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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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»So, dann sag ich mal: Auf eine tolle Reise mit euch, ne. Ich glaub und was ich bisher gesehen hab, ne: ihr seid ein Super-Gruppe!«
    Fassungslos hob ich mein Weinglas und stieß mit allen an, deren Gläser ich erreichen konnte. Irgendwie kam ich nur an das von Sina. Dann wurden unter lauten »Ooohs« und »Aaahs« die marinierten Hähnchenfiletstückchen gebracht. Als die schwarze Klicklaut-Bedienung meinen Teller brachte, zog ich sie zu mir, ich konnte nicht anders.
    »I am really sorry!«, flüsterte ich.
    »For what?«, fragte sie irritiert, und ich bemühte mich zu erklären.
    »For ... äh ... everybody laughed about your kinick k!nack language.«
    Die Klicklaut-Bedienung lachte, klopfte mir auf die Schulter und antwortete in akzentfreiem Deutsch: »Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Das geht jeden Abend so, wir sind's echt gewöhnt, 'n Guten!«
    Sprach's und zischte ab, um weitere Vorspeisen zu holen. Ich bemerkte, dass der Thüringer Wassertrinker mich verwundert anschaute. Und ich hörte, wie die Gruberin ihren Mann Pepi fragte, was ich da auf Englisch gesagt hatte. Pepi antwortete ebenso verschnupft wie wienerisch: »Entschuldigt hat er sich für uns!«
    »Des glab i aber jetzt net! Hast des a ghört, Kevin?«
    »No!«, nickte dieser. Nicht ohne Abscheu blickte die Gruberin zu mir rüber, in ihren Augen funkelte es gefährlich. In diesem Augenblick wusste ich, dass ich am nächsten Morgen keinen Reiseadapter bekommen würde.
     

8
    Ich tat kein Auge zu in meiner ersten afrikanischen Nacht. Stundenlang kreisten meine Gedanken um unsere Wohnung, Immovest und die Sparkasse Euskirchen. Einzig und allein das quietschende Bett unserer Lodgenachbarn vermochte mich für ein Weile abzulenken, denn ich konnte nicht anders als mir vorstellen, wie sich der ölige Breitling mit Kippe im Mund an »Schulmädchen« Brenda zu schaffen machte. Als es das dritte Mal losging, knipste ich das Licht an und setzte mich aufrecht ins Bett.
    »Mein Gott«, stöhnte ich, »das gibt's doch nicht!«
    Wie es der Vorführeffekt so wollte, vielleicht aber auch wegen dünner Wände, war es still ab diesem Augenblick: Das Quietschen stoppte ebenso wie das Knarzen des Bettrahmens. Verschlafen blickte Sina mich mit einem Auge an, wie immer wenn ich sie nachts weckte, ging sie zuerst in den Aufmerksamkeits-Sparmodus.
    »Was ist denn?«
    »Wie? Was ist? Kriegst du gar nichts mit?«, sagte ich patzig.
    Nun öffnete Sina unschuldig auch das andere Auge.
    »Ich hab ja geschlafen!«, verteidigte sie sich.
    »Du schläfst, du sonnst dich, du liest! Denkst du eine Sekunde auch mal an mich?«
    Sina schaute mich an, als könne sie meinen Gedankengang nicht wirklich nachvollziehen. »Willst du mir vielleicht noch irgendwas sagen?«, zickte sie.
    »Ja«, begann ich und schaltete das Licht wieder aus, »Mallorca wäre besser gewesen!« Ich drehte mich um, und als ich nach ein paar Minuten fast eingeschlafen war, da klingelte Sinas Reisewecker.
    Eine Stunde später saß ich mit kurzer Hose und T-Shirt auf einem harten Metallsitz eines offenen gelben Jeeps und rechnete mir aus, wann genau mein Kältetod eintreten würde. Ausgerechnet die Gruberin hatte mir mit falschem Lächeln den schlechtesten Sitzplatz angedreht: ganz vorne beim Fahrer. Nun bretterten wir in Eiseskälte mit gut und gerne 50 km/h auf einer staubigen roten Piste in die Wüste hinaus, wo wir laut Bahee ein bikkie rumlatschen wollten und kucken, welche Tiere so herumgehupft waren in die Nacht. Das hätte ich ihm schon am Frühstückstisch sagen können: Ein Grauschmierbär und ein Wetterhuhn sind rumgehupft, und zwar in Bungalow 21.
    Der messerscharfe Fahrtwind schoss mühelos durch die Poren meines dünnen T-Shirts; ich kam mir vor wie ein frisch geschorenes Schaf im Frosta-Windkanal. Speckhut schien passender angezogen, er riss schon den ersten schlechten Witz des Tages.
    »Seht's amal, da drüben, gleich drei Strauße! Ja hat's da an Fleurop um die Ecken?«
    Hörte dieser Idiot denn nie auf mit seinem halbseidenen Wortgeklapper? Oder musste er die Dinger einfach rauströten, weil eine geheime österreichische Witzfabrik in ihm steckte mit straßenbreiten Gagfließbändern, die nie stillstehen durften, und einem Pointenlager, das so klein war, dass mindestens zehn Scherze pro Minute die Fabrik verlassen mussten? Das Lachen meiner Gruppe vernahm ich nur noch dumpf, wie durch einen Fadenvorhang aus Eis. Im Zeitlupentempo knirschte ich meinen Kopf in Richtung des schwarzen Fahrers rechts

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