Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
ist gewiß, daß der General die Unbescholtenheit seines Charakters mit den heftigsten Schwüren und Protestationen rechtfertigte und jeden aus den Schranken der Ehre hinauswarf, der daran zweifelte. Wie er nach Neu-Amsterdam zurückkehrte, paradirte er die Straßen auf und ab mit einem Haufen von argen Fluchern, seinen Zechkameraden, die er tränkte und fett machte, und die bereit waren, ihn durch alle Gerichtshöfe durchzupolstern, Helden von seiner eignen Beschaffenheit, mit steifgewichsten Schnurbärten, breitschulterige Eisenfresser und Mordkerls, die aussahen, als könnten sie einen Ochsen mit Haut und Haaren verschlingen und die Hörner nur so abknaupeln. Diese Leibgardisten schimpften allen auf ihn gehäuften Schimpf durch, fochten alle seine Schlachten aus und sahen alle, die die Nase nach dem General drehten, mit einer Miene an, als wollten sie sie fressen. Ihre Rede war mit Flüchen gespickt wie mit Knallerbsen oder Sackpuffern, und zu jeder Rodomontade gab es eine donnernde Ausrufung, wie bei patriotischen Toasts das Geschütz gelöst wird.
Alle diese heldenhaften Ergießungen machten einen großen Eindruck auf gewisse weise Leute, die nun nicht mehr an der Rechtschaffenheit des Generals zu zweifeln wagten, besonders weil er sie immer auf Soldaten-Ehre versicherte. Ja einige Rathsmitglieder gingen so weit, daß sie den Vorschlag thaten, man solle seinen Heldenleib durch eine unvergängliche Statue von Pariser Gyps verewigen.
Aber der wachsame Peter der Starrköpfige ließ sich nicht verblüffen. Er beschied den General-Feldmarschall
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vor sich und ließ sich seine Geschichte mit allen Eiden und Betheuerungen haarklein wiederholen, dann aber sagte er – «Höre, Kamerad, nach deinen eignen Reden bist du der bravste, edelste und würdigste Mann in der ganzen Provinz, aber du hast leider das Unglück, einen verteufelt schlechten Namen und Ruf zu genießen. Nun ist es zwar hart, einen Mann für unglückliche Ereignisse zu züchtigen, und ob es auch sehr möglich ist, daß du völlig frei an jenen, dir zur Last gelegten Verbrechen bist, so läßt doch der Himmel, gewiß aus weiser Absicht, deine Unschuld nicht an den Tag kommen, und ferne sey es von mir, mich gegen seine hohen Rathschlüsse aufzulehnen. Außerdem darf ich nicht wagen, meine Armeen einem Befehlshaber anzuvertrauen, den sie verachten, und mein Volk einem Helden preiszugeben, dem sie mißtrauen. Ziehe dich daher, mein Freund, zurück von den Mühseligkeiten und Sorgen des öffentlichen Lebens, mit dem tröstenden Gedanken – wenn du schuldig bist, daß du nur gerechten Lohn erhältst – wenn unschuldig, daß du nicht der erste große und brave Mann bist, der in dieser argen Welt mißhandelt und mit Füßen getreten worden ist, ohne Zweifel aber in einer besseren Welt dafür belohnt wird. Unterdessen aber komme mir nicht wieder vor die Augen, denn ich habe eine schreckliche Aversion vor Gesichtern unglücklicher großer Männer wie du.
Viertes Kapitel.
Wie der edle Ritter die Seinen zur Abfahrt versammelte, von den Bürgern Abschied nahm und rüstig zum Fort Casimir gelangte – wie dort der Schwede Schamade schlug und ehrenvollen Abzug erhielt.
Jetzt mahnten die Trompetenstöße Antons Van Corlear zum Aufbruch; die Zelte bewegten sich, die Fahnen flatterten stolz in den Lüften, die Trommeln wirbelten, die Matrosen kletterten wie Katzen im Takelwerk und rüsteten die großen Seekübel, worin die Armee aufgenommen werden sollte, zur Abfahrt nach dem Delaware.
Die ganze Bevölkerung der Hauptstadt, Männer, Weiber und Kinder, blickten heraus, um die Krieger zu sehen, wie sie vor der Abreise durch die Straßen zogen. Manches Schnupftuch wehte aus dem Fenster, manche schöne Nase stimmte klägliche Töne der Angst und Trauer an. Der Schmerz der schönen Damen und Fräuleins von Granada konnte nicht lauter seyn bei der Verbannung des ritterlichen Geschlechts der Abencerragen, als der gegenwärtige Jammer der Schönen von Neu-Amsterdam. Jedes liebekranke Mädchen stopfte dem Geliebten Pfefferkuchen und Teignüsse in die Taschen; wie mancher kupferne Ring wurde ausgetauscht, wie manches krumme Sechskreuzerstück zerbrochen, als Pfänder ewiger Liebe und Treue – noch existiren einige Liebesverse für diese Gelegenheit, die kein Mensch enträthseln kann und über deren Entzifferung alle Weise der Erde zu Narren werden könnten.
Rührend war es anzusehen, wie die schmucken Dirnen an dem herzhaften Anton Van Corlear hingen – denn er war
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