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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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Alibi.«
    »Er hat irgendwas von einem Grillabend an Weihnachten gefaselt. Das ist wohl kaum ein Alibi.«
    »Aber er hält es offensichtlich für eines.« Sie klatschte in die Hände. »Gut, dann machen wir also einen kleinen Ausflug aufs Land, ja?«
    »Auf keinen Fall«, erwiderte ich.

    Ich kann das Land nicht ausstehen, mit seinen Schlaglöchern und schneebedeckten Kühen. Ich mag keine lebendigen Tiere, und tote erst recht nicht. Ich habe panische Angst vor Fliegen, Zecken und der Blauzungenkrankheit, vor Räude und Staupe, Schnecken und Maden. Ich verabscheue Wildtiere, Nutztiere und Haustiere. Einmal habe
ich mich sogar versehentlich auf eine Wüstenrennmaus gekniet.
    Die Landstraßen waren extrem kurvig. Und sie waren vereist. Es war der reinste Albtraum, besonders in Alisons winzigem, ungefedertem Käfer.
    »Das ist absolute Zeitverschwendung«, erklärte ich, »und behalte bitte beide Hände am Lenkrad.« Sie nahm die andere auch noch weg. Aus reiner Bösartigkeit. »Denk bitte daran, wir sind zu dritt hier im Auto.«
    Sie lachte, rieb sich den Bauch und erklärte, der kleine Rory wäre auf ihrer Seite. Gezwungenermaßen ließ ich es dabei bewenden, andernfalls wäre es sicher zu einem heftigen Wortgefecht gekommen und sie hätte den Blick von der Straße abgewandt. Das hätte mir dann gerade noch gefehlt. Daher setzte ich mich auf meine Hände, trat auf die imaginäre Bremse und hielt meinen Mund, während wir zu William Gunns Haus am Rand von Hillsborough fuhren. Es lag nur zwanzig Minuten von der Innenstadt entfernt, aber das waren neunzehn mehr, als ich ertragen konnte. Seine Werkstatt war eine Variation dessen, was die Generation meiner Eltern wohl als Nissenhütte bezeichnet hätte. Das gewölbte Wellblechdach war verrostet und mit Moos bewachsen. Unkraut rankte an den Wänden empor, baumelte über dem Eingang, und ich musste aufpassen, nicht von Dornen erdolcht oder von Zweigen meines Augenlichts beraubt zu werden. Alison öffnete die Tür und eine Glocke ertönte. Vor einer Ladentheke blieben wir stehen und starrten ein totes Eichhörnchen an. In seinen Pfötchen hielt es eine kleine Karte, auf der stand: Bitte fragen Sie nicht
nach einem Kredit, da die sichere Ablehnung nur Unmut erzeugt.
    »Mir ist ohnehin schleierhaft, was für eine Art von Kredit ein Eichhörnchen gewähren kann«, sagte Alison.
    »Nüsse«, sagte ich.
    Hinter einem schmalen Vorhang tauchte ein älterer Mann auf und trocknete sich die Hände mit einem Handtuch. Er wirkte ungehalten. »Ja? Ich wollte gerade schließen.«
    Mutter hätte ihm das eine oder andere über guten Kundenservice beibringen können. Aber ich hielt mich zurück. Alison sprang ein. Sie kann wirklich auf Zack sein, wenn sie will. Rasch entschuldigte sie sich dafür, dass wir ohne Terminvereinbarung gekommen waren, aber sie hätte so wundervolle Dinge über seine Arbeit gehört, und wir besäßen einen kleinen Hund, dessen Tage wohl bald gezählt waren, und sie wolle ja nicht morbide klingen, aber wir würden ihn gerne konservieren, ob er denn auch Haustiere annehmen würde, und vielleicht wäre es ja möglich, seine Werkstatt zu besichtigen und eventuell auch Musterexemplare von anderen Hunden, und was das Ganze denn kosten würde, obwohl der Preis natürlich überhaupt keine Rolle spielte.
    Seine Laune änderte sich schlagartig. Sie hätte gar nicht besser sein können. Er bat uns, ihm zu folgen.
    William Gunn führte uns – langsam, wie ich hinzufügen möchte, denn sein Knochengestell wirkte zerbrechlich und arthritisch – durch den Vorhang in die Werkstatt. Auf langen Holztischen standen Chemikalien und zum Trocknen aufgespannte Tierhäute. Es gab halb fertige
Skelette und einen Fuchs, der aussah, als könnte ihn ein Funken Elektrizität wieder zum Leben erwecken. An den Wänden hingen Hirschköpfe mit Geweihen. In einer Ecke hockten Ratten in kleinen Anzügen um einen Picknicktisch. Eine trug eine Sonnenbrille. Das Ganze sollte wohl lustig sein, wirkte aber eher gruselig. Im gesamten Raum stank es nach Tod und Formaldehyd, nach Blut, Fell, Eingeweiden und Schmerz. Ich hasste diesen Ort. Die ganze Zeit war ich kurz davor, mich zu übergeben. Ich war allergisch auf so gut wie alles in dieser Werkstatt.
    Gunn dagegen platzte fast vor Stolz. Er führte uns Beispiele seiner Arbeit vor, und jedes Mal stieß Alison bewundernde Ahs und Ohs aus, um mir dann, sobald er ihr den Rücken zukehrte, einen angewiderten Blick zuzuwerfen. Ich wollte so schnell wie

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