Hundeelend
auftauchen sollte, dann haben wir die direkte Verbindungslinie. Falls er bei Billy Randall auftaucht, haben wir eine weitere.«
»Und wenn er bei keinem von beiden ist?«
»Dann haben wir Pech gehabt. Aber im Moment ist das unsere einzige Spur. Wenn es keinen ausgestopften JR gibt, müssen wir der Polizei die Aufklärung der Morde überlassen; und das bedeutet vermutlich, dass wir wieder zu den Verdächtigen zählen.«
»Also versuchen wir, den Hund zu finden?«
»Das hab ich nicht gesagt.«
»Liebling, ich weiß genau, du wirst nicht mehr ruhig schlafen können, bevor du nicht herausgefunden hast, wo er steckt.«
»Liebling«, entgegnete ich, »ich hab seit 1976 nicht mehr geschlafen.«
22
Gegen vier Uhr morgens bemerkte ich, dass ich observiert wurde.
Zwar waren die Rollgitter heruntergelassen, doch vorne und hinten am Laden hingen Videokameras, die direkt mit meinem Computer verbunden waren. Ich hatte sie anbringen lassen, nachdem ich bei früheren Ermittlungen in meinem Hinterhof überfallen worden war. Außerdem beobachte ich gerne andere Menschen und habe schon viele Stunden damit zugebracht. Ich habe Paaren beim Sex zugesehen, Betrunkenen beim Urinieren, Einbrechern beim Ausspähen von Objekten. Die Botanic Avenue ist eine belebte Geschäftsstraße, und in den Querstraßen reihen sich Mietshäuser mit zahllosen winzigen Studentenbuden aneinander. Kaum fünfzig Meter vom Kein Alibi entfernt befindet sich ein Hotel ohne eigenen Parkplatz. Überall locken Bars, Nachtclubs und Restaurants, und eine Menge Leute kommen mit ihrem eigenen Wagen, um ihn dann hier über Nacht stehen zu lassen. Mit alldem will ich sagen: Es gibt generell wenig Parkmöglichkeiten, sowohl tags wie auch nachts. Trotzdem herrscht ein ununterbrochenes Kommen und Gehen. Daher war an sich nichts Auffälliges an dem BMW, der auf der anderen Straßenseite parkte; weder an dem Mann,
der darin saß, noch an der Tatsache, dass ich ihn – beziehungsweise den Schimmer seines Handys – zum ersten Mal gegen zwei Uhr bemerkte und er um vier immer noch dort stand. Manche Leute warten einfach ein paar Stunden, bis sie wieder nüchtern sind, oder wollen sichergehen, dass keine Polizeistreife unterwegs ist, die sie mit Alkohol am Steuer schnappt. Doch exakt um vier Uhr leuchteten die Scheinwerfer des BMWs auf, er parkte aus und fuhr davon – nur um einem anderen BMW Platz zu machen, der Sekunden später in die Lücke einbog. Seine Scheinwerfer erloschen, und der Fahrer traf keinerlei Anstalten auszusteigen. Das Ganze machte weniger den Eindruck, als hätte jemand Schwein bei der Parkplatzsuche gehabt; es roch vielmehr nach einem Schichtwechsel.
Halten Sie mich ruhig für paranoid. Das tun viele; darunter auch einige, die etwas davon verstehen. Ebenso wie das Glas für mich immer halb leer ist, gehe ich generell von einer Schuldvermutung statt von einer Unschuldsvermutung aus. Trotzdem hätte der Platztausch der beiden BMWs ein merkwürdiger Zufall sein können, hätte ich nicht aus alter Gewohnheit ihre Nummernschilder studiert und dabei entdeckt, dass sich ihre Kennzeichen nur um eine Endziffer unterschieden, was mich augenblicklich folgern ließ: Flottenfahrzeuge.
Ich rief Jeff an. Irgendwann ging er dran.
Ich sagte: »Willst du deinen Job zurück?«
»Verdammt … es ist vier in der Scheißfrüh.«
»Antworte einfach auf die Frage.«
»Nein.«
»Nein?«
»Man hat mir einen Job im Universitätsbuchladen angeboten. Die Arbeitszeit ist kürzer und die Bezahlung besser.«
»Jeff. Mach dich nicht lächerlich. Ich brauch dich hier im Laden, und zwar sofort. Wir haben dir vergeben, obwohl du ein Riesenarschloch bist.«
»Ich mache mich also lächerlich und bin ein Riesenarschloch. Deine Argumente werden mit jeder Beleidigung überzeugender.«
»Jeff, komm einfach her! Ich stecke bis über beide Ohren im Fall des schwanzköpfigen Mannes . Alles scheint sich um einen ausgestopften Jack Russell zu drehen, der mal dem Polizeichef von Nordirland gehörte. Möglicherweise ist er in einen Doppelmord verwickelt. Dieser Fall zieht sich bis ganz hinauf in die höchsten Kreise der Macht; es ist die reinste Verschwörung. Und du liebst doch Verschwörungen. Du stehst auf Macht- und Amtsmissbrauch. Das ist genau der Kram, über den du ständig bei Amnesty International schwadronierst. Nur passiert er hier ganz real, direkt vor deiner Haustür. Oder besser vor meiner. Ich bin im Laden, ich bin alleine, und ich trau mich nicht rauszugehen, weil ich
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