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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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der Reiher reihert?« »Wie bitte?«
    »Sehen Sie. Ich hab nämlich auch keine Zeit für dämliche Fragen. Also. Meine Kontonummer ist die 3 502 110 378.«
    Ich blickte auf die Anzeige für die verbleibende Sprechzeit. Das namibische Netz saugte ganz ordentlich an meinem ohnehin schon schwachen Akku: 2 % Batterie blieben mir noch, wie viele Minuten auch immer das sein mochten.
    »Sind Sie denn freigeschaltet zum Telefon-Banking?«
    »Hat das Gnu ein Licht?«
    »Herr Klein!«
    »So. Jetzt passen Sie mal auf. Seit der Kommunion bin ich Kunde der Sparkasse Euskirchen. Mein Berater ist der Herr Pfingst, der backt gerne Waffeln, und heute hab ich mich vertippt bei einer Überweisung, und deswegen muss ich noch mal was überweisen, und zwar genau 4995 Euro an Immovest in Köln, weil sonst nämlich nicht nur unsere Wohnung weg ist, sondern auch meine Freundin, und deswegen ist es mir auch scheißegal, ob ich zum Telefon-Banking freigeschaltet bin oder nicht. Ich möchte nur, dass Sie einen Auftrag für mich ausführen.«
    Da war sie wieder, die rheinisch-namibische Stille.
    »Wenn Sie wollen, schicke ich Ihnen gleich morgen Unterlagen zu, dann können Sie sich zum Online-Banking anmelden.«
    »Ich will keine Unterlagen, ich möchte eine Überweisung tätigen, und jetzt kommt der Knaller: ich möchte sie SOFORT tätigen!«
    »Das mag ja sein, aber Sie sind halt einfach nicht freigeschaltet, um telefonisch zu überweisen.« »Das ist mir egal!«, schnaubte ich.
    »Herr Klein, das dient doch auch Ihrer Sicherheit. Woher soll ich denn wissen, dass Sie wirklich Herr Klein sind und ein Kunde von uns und nicht irgendjemand anders?«
    »Zum Beispiel, weil ich jede einzelne Frage zu meiner Person und zur Sparkasse Euskirchen beantworten kann!«
    »Mein Gott, sind Sie hartnäckig. Also gut. Geburtsdatum?«
    »17.06.72!«
    »Ihr Bankberater heißt?«
    »Herr Pfingstl Bernhard Pfingst.«
    »Sie haben Glück, den kenne ich vom Sparkassenfest, weil er da auftritt als ...« »Wolfgang Petry!«
    »Okay. Ich sehe schon. Trotzdem. An wen gingen letzte Woche € 169,98 von Ihrem Gi... -«
    »Das ... waren meine Wanderschuhe! Die gingen an ... Sekunde ... Globetrotter!«
    »Wie viele Daueraufträge haben Sie eingerichtet?«
    »Zwei!«
    »Und ... wie lange hat unsere Tiefgarage geöffnet?« »Es gibt gar keine Tiefgarage!«
    »Sehr gut. Über die Tiefgarage stolpern die meisten. Also ... wie hoch war die Summe, die Sie überweisen wollten und an wen soll -«
    Knack. Das war's. Von einer Sekunde auf die andere war mein Handybildschirm schwärzer als Bahee Mutima aus Otjosongombe. Akku leer, Affe tot, Wohnung weg, Freundin auch.
    Von drüben hörte ich unsere Gruppe lachen, und fast schien es, als lachten sie über mich. Vorsichtig steckte ich mein Handy zurück in den Rucksack, dann stand ich auf und rannte aus dem Camp.
    Ich wollte nur noch weg. Weg von Speckhuts Tagesgedichten, weg von krosser Kudu-Lasagne, weg von oberflächlichem Motorhummel-Gequatsche. Ich hupfte durchs hüfthohe Gras wie ein Springbock, erklomm Düne um Düne und stolperte über Geröll. Von Busch zu Busch hastete ich, und als ich die Stimmen fast nicht mehr hören konnte, ließ ich mich in den kalten Sand fallen und starrte hinauf in den Sternenhimmel. Was war das für ein Gott, der sich so was ausdachte? Gab es überhaupt einen, oder war ich einfach nur nicht freigeschaltet für Gott?
    »WAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRUUUUUMMMM?????«, schrie ich und: »VERDAAAMMMMTE SCHEISSE!«
    Ich schrie vermutlich etwas zu laut, denn nur wenig später blendete mich der grelle Schein von Bahees Taschenlampe.
    »Was mach du denn hier draußen, Mensch? Du kannst doch nicht einfach so hier mal eine Kilometer in die Wüste rauslatschen nachts! Und hast du hier mal ne Ahnung, wie sauer deine Freundin ist?«
    Ich schüttelte den Kopf und richtete mich auf. Natürlich hatte ich keine Ahnung, wie sauer meine Freundin war. Dafür hatte sie ja auch keine Ahnung, dass wir keine Wohnung mehr hatten.
     

22
    Wie sauer genau Sina war, erfuhr ich, als ich von Bahee zu unseren Feldbetten gebracht wurde. Sie hatte sich bereits tief in ihren Schlafsack eingegraben und beobachtete unsere Rückkehr stumm durch ein straußeneigroßes Guckloch. Im schwachen Licht der Öllampe suchte ich Sinas Augen. Ich fand sie nicht. Es war noch kälter geworden, der Wind fegte noch eisiger über uns hinweg als zuvor.
    »Was bitte war das denn jetzt wieder?«, fragte Sina schwach. Ich schwieg. Was hätte ich sagen sollen? Für

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