensch er ist, nicht
wahr? Sie denken, er sei bloß einer jener Typen, die eben etwas schlechter gelaunt
sind als andere — die zwar fauchen und winseln, aber sonst gutartig sind und
kuschen, wenn ein Stärkerer kommt. Aber so sonnig ist er leider nicht, Danny!«
»Lassen wir diese Vergleiche«,
meinte ich versöhnlich. »Ich nehme Ihnen ohne weiteres ab, daß Reid seine
miesen Seiten hat; aber an dieses Monster, das Sie beschrieben haben, möchte
ich nicht glauben. Das ist bestimmt...«
»...furchtbar übertrieben,
wollten Sie doch sagen«, unterbrach sie mich aufgebracht. »Wissen Sie, wie er
zu seinem Geld gekommen ist?«
»Nein. Hat er Spirituosen
gepanscht?«
»Nein«, erwiderte sie kalt. »Er
handelte mit Rauschgift, mit einem Partner zusammen. Der Partner hatte eine
Jacht, Emerson die Beziehungen. Den Partner schickte er in die Südsee, ließ ihn
das Zeug holen und nach New York bringen. Dieser Partner trug sämtliche
Risiken. Irgendwann kam die Zeit, wo die Behörden mißtrauisch wurden, wo ihnen
die vielen unbegründeten Reisen auffielen. Das kam Emerson natürlich zu Ohren.
Er gab ihnen einen Tip , wo sie seinen
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