Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
stieß, die sich still und behaglich sonnten, schrie er mit gräßlicher Stimme: «Ha, ha, ihr niederträchtigen Yankees, finde ich euch endlich!» und damit spaltete er die unglücklichen Gewächse unbarmherzig bis zum Nabel. Hatte er sein Müthchen auf solche Art gekühlt, so kehrte er beruhigt und zufrieden über seinen ritterlichen Geist zu seiner Garnison zurück.
Ein zweiter Gegenstand seines militärischen Ehrgeizes war eine gute Disciplin, bekanntlich die Seele aller kriegerischen Unternehmungen. Er erzwang sie mit tyrannischer Strenge, ließ die ganze Mannschaft stark auswärts gehen und den Kopf so hoch als möglich halten, auch schrieb er genau die Breite der Hemdkrausen vor, welches aber nur für die galt, welche ein Hemd auf dem Leibe hatten.
Eines Tages stieß er zufällig in der Bibel auf die tragische Geschichte von Absalons Erhängung, und in einer schwarzen Stunde erging der Befehl, daß Officiere und Mannschaft fürder in kurzem Haar erscheinen sollten. Nun geschah es aber, daß sich in der Garnison ein kühner Veteran, Namens Kildermeester, befand, der in seinem langen Leben sich ein schönes Haar gezogen hatte, womit er einem wohlbewachsenen Neufundländer Hund nicht unähnlich sah, welches er in einen unmenschlichen Schweif versteckte, der so strack war wie der Stiel einer Bratpfanne, und das Haar überm Scheitel so arg zusammenzog, daß ihm Mund und Augen in der Regel offen, und die Augenbraunen fast dastanden, wo bei andern Menschen der Wirbel ist. Es war vorauszusehen, daß der Besitzer eines solchen Kleinods sich den Befehl der Schur unter keiner Bedingung würde gefallen lassen. Als er davon hörte, machte er seinem Grimm mit einem Strom von altsoldatischen Flüchen Luft. – Dunder und Blixurn feuerte er allen auf den Kopf, die es wagen würden, seinen Zopf anzugreifen, den er jetzt steifer als jemals, dem Schwanz eines Krokodils nicht unähnlich, zur Schau trug.
Jetzt wurde die Aalhaut des alten Kildermeester ein höchstwichtiger Gegenstand der Disciplin, welche mit ihrem Verschwinden oder Bleiben stehen oder fallen mußte: der ganzen Provinz, ja der Würde Ihrer Hochmögenden selber war ins Gesicht geschlagen, wenn er sich nicht unterwarf; mehr aber als Alle war der große General von Poffenburg compromittirt, und seiner Ehre mußte der Zopf zum Opfer fallen. So beschloß er denn, daß der alte Kildermeester im Angesichte der ganzen Garnison feierlich geschoren werden sollte. Der trotzige Veteran widersetzte sich. Der General ward zornig, wie es sich für einen großen Mann schickt, und stellte ihn vor ein Kriegsgericht, das ihn der Meuterei und böslichen Verlassung seiner Fahne schuldig erkannte und mit der Anerkennung der Infamie schloß, daß er es wage, einen ordonanzwidrigen, drei Fuß langen Zopf von Aalhaut, seinem General zum Trotz, den Rücken herabhängen zu lassen. Die Verhöre und die Gerüchte über das Schicksal des Zopfes und seines Besitzers setzten das Land in eine fieberhafte Bewegung. Ohne Zweifel wäre der ungehorsame Veteran, nach der, einem General in fernen Landen zustehenden Macht, geköpft worden, hätte ihn nicht glücklicherweise in Folge seiner Entrüstung ein heftiges Fieber befallen, vermöge dessen er allen irdischen Befehlen mit seinem Haarschmuck desertirte. Seine Hartnäckigkeit behielt er bis zum letzten Athemzuge, wo er befahl, daß man ihn mit der Aalhaut am Kopf zu Grabe tragen und den Zopf, so lang er wäre, durch ein Loch aus dem Sarg schauen lassen solle.
Dieser großartige Kampf machte dem General einen bedeutenden Namen als Disciplinator; aber leider untergrub er die Ruhe seines Lebens. Es wird nämlich erzählt, daß ihn böse Träume und fürchterliche Gesichte Nachts geängstigt und das grausige Gespenst des alten Kildermeester an seinem Bette Wache gestanden, steif wie eine Pumpe, und der Zopf herabhängend wie der Pumpenschwengel.
Sechstes Buch.
Enthaltend den zweiten Theil der Regierung Peters des Starrköpfigen, sammt den ritterlichen Thaten am Delaware.
Erstes Kapitel
Mit dem kriegerischen Portrait des großen Peters und mit Erzählung der wichtigen Dienste des Generals Van Poffenburg beim Fort Casimir.
Bis hierher, edler und liebenswürdiger Leser, habe ich dir die Verwaltung des ritterlichen Stuyvesant gezeigt, wie sie sich unter dem milden Mondschein des Friedens oder vielmehr unter der unheimlichen Ruhe ängstlicher Erwartungen gestaltete; nun aber dröhnt der Kriegsdromete Schall, und in der Ferne wirbeln Trommeln drein;
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