Hundejäger töten leise
den Steinbruch hinunter.
„Brauchst du Taschengeld?“
fragte Tom grinsend.
„Hier wird nicht geklaut.
Außerdem würde Bader uns sehen.“
Zu sehen war von ihm zwar
nichts, aber oben in der Eiche bewegten sich Zweige.
„Bestimmt hat er alles
fotografiert.“ Locke wechselte vorsichtig die unbequeme Kniehaltung, legte sich
auf den Bauch und stützte das Gesicht in die Hände.
Das Versteck hatten sie gut
gewählt. Es gestattete vollen Überblick, ohne daß sie entdeckt wurden. Nicht
mal Bader aus seiner erhöhten Position konnte sie bemerken.
Zehn Minuten vergingen. Tom
vertrieb sich die Zeit, indem er Locke mit einem Grashalm im Ohr kitzelte.
Locke feuerte mit großem
Atemaufwand drei Breitseiten Pusteblumen auf ihn ab. Aber die Wolke
gewichtsloser Schirmchen brachte ihn — zum Glück — nicht mal zum Niesen.
In der Ferne röhrte ein
Sportwagen.
„Porsche!“ sagte Tom.
Danny Tschilke kam nicht durch
den Steinbruch, sondern von der anderen Seite, wo eine sandige Straße verlief,
befahrbar bis zum Waldrand.
Dreist rollte er bis vor die
Blitzbuche. Als er ausstieg, reflektierte ( spiegeln ) sein grün-gelbes
Glitzerhemd Sonnenstrahlen. Er hielt ein weißes Kuvert in der Hand, trat zur
Blitzbuche, nahm das Geld aus der Höhlung und verstaute den Stoff. Ohne
nachzuzählen, stopfte er das Geld in die Hosentasche.
Als der Porsche wendete, war
Vollgas selbstverständlich. Die Reifen wirbelten Sand und Steine auf. Wie unter
Hagelschlag flatterten die Büsche, hinter denen Locke und Tom lagen. Rasch
versteckten sie das Gesicht zwischen den Armen.
„Das wird er mir büßen!“
knurrte Tom. „Fünf Steine sind mir an die Rübe geprallt.“
„Was liegst du auch hier rum!“
kicherte Locke. „Achtung!“
Das galt Bader.
Der turnte so eilig vom Baum,
daß er die letzten drei Meter beinahe im freien Fall zurückgelegt hätte. Auf
sicherem Boden angekommen, hetzte er, die Kamera in der Hand, zur Blitzbuche.
Er holte den weißen Umschlag hervor, öffnete ihn und überprüfte den Inhalt.
Dann legte er alles auf den Boden und fotografierte — dreimal, mindestens.
Schließlich stopfte er das Rauschgift in die Blitzbuche zurück. Und kletterte
abermals auf die Eiche.
„Tschilke sieht schlechten
Zeiten entgegen“, meinte Locke. „Er weiß es nur noch nicht. Bader kann ihn
nicht leiden — das steht schon mal fest. Der verknipst einen ganzen
Kleinbildfilm — für die Beweise. Mit den Fotos wird er zur Polizei gehen. Und
damit, Tom, ist Danny Tschilke geliefert. Ein Hundejäger weniger. Mir soll’s
recht sein.“
„Und Rauschgifthandel gehört zu
den gemeinsten Verbrechen. Wer anderen Rauschgift überläßt, bringt sie
sozusagen nach und nach um. Wird nicht umsonst schwer bestraft.“
„Jedenfalls brauchen wir keinen
Finger zu rühren. Was Tschilke betrifft, ist jetzt Claus Bader zuständig.“
Sie beobachteten, wie Urban
zurückkam, seinen, Stoff abholte und sich trollte.
Bader kletterte von der Eiche.
Sein mageres Gesicht zeigte einen Ausdruck der Zufriedenheit. Er holte sein Rad
aus den Farnen und fuhr in Richtung Stadt.
Locke stand auf und klopfte
ihren Rock ab. Tom drang tiefer in die Büsche ein, dorthin, wo die Roller
versteckt waren. Er schob beide zum Weg.
Lockes Miene war nachdenklich.
„Jeden Tag ein Dutzend, Tom!
Das muß man sich vorstellen!“
„Du denkst an die Tiere, die
gestohlen werden?“
„Es geht mir nicht aus dem
Kopf. Es ist zu grausig. Und bis jetzt, Tom, haben wir nichts dagegen
unternommen. Mag sein, daß Tschilke ins Gefängnis kommt. Aber sein Vater und
Edwin — die machen doch weiter.“
„Wollen wir draußen in
Pesseldorf Wache schieben — und jede Tierlieferung, die der alte Tschilke
erhält, überprüfen?“
„Das ist zeitlich unmöglich.“
„Was dann?“
„Wie ich dir schon erzählt
habe: Tschilke und die Versuchsanstalt von diesem Dr. Mäuchler stehen auf der
schwarzen Liste der Tierschützer. Ich wette, hinter den Zäunen des Tschilker
Hofs und hinter den Mauern der Versuchsanstalt würden wir die gestohlenen Tiere
finden.“
„Das ist auch meine Meinung.
Aber unsere Überzeugung nützt den armen Viechern nichts.“
„Du sagst es.“ Mit beiden
Händen warf Locke ihre Mähne über die Schultern zurück. „Was nützt ihnen? Nur
die Freiheit. Das heißt, wir müssen sie rausholen.“
Tom saß auf seinem Roller,
einen Fuß auf den Boden gestützt. Versonnen sah er über die Felder.
„Schön wär’s, Locke. Aber es
ist leider
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