Hundeelend
»Ja?«
»Sie haben gedacht, Sie kennen meine Stimme?«
»Ich …«
»Leg dir gefälligst eine Webseite zu, du gruseliger alter Knacker.«
Mit einem triumphierenden Grinsen flitzte ich zurück durch den Vorhang.
Dummerweise stellte Alison ausgerechnet zu diesem unpassenden Zeitpunkt fest, dass sie ihre Autoschlüssel verloren hatte.
21
Alison war stinksauer auf mich und weigerte sich, diesen Durchbruch im Fall mit mir zu erörtern; außerdem ignorierte sie die Tatsache, dass wir diesen enormen Fortschritt allein meinem Vorschlag verdankten, Kontakt mit dem Tierpräparator aufzunehmen. Sie war fixiert auf einen winzigen Ausschnitt des Gesamtbildes sowie auf den Umstand, dass der alte Mann gedroht hatte, mit einem Besenstiel ihren Wagen zu demolieren.
Seine haltlose Behauptung, er wäre von mir beleidigt worden, hatte ich ihr gegenüber als seniles Gebrabbel eines alten Knackers abgetan; aber obwohl wir Liebende waren und ich der Vater ihres Kindes, obwohl sie den Rest ihres Lebens mit mir verbringen wollte, begehrliche Blicke auf meinen Laden warf und sich als meine gleichberechtigte Partnerin im Detektivunternehmen betrachtete, schenkte Alison ihm mehr Glauben als mir. Ich versicherte ihr aufrichtig, ich wäre nur in den Laden zurückgekehrt, um noch eine Frage in Zusammenhang mit dem Fall zu stellen. Sie wollte wissen, welche Frage. Worauf ich die Antwort verweigerte, weil sie ohnehin meine Version der Ereignisse grundsätzlich anzweifelte. Und schließlich hatte William Gunn ja auch nur deshalb gedroht, ihren Wagen mit dem Besenstiel zu zertrümmern,
weil ihm der Besenriegel abgefallen war, während er mich um den verschlossenen Wagen jagte. Es war unangemessen und unwürdig für einen alten Mann, so viel Energie zu vergeuden, bloß weil er eindeutig etwas missverstanden hatte. Immerhin war das ein deutlicher Hinweis auf seinen zerrütteten Geisteszustand und gemahnte mich daran, noch einmal sorgfältig alles zu überprüfen, was er uns vorher erzählt hatte.
Als Alison endlich ihren Schlüssel fand – in ihrer Hosentasche! – und wir von wüsten Schmähungen begleitet davonknatterten, hockte ich mich wieder auf meine Hände und beamte mich innerlich in eine Parallelgalaxis, während sie in einem fort schimpfte und krakeelte. Aus irgendeinem Grund brachte sie meine verhaltene Reaktion nur noch mehr in Rage. Ingesamt alles andere als ein gemütlicher Heimweg; was unter anderem aber auch damit zu tun hatte, dass wir uns in unmittelbarer Nähe von Gras, Büschen und Schafen befanden, die mich voll böser Absichten anstarrten.
Es war schon zu spät, um das Kein Alibi wieder zu öffnen, aber ich musste zum Laden, um den Lieferwagen abzuholen. Als wir vor dem Buchladen parkten, sagte Alison: »Werd endlich erwachsen und hör auf, die beleidigte Leberwurst zu spielen.«
»Dann hör auf, mich anzuschreien.«
»Du hast damit angefangen. Du hast ihm an den Kopf geworfen, er sei ein …«
»Ich hab ihm gar nichts an den Kopf geworfen. Er ist ein bösartiger Kläffer. Warum glaubst du mir nicht?«
»Aus Erfahrung.«
»Ich könnte dich nie belügen.«
Sie starrte mir in die Augen. Ich verlor, weil ich als Erster blinzelte. Schuld daran waren jedoch nur meine chronisch verstopften Tränenkanäle. Alison schüttelte den Kopf. »Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass du es nicht mal mehr mitkriegst, wenn du lügst. Welche Frage hast du ihm gestellt?«
»Wenn du es unbedingt wissen willst, ich hab ihn was über den JR gefragt. Du wirst sicher auch bemerkt haben, dass der Hund auf beiden Fotos einen gebogenen Schwanz hat.«
»Und?«
»Na ja, in meiner Jugendzeit hatten Jack-Russel-Terrier niemals Schwänze. Bei der Geburt wurden sie kupiert. Aber schon vor längerer Zeit fand man, das sei unnötige Quälerei, und es wurde ein Gesetz dagegen erlassen. Ich wollte Mr. Gunn fragen, wann das Gesetz in Kraft getreten ist. So was muss er schließlich wissen, und es wäre hilfreich für uns gewesen.«
»Warum?«
»Weil man daran das Alter des Hundes ablesen kann. Hätte er beispielsweise gesagt, das Gesetz ist vor drei Jahren erlassen worden, hätten wir gewusst, dass der JR auf dem Foto, wenn er denn unserer ist, nicht älter als drei Jahre sein kann.«
»Und was macht das für einen Unterschied?«
»Keinen. Es ist eine reine Information. Vielleicht kann sie später hilfreich sein. Dreijährige Hunde müssen normalerweise nicht ausgestopft werden. Also ist er vielleicht keines natürlichen Todes
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