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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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möglich hier raus. Wir mussten endlich auf den Punkt kommen. Also fragte ich ihn, ob es Tierarten gab, die er nicht ausstopfte.
    William Gunns Kopf ruckte zu mir herum. »Wir … stopfen  … nicht aus. Ich bin Mitglied der Taxidermisten-Vereinigung, eines ihrer Gründungsmitglieder. Seit über fünfzig Jahren übe ich die Kunst der Tierpräparation aus. Sie erfordert das Feingefühl eines Chirurgen, das Auge eines großen Meisters und die Geschicklichkeit eines Handwerkers. Bitte, nennen Sie es nie wieder … Ausstopfen.«
    »Verstehe«, sagte ich und nickte in die Runde. »Das ist alles sehr beeindruckend. Aber gibt es irgendwelche Tierarten, die nicht … Sie wissen schon, gemacht werden können?«

    Seine Augen fixierten mich. »Nein, im Lauf der Jahre habe ich sie so gut wie alle präpariert.«
    »Haben Sie je einen Wal ausgestopft?«
    »Sagen Sie nicht ausgestopft.«
    »Tut mir leid, mein Fehler. Könnten Sie auch einen Wal machen?«
    »Haben Sie einen Wal, den ich für sie machen soll?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich hätte ja gar keinen Platz dafür. Aber theoretisch?«
    »Beachten Sie ihn nicht weiter«, sagte Alison. »Er hat heute Freigang aus der Nervenklinik.«
    Das stimmte ihn etwas versöhnlicher. »Nein … nein. Tatsächlich ist das eine gute Frage. Theoretisch könnte ich natürlich einen Wal machen, aber dazu bräuchte ich ein ganzes Team. Wegen der Größe. Das Problem besteht vor allem in der Haut – Tierpräparation funktioniert nur bei Fell oder Federn wirklich gut. Wenn das Tier nur Haut hat, dann verfärbt es sich leicht. Es sieht einfach nicht gut aus.«
    »Könnten Sie einen Menschen ausstopfen?«, fragte ich.
    »Bitte! Nennen Sie es nicht …« Er unterbrach sich und seufzte. »Es ist ein aussichtsloser Kampf«, fuhr er müde fort. »Unser Geschäft blickt auf fünfundsiebzig Jahre Expertise zurück, und trotzdem heißt es noch immer: Stopfen Sie dies aus, stopfen Sie das aus.« Sein Blick zuckte zurück zu mir, und er zeigte auf mich. »Sie. Ihre Stimme kommt mir bekannt vor.«
    Ich starrte ihn einfach an.
    »Wahrscheinlich weil er so ein totaler Durchschnittstyp ist«, erklärte Alison. Sie lachte. Nach einem kurzen
Augenblick lachte er auch, aber seine Augen blieben unverwandt auf mich geheftet, bis Alison geschickt seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. »Es tut mir leid, aber wir sind einfach so traurig wegen unserem Hund. Wir haben ihn jetzt seit fünfzehn Jahren, er ist ein Teil der Familie geworden. Wir dachten, es wäre nett, ein Erinnerungsstück zu besitzen.«
    Sie wirkte, als würde sie gleich losheulen. Gunn überraschte sie – und mich –, indem er ihre Hand nahm und sie tätschelte. »Machen Sie sich keine Sorgen«, erklärte er sanft. »Sie werden ein schönes Erinnerungsstück bekommen. Bitte, was für eine Hunderasse ist es?«
    »Ein Jack Russell«, sagte Alison.
    »Ah, wunderbar«, sagte Gunn.
    »Ich habe mir gedacht, falls Sie vorher schon mal einen Jack Russell gemacht haben, könnte ich ihn mir vielleicht ansehen? Es ist nur, weil … Einerseits will ich es unbedingt, gleichzeitig denke ich, er könnte vielleicht ein bisschen … Sie wissen schon … ein bisschen leblos wirken, wenn Sie verstehen?«
    Gunn nickte. »Ich verstehe Sie absolut. Nun, ich habe in letzter Zeit eine ganze Reihe von Hunden gefertigt, aber keine Jack Russells. Wenn Sie eine Minute warten, frage ich meinen Dad, ob er einen gemacht hat. Im Juli war ich nämlich ein paar Wochen in Urlaub, also hat er womöglich einen präpariert und mir nichts davon erzählt.«
    »Das wäre toll. Hoffentlich macht es Ihnen nicht zu viele Umstände?«
    »Nein, überhaupt nicht.«

    Gunn musterte mich noch einmal scharf, bevor er sein Handy zückte und sich in eine entfernte Ecke der Werkstatt verzog.
    »Sein Dad?«, flüsterte ich. »Der Kerl ist um die neunzig. Wie alt ist dann sein Vater?«
    Alison zuckte mit den Schultern. Dann boxte sie mich gegen einen meiner äußerst porösen und zerbrechlichen Oberarmknochen. »Und jetzt lass diesen Ausstopfen-Quatsch, okay? Wir versuchen hier, ein paar Antworten zu kriegen.«
    Ich zog ein Gesicht.
    Sie erwiderte die Grimasse.
    Wir waren schon ein heißes Team.
    Gunn klappte das Handy zu und steuerte auf einen großen grünen Aktenschrank zu, wo er eine Schublade herauszog. Etwa eine halbe Minute blätterte er die Akten durch, bis er fand, nach was er gesucht hatte. »Ich hatte recht«, sagte er. »Dad hat im Sommer einen präpariert. Und wir machen

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