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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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bin nur einfach sehr, sehr geil, und wir haben es seit Monaten nicht mehr getan.«
    »Oh.«
    »Und ich bin von dir beeindruckt. Du hast die Situation im Griff gehabt. Du hast die Ordnung wiederhergestellt. Und während wir hierher gerannt sind, hast du nicht ein einziges Mal über deine Glasknochen, deinen Meniskus, deinen Blutdruck, deine eingeschränkte Lungenfunktion oder irgendeine andere von deinen eingebildeten Blödsinnskrankheiten gejammert.«
    »Das ist wegen meinem Alzheimer im Frühstadium. Ich vergesse …«
    »Bring mich jetzt nach Hause, bevor ich es mir anders überlege.«
    »Okay.«

     
    Wir schoben uns in Richtung Ausgang. Dort stand Jeff und redete mit einer jungen Frau. Im Vorbeigehen knurrte Alison ihn an. Ich nickte ihm nur kurz zu und formte mit dem Mund stumm das Wort »hormonbedingt«.
    Doch ich grinste dabei wie ein Idiot.

31
    Alison schnarchte leise, und ich überlegte, was wohl passieren würde, wenn ich ihr die Nase zukniff. Und ihr gleichzeitig den Mund zuhielt. Der Schädel ist voller Löcher, und angeblich sind Ohr, Nase und Kehle miteinander verbunden; warum sollte man also nicht durchs Ohr atmen können?
    Ich hatte Schlafprobleme, und das schon seit November 1979. Ohne besonderen Grund, abgesehen vielleicht von Mutters Kleiderschrank. Im Dämmerlicht – die Vorhänge standen halb offen und das orangefarbene Licht der Straßenlaternen sickerte herein – ließ ich mich wieder zurückfallen und versuchte, den Umstand zu ignorieren, dass mich Hunderte von Augen beobachteten. Wobei es sich nicht um meine übliche, übrigens völlig gerechtfertigte Paranoia handelte; vielmehr war jeder verfügbare Quadratzentimeter Wand mit Alisons Kunstwerken gepflastert: bizarre, groteske und doch irgendwie sympathische Charaktere. Mir waren ihre Bilder früher schon aufgefallen, allerdings nur aus der Distanz, während ich in den Büschen vor ihrem Haus gelauert und sie beobachtet hatte. Vielleicht ist lauern auch der falsche Ausdruck. Eher hatte ich es mir in den Büschen bequem eingerichtet. Ich stand Wache. Ihre Zeichnungen hatten mir schon immer
gefallen, aber nun bot sich zum ersten Mal die Gelegenheit, sie aus der Nähe zu bewundern. Sie hatte ein besonderes Talent für Augen. Die Augen sind ja angeblich die Fenster der Seele; daher konnte ich von Glück reden, dass mein grauer Star wie eine Art Jalousie funktionierte.
    Ich betrachtete Alison. Wunderschön. Jünger als ich. Wenn ich ihr einfach ein Kissen aufs Gesicht presste, war es womöglich weniger schmerzhaft, als wenn ich ihr die Nase zukniff und den Mund zuhielt.
    Es schien mir die natürlichste Sache auf der Welt zu sein. Ein Akt der Liebe. Bei meinen diversen Krankheiten blieb mir nur noch wenig Zeit, und es war besser, in einem guten Moment abzutreten. Ich könnte Alison erlösen und mich anschließend zu Mutters Haus schleichen, um auch sie genussvoll für immer aus ihrem Elend zu befreien. Und mein Medikamentenvorrat war wahrlich groß genug, um anschließend mich selbst auszulöschen und mit mir die halbe Stadt, falls es mir irgendwie gelang, diesen in die städtischen Wasserleitungen zu kippen.
    Aber da war natürlich das Problem mit dem Baby.
    Sie war die Mutter meines Kindes.
    Ich konnte kein Kind töten; so was war einfach krank.
    Plötzlich bemerkte ich, dass Alison die Augen geöffnet hatte.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Hallo«, erwiderte sie. »Denkst du an was Nettes?«
    »Ich dachte gerade an die Münchner Olympiade.«
    Alison lächelte schläfrig. »Schön, dass irgendjemand das tut«, sagte sie leise, und ihre Augen schlossen sich wieder.

     
    Ich schlafe nie richtig, dämmere jedoch regelmäßig in eine Art finstere Zwischenwelt hinüber, in der ich so heftig träume, dass ich beim Aufwachen erschöpfter bin als vorher. Außerdem wälze ich mich hin und her und schlage um mich. Glücklicherweise befand sich Alison nicht mehr neben mir im Bett. Ich konnte ihre Stimme hören und die einer anderen Frau, sie kamen aus einem Raum am Ende des Flurs, vermutlich aus der Küche, fröhliches Geplapper und Lachen. Plötzlich überfiel mich die Panik, es könnte ihre Mutter sein oder ihre Schwester. Ich hatte mich nie dafür interessiert, ob sie etwas dergleichen besaß; aber allein die Vorstellung einer solchen Begegnung verwandelte mich in ein nervöses Wrack. Ein Zustand, in den ich üblicherweise erst verfalle, nachdem mich meine Mutter beim Frühstück heruntergeputzt hat. Mit Alison wäre ich gerade noch so eben

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