Hundediebe kennen keine Gnade
Übersetzerin für einen
Verlag, der wissenschaftliche Bücher herausgab. Der Verdienst reichte zum
Leben, hatte aber noch nicht zu einem dritten Sessel gereicht. An den Wänden
hingen selbstgemalte Aquarelle (Wasserfarbenbild).
Klößchen beäugte sie wortlos. Zur
Bewunderung konnte er sich nicht aufschwingen. Die Farben, dachte er, laufen zu
sehr ineinander. Wie schön sind doch die klaren Formen — wie bei einer Tafel Schokolade.
„Die Dognapper haben angerufen?“ fragte
Tarzan, nachdem er von sich und seinen Freunden so viel erzählt hatte, daß
Andrea Vertrauen fassen konnte.
„Vorhin“, nickte sie. „Ich soll um elf
in den Park kommen. Zum Pavillon. Mit dem Lösegeld.“
„Wieviel verlangen sie?“
„Der Kerl, der anrief, fragte, wieviel
ich aufbringen könnte. Ich bot 200 Mark. Da wurde er grob. 500 oder... oder sie
schneiden Lady den Hals durch.“
Sie schluckte. Verzweifelt preßte sie
die Lippen aufeinander.
„Und?“ fragte Gaby. „Haben Sie die 500?“
„Ja. Zufällig. Weil ich am Freitag
Honorar erhielt.“
„Zum Kronen-Park?“ vergewisserte sich
Tarzan.
Sie nickte.
„Fahren sie mit dem Wagen hin?“
„Ich habe nur ein Rad.“
„Wie wir“, lachte Klößchen. „Mein Vater
fährt allerdings einen Zwölf-Zylinder-Jaguar. Und immer das neueste Modell.
Nicht, daß ich mir deshalb was einbilde. Aber der Schlitten schont den Steiß,
was ich von meiner Tretmühle nicht behaupten kann. Wenn uns Tarzan über Stock
und Stein jagt, wegen irgend ‘ner irren Sache, kann ich abends kaum sitzen.“
Andrea lächelte.
Tarzan hatte seinen dicken Freund mit
einem Stirnrunzel-Blick bedacht. Schließlich ging es hier nicht um Klößchens
Hintern, sondern um Ladys Leben.
„Sie radeln also um elf Uhr zum
Kronen-Park“, nahm er den Faden auf. „Dort warten die Dognapper. Der eine, den
man Zotte nennt, wird Ihnen das Geld abnehmen. Der andere wartet mit Lady im
Hintergrund, Katzentod nämlich, so ein viereckiger Skinhead-Typ. Ich mache mal
einen Vorschlag, Frau...“
„Sagt Andrea zu mir“, fiel sie ihm ins
Wort. „Wir sind doch Verbündete. Ihr helft mir, was ich stark finde, und ich
könnte eure ältere Schwester sein.“
„Also, gut, Schwester“, grinste Tarzan.
„Mein Vorschlag sieht so aus: Willi, Karl und ich bewaffnen uns mit
Prügel-Werkzeugen und beziehen Posten im Park. Das heißt, wir verstecken uns in
der Nähe des Pavillons. Wenn wir Lady befreien können, ohne sie dabei zu
gefährden, wird uns das ein seelisches Schaumbad sein. Wenn’s nicht geht,
warten wir ab — nämlich solange, bis Sie Lady zurückhaben. Aber spätestens dann
stürzen wir uns mit Gebrüll auf die Hundediebe. Gaby“, wandte er sich an seine
Freundin, „du bleibst hier. Und zwar am Telefon. Wenn alles geklappt hat, schicken
wir Andrea. Dann verständigst du deinen Vater, und die amtliche Festnahme geht
über die Bühne.“
„Du hast schon wieder alles gesagt“,
erboste sich Gaby. „Bestimmst einfach so. Da bleibt überhaupt kein geistiger
Raum, um so eine Großaktion zu besprechen. Geschweige denn, um abzustimmen.“
Tarzan sah auf die Uhr. „Ich will mich
nicht als Mufti (Anführer) aufspielen. Aber zum langen Gesülze ist keine
Zeit. Hat jemand einen besseren Vorschlag? Nein? Also, ange... nein, Andrea! Du
mußt entscheiden. Deinem Tierfreund-Herzen steht Lady am nächsten, obwohl auch
wir auf den Pudding hauen, wenn irgendwelche Horror-Typen Tieren was antun. Da
packt uns der Brass (Wut), daß die Fetzen fliegen.“
„Das merke ich“, lächelte Andrea. „Aber
meint ihr denn, daß ihr mit diesen Verbrechern fertig werdet?“
„Das macht mir die geringsten Sorgen“,
sagte Karl. „Wie ich Tarzan kenne, dürfen Willi und ich nur zugucken, während
er die Typen zur Schnecke macht.“
„Also ist die Sache gebongt?“ Tarzan stand
auf.
Andrea seufzte tief und war
einverstanden.
*
Spinnennetze hingen in den Sträuchern,
viel Laub lag am Boden. Aber die Büsche trugen noch genug Blätter, um als
Versteck herzuhalten.
Klößchen hatte einen Knüppel
geschultert wie ein Steinzeitmensch seine Kriegskeule, derentwegen aber in
grauer Vorzeit keine Abrüstungsverhandlungen stattgefunden hatten — unter den
verfeindeten Stämmen.
Ducken mußte Klößchen sich nicht. Der
Strauch, hinter dem er sich verbarg, war höher als er. Klößchen belauerte den
Pavillon-Platz, wo nachher — um elf — die große Schau laufen sollte: mit der
Festnahme der Hundediebe.
Daran dachte er
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