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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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fassungslos auf Bahee. »Das is ja dann voll die Touri-Verarsche!« »Geh, jetzt leckts mi am Orsch!«
    Eine Papierkugel flog, dann verließ der Beerdigungsredner die Zeremonie.
    »Ach nee, Pepü«, stöhnte Bahee, »jetzt bleib mal da hier!«, da hatten sich Trixi, Brenda und Sina schon angeschlossen: »So eine Verarsche, also echt!«
    Nun stand nur noch ein verunsicherter Rest der Swakopmunder Separatisten am Grab. Seufzend zog Breitling einen Flachmann aus seiner Windjacke und hielt ihn mir hin.
    »'n Schnaps vielleicht?«, fragte er vorsichtig.
    Ich zeigte ihm den Vogel. »Mensch Max, wir haben noch nicht mal sieben Uhr!«
    »Ja, aber ... is doch Urlaub.«
    Ohne zu trinken, steckte Breitling den Flachmann wieder ein. Der Gesprächsbedarf am Grab von Carlos schien ohnehin erschöpft. Stumm verteilten wir mit bloßen Händen Erde und Steine über Carlos' Schuhkarton, und schließlich ritzte Bahee >Carlos< in einen flachen Stein, den er sorgsam in die Erde steckte.
    »Sag mal, stimmt das echt, dass die Erdmännchen hier alle Nase lang ausgetauscht werden und alle Carlos heißen?«, fragte ich Bahee.
    »Nee«, antwortete er trocken. »Erdmännchen werden sechs. Und das war die einzige Carlos. So wie der war keiner und wird auch nicht mehr. Aber wenigstens - jetzt die Trixi ist wütend und nicht mehr traurig.«
    Hastig erhob sich Bahee aus der Hocke, und ohne uns noch einmal anzuschauen, ging er schnellen Schrittes in Richtung Lodge. Verwirrt blickten wir ihm nach.
    »Respekt!«, sagte Breitling und nahm einen Schluck Schnaps. »Respekt.«
     

37
    Rein statistisch konnte es durchaus sein, dass Sina mich betrogen hatte. Millionen von Männern werden im Urlaub betrogen, warum sollte ich mit meinen stümperhaft rasierten Beinen und der Gurkenrolle am Bauch eine Ausnahme sein?
    Warum glaubte ich, dass es mich nicht erwischen konnte nach sieben Jahren Beziehung, tagelangem Streit und bei einem Nebenbuhler, der aussah wie frisch aus der Nassrasierer-Werbung? Je länger ich drüber nachdachte, desto sicherer war ich mir, dass ich betrogen worden war. Was für einen Grund gab es denn sonst für Sina, jeden Blickkontakt und jedes Gespräch zu meiden? Warum saß sie in Reihe zwei mit Brenda und Trixi und nicht bei mir? Und warum saß Schnabel hinten? Ich stutzte. Eben. Schnabel saß hinten neben dem knarzigen Seppelpeter und somit auch nicht neben Sina. Und die letzte Reihe war seit Anbeginn der Reise nachweislich für Loser bestimmt. Also doch nicht?
    »Mensch, das ist ja ne Stimmung hier wie nach ner Beerdigung!«, nölte Breitling neben mir und begann in seinem Rucksack zu wühlen. »Na also!« Freudig zog er eine Selbstgebrannte CD raus. »Chef?«, rief er laut nach vorne, »bisschen Mucke mal?«
    »Wenn die anderen nich stört.« Bahee sah fragend in den Rückspiegel. Es störte nur deswegen niemanden, weil keiner wusste, was kommen würde. Nun war es zu spät: Bahee drückte Play, und augenblicklich wurde unser Bus mit einem nicht gerade komplex angelegten Schlagerintro geflutet.
    Moment mal, dachte ich noch, das kennst du doch, da legte Wolle Petry auch schon los.
     
    »Von dir keine Spur, die Wohnung ist leer
    und mein Herz wie Blei so schwer
    ich geh kaputt, denn du bist wieder bei ihm
    ich weiß nur eins, jetzt ist Schluss
    und dass ich um dich kämpfen muss
    wo bist du, sag mir, wo bist du?«
     
    Rechts neben mir wippte Breitling bereits im Takt der Musik und machte sich allen Ernstes bereit, den Refrain in seine leere Wasserflasche zu singen. Hilfesuchend blickte ich mich im Bus um, doch keiner schien in Schwierigkeiten geraten zu wollen oder irgendwie in Verbindung mit diesem schrecklichen Verbrechen. Breitling blickte mich schlagergesichtig an und sang zusammen mit Petry: »Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle?«
    »Hölle! Hölle! Hölle! Hölle!«, donnerte es aus heiterem Himmel von der Rückbank. Schnabel? Seit wann kriegte der denn den Mund auf? Ich wollte gerade einen Giftblick nach hinten schießen, da drehte Breitling mir den Kopf zurück und dröhnte mir mit kaltem Marlboro-Schnaps-Atem schwülstig ins Gesicht:
    »Eiskalt lässt du meine Seele erfriern,
    das ist Wahnsinn, du spielst mit meinen Gefühlen ...«
    »Fühlen, Fühlen, Fühlen, Fühlen!«, skandierte der Triathlet höhnisch hinter mir, und Breitling sang verbunden mit einem Breitling'schen Knöcheldreher in meiner Schulter:
    »... und mein Stolz liegt längst schon auf dem Müll,
    doch noch weiß ich, was ich will — ich will

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