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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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zum Bus ging und der Holzgiraffe auf dem Dach einen Schlag verpasste, den sie so schnell nicht vergessen würde.
    »Are you okay, Sir?«
    Ein Dienstmädchen hatte mich gesehen und stand mit einem Packen Handtücher misstrauisch am Eingang.
    »Yes!«, rief ich, kletterte herunter und brachte den Busschlüssel zurück zu Bahee. Der telefonierte noch immer. Ein gutes Zeichen war das, denn wenn er telefonierte, dann würde auch ich telefonieren können, und da es erst kurz nach vier war, beschloss ich einfach zu warten.
    Eine halbe Ewigkeit saß ich auf der Treppe, und Bahee wollte gar nicht mehr aufhören zu plaudern, zu lachen und zu glucksen. Auch wenn er auf Herero sprach, so glaubte ich doch zu erraten, dass eine ziemlich hübsche Frau seine Gesprächspartnerin war und kein Kumpel. Irgendwann schien ein Satz sich zu wiederholen, der sich so anhörte wie >meggu seri< oder >mekku zer<. Dann ging die Tür auf, Bahee hatte offensichtlich längst bemerkt, dass ich noch draußen wartete. »Lass mich raten«, schmunzelte ich, »>Meggu seri< heißt so was wie >Ich vermiss dich<, oder?«
    »Nee, >meku zeri< heißt >Prepaid-Karte leer    Mein Gesicht schockgefror zu purem Alaskaeis, und auch die Atmung wurde eingestellt: Ich war im Blitzgemüsemodus.
    »Du verarschst mich!«, presste ich heraus.
    »Richtig. Ich verarsch dich, weil du hast bikkie gelauscht, ne. Ich hab reguläre Karte, kein Prepaid!«
    Mit diesen Worten reichte mir Bahee sein Handy. Mein Gesicht taute auf, und ebenso stumm wie dankbar nahm ich das Gerät entgegen, als wäre es ein Barren aus reinstem Gold.
     

17
    Als ich aufgeregt wie ein Dalmatinerwelpe zurück in den Bungalow strauchelte und meinen kompletten Rucksack nach meiner Jeans mit den Telefonnummern durchwühlte, stellte Sina sich neben mich und verschränkte die Arme.
    »Was machst du da?«, fragte sie mit gefährlich ruhiger Stimme.
    »Ich brauch da doch das Dings!«, keuchte ich ihr entgegen, rupfte die Hose mit den Zetteln aus dem Rucksack und taumelte mit einem »Bin gleich entspannt!« aus dem Zimmer.
    Rasant übersprang ich die drei Stufen der Holzveranda, flitzte um unser Häuschen herum und spurtete auf den Berg zu, der sich wie ein Steinhaufen unmittelbar hinter unseren Häusern auf geschätzte zweihundert Meter erhob. Durch vertrocknete Sträucher und jede Menge Geröll kämpfte ich mich so weit nach oben, dass ich mich sicher wähnte, erst dann tippte ich die Nummer von Immovest in Bahees zerkratztes Nokia. Immerhin: es funktionierte, denn noch während ich nach Luft rang, vernahm ich das Zischen der Immobilienschlange so klar und deutlich, als hinge sie um meinen Hals.
    »Immovest, Metzger?«
    Trotz Atemnot zog ich es vor, gleich auf den Punkt zu kommen. »Warum ... ist denn die Wohnung noch im Netz, wenn Sie sagen ..., dass Sie sie zurückhalten?«
    Es dauerte eine Weile, bis ich eine Antwort bekam. »Ich halte sie ja zurück, Herr Klein. Aber sicher verstehen Sie auch, dass ich Vorsorge treffen muss für den Fall, dass Sie dann doch noch abspringen.«
    »Warum sollte ich denn abspringen? Wir haben doch fast schon alles eingerichtet, im Kopf Umzugskartons bestellt ...«
    »Das hatten andere Interessenten vor Ihnen auch schon, und dann hat sich alles verändert im Urlaub, da ist die Finanzierung geplatzt, oder der Job war weg. Wenn Sie die Wohnung unbedingt wollen, dann verstehe ich nicht ganz, warum Sie die Reservierungsgebühr nicht überweisen.«
    Ich hob meinen Blick und hätte beinahe darüber gelacht, dass ich ein solch ärgerliches Gespräch vor einer solchen Kulisse führte. Für den Hauch einer Sekunde verwandelte sich die Reservierungsgebühr in ein ameisenhaftes Nichts, für einen winzigen Augenblick verpuffte meine Aufregung in der afrikanischen Unendlichkeit. Noch nie zuvor hatte ich so viel Land auf einmal gesehen. Die Berge, die Sträucher, ja selbst die Lodge-Häuschen - sie lagen vor mir wie gestreut mit einer riesigen Berg-Strauch-Lodge-Mühle.
    »Sind Sie noch dran, Herr Klein?«
    »Ah ... ja! Frau Metzger! Wissen Sie, wie lange ich dafür gekämpft habe, dass ich überhaupt mit Ihnen sprechen kann?« »Das weiß ich nicht, nein.«
    Auf der freien Fläche zwischen den Lodgeunterkünften versammelte man sich inzwischen zum Sundowner. Fast zeitgleich kamen sie aus ihren Häusern gekrochen, so als hätte jemand eine Schulglocke geläutet, und alle waren eingepackt in dicke bunte Jacken. Ich hoffte sehr, dass sie die Nerven behalten und nicht nach mir suchen

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