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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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Brendan zwinkerte mir auf überzogen theatralische Weise zu.
    »Ja, Brendan«, pflichtete ich bei, »es ist alles eine einzige große Verschwörung. Selbst der Booker-Preis …«

    »Ganz genau! Diese Schweine !« Er blickte erst auf seine Flasche und dann zu mir. »Sag mal, mein Alter, du hast nicht zufällig ein Glas, in das ich dieses Zeugs hier kippen kann, oder? Man versucht ja schließlich gewisse Anstandsformen zu wahren.«
    Ich erklärte ihm, ich würde sehen, was ich für ihn tun könne. Dann verschwand ich in der Küche und gab vor, dort nach einem Glas zu suchen. Inzwischen war ich längst über das Stadium hinaus, in dem ich bereute, ihn eingelassen zu haben, und betete nur noch, Alison möge bald eintreffen und ihn wieder verjagen. Sie war in diesen Dingen geschickter als ich. Ich selbst vermeide Konfrontation, wo es nur geht. Lieber würde ich mir eine Million Mal ein Messer in den eigenen Kopf rammen, als nur einmal Nein zu sagen. Alison meint, anderen gegenüber wäre ich wie Silly Putty. Ich erläuterte ihr, dass Silly Putty zufällig entdeckt worden war, als man im Zweiten Weltkrieg in den USA nach einem Gummiersatz suchte, dass sich diese Masse bei Kontakt mit Alkohol auflöste und dass dies interessanterweise auch bei mir der Fall war, doch sie unterbrach mich mit dem Hinweis, ich solle die Klappe halten.
    Was ich auch tat.
    »Meine Güte, dieser Jeff … als er dann irgendwann auf die Mondlandungen kam, hab ich einfach abgeschaltet!«
    »Ach.«
    »Hätte ihn beinahe mitgebracht, aber er hat sich geweigert!«
    Ich trat in die Küchentür. »Du hättest ihn beinahe was ?«

    »Ich hab versucht, ihn rumzukriegen, dass wir beide hier einsteigen, deine Regale umräumen und dir damit ’nen Heidenschreck einjagen. Aber das muss man ihm lassen, er wollte nichts damit zu tun haben! Dieser Klotzkopf wollte weiter den Gedichten zuhören …«
    »War das – heute? Redest du von heute Abend?«
    »Ja, klar doch.«
    »Und Jeff war mit dir zusammen? Mein Jeff? Mit dem Haar und dem Armeeparka und den Amnesty-International …«
    »Genau, mit seinen sämtlichen Ansteckern. Dein Jeff. Er ist so besorgt um die Welt, so … engagiert.«
    »Wo genau war das?«
    »Äh, ein Stück die Straße runter, wo sie immer diese Lesungen …«
    »Brendan, hör mir zu. Sag mir genau, wo du Jeff getroffen hast.«
    »Ehrlich, du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen. Im Holiday Inn, mein Guter. Sie veranstalten dort eine Menge Lesungen, da verständlicherweise niemand mehr seinen Urlaub in diesem gottverdammten Loch verbringen will … Was hast du vor?«
    »Nimm das.« Ich reichte ihm eine angestoßene Penguin-Taschenbuchausgabe von Agatha Christies Mord im Pfarrhaus . »Mach’s dir gemütlich. In der Küche ist noch mehr Wein.«
    »Aber …«
    »Tu’s einfach!«
    Da ich die Rollläden wieder heruntergelassen hatte, damit nicht noch mehr Suffköpfe hereinspazierten, nahm
ich den Hinterausgang und schloss Brendan im Laden ein. Eilig durchquerte ich die Gasse hinterm Haus. Und gerade als ich auf die Botanic Avenue bog, kam Alison mir entgegen. Ihr Gesicht war rot vor Aufregung, Angst und körperlicher Anstrengung. Bevor sie etwas sagen konnte, bellte ich: »Jeff ist im Holiday Inn! Er ist betrunken und hört sich Gedichte an!«
    Sie benötigte nur den Bruchteil einer Sekunde, um diese Nachricht zu verdauen. Und eines muss man ihr lassen, sie besaß diese wundervolle Gabe, Dinge kurz und bündig auf den Punkt zu bringen.
    »Dieser kleine Scheißer!«, brüllte sie.

30
    Bei Veranstaltungen im Kein Alibi, beispielsweise der Präsentation einer Neuerscheinung oder einem meiner Themenabende – Viktorianische Kriminalliteratur und warum sie gerade jetzt so bedeutsam ist! kommt mir da in den Sinn; sehr gut besucht, wenn auch recht düster – sitzen zwar immer auch einige Autoren im Publikum, doch die überwiegende Mehrheit sind einfach begeisterte Leser, die darüber hinaus keinerlei literarischen Ehrgeiz haben. Dagegen werden Lyriklesungen fast ausschließlich von anderen Lyrikern besucht, bei denen es sich in der Regel um böswillige, selbstsüchtige, egoistische, betrunkene, verräterische Nichtstuer handelt, und damit meine ich nur die bereits Veröffentlichten. Auf diejenigen, die ihren Namen noch nicht gedruckt gesehen haben – wobei ich das Internet ausschließe, denn jeder dahergelaufene Schwachkopf kann dort etwas veröffentlichen –, trifft all das bereits Gesagte zu, plus ein gerüttelt Maß an

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