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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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„Ich habe es beobachtet. Sie wollten ihn stehlen.“
    „Bist du übergeschnappt?“
brüllte er. „Hast du ‘nen Sonnenstich unter deinem komischen Hut? Ich und
stehlen? Werde ich wohl noch einen Kö... einen Hund streicheln dürfen, was?“
    „Sie wollten ihn losmachen. Sie
hätten ihn gepackt und mitgenommen. Mit einem Stück Wurst haben Sie ihn vorher
beruhigt. Der Fall liegt klar. Und die Polizei wird mir recht geben.“
    „Polizei?“ Drohend trat er
einen Schritt auf sie zu. „Verschwinde, du Kröte! Sonst schmiere ich dir eine.“
    „Ich werde nicht verschwinden.
Und auch Sie werden hier bleiben, bis die Polizei kommt. Vielleicht sind Sie
einer der Hundejäger, dann...“
    „Sei ruhig! Oder ich schlage
zu.“
    Himmel! dachte sie. Die Polizei
muß verständigt werden. Wo bleibt Tom? Ich kann hier nicht weg. Andererseits —
festhalten kann ich ihn auch nicht. So ein Mist!
    Sie blickte zum Eingang. Kein
Tom zu sehen.
    „Sie kommen jetzt mit in den
Supermarkt“, befahl sie. „Die Polizei wird verständigt, damit Ihre
Personalien...“
    Wahrscheinlich war es das Wort
Polizei, das den Kurzschluß auslöste. Locke selbst hätte es nicht für möglich
gehalten. Sie war gewöhnt, daß Jungs — und auch Männer — ihr Komplimente
machten, sie mit Blicken bewunderten und sich stets von der besten — männlichen
— Seite zeigten. Prügel hatte ihr noch niemand angeboten. Und daß gar versucht
wurde, diese Roheit in die Tat umzusetzen, war unfaßlich.
    Aber Rudi Porczik — natürlich
war es Rudi Porczik — drang mit erhobener Faust auf sie ein.
    „Tooom! Hiiilfe!“
    Entsetzt sprang sie auf der
abgewandten Seite vom Roller.
    Er fiel um und dem Kerl vor die
Füße. Aber Lockes Sandale hatte sich an der Raststütze verfangen. Ihr Bein
wurde mitgerissen. Sie stürzte.
    Kläffend sprang der Pudel hin
und her. Der Penner warf sich herum. Offenbar hatte er begriffen, daß außer
Schwierigkeiten nichts zu holen war. Er rannte über die Straße. Gerade als er
im Park verschwand, kam Tom aus dem Supermarkt.
    „Hast du gern...“
    Verblüfft sah er sich um. Dann
entdeckte er seine Freundin, die sich in diesem Moment vom staubigen Boden
erhob. Sie hatte ihren Hut verloren. Am nackten Ellbogen war die Haut
zerschunden. Es schmerzte. Sie wollte es nicht — aber ihr traten Tränen in die
Augen. Auch vor Empörung.
    „Tom!  Dort!  Der  Kerl  da 
im  Park. Der Vagabund! Das ist ein Hundejäger. Er wollte den Pudel stehlen.“
    Aus seiner Position sah Tom
keinen Pudel. Autos verdeckten ihn. Aber Lockes Mitteilung genügte.
    Wie ein Stromstoß durchzuckte
es ihn. Von dem Kerl sah er nur noch eine Bewegung hinter Büschen. Der
Vorsprung war groß. Der Park bot Verstecke. Also nichts wie hinterher!
    Zwei Getränketüten — eine mit
Frucht-, die andere mit Kuhsaft gefüllt — prallten auf den Asphalt und
überlebten das nicht. Sie platzten auf. Milch mischte sich mit Orange, während
Tom wie ein Cowboy in den Sattel sprang.
    Er startete mit heulendem
Motor. Die Straße war frei. Er preschte hinüber. Und ab in den Park! Dort war —
als einzige Weise, sich fortzubewegen — Spazierengehen erlaubt. Nicht mal
Radfahrer durften hinein. Aber Tom sauste über die kiesbestreuten Wege, daß
Tauben und Spatzen entsetzt in die Bäume flüchteten.
    Wo war der Hundejäger? Dort
hinten lief er.
    Ein alter Mann humpelte am
Stock und war so taub, daß er Tom — der von hinten nahte — nicht hörte.
    Tom riß seinen ,Hirsch’ auf den
gepflegten Rasen. Abgefetzte Büschel wirbelten in die Luft. Halsbrecherisch
umrundete er den Opa, der von allem nichts merkte. Dann kurvte Tom auf den Weg
zurück und raste an einer Bank vorbei. Zwei Frauen saßen dort und aßen Kuchen
aus einer Tüte. Offenen Mundes starrten sie ihm nach. Die eine verschluckte
sich. Hustend versprühte sie Blätterteig mit Kirschfüllung.
    „Unerhört, diese Halbstarken!“
rief die andere. „Man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher.“
    Er hat mich bemerkt, dachte
Tom. Er sah, wie der Penner über einen Graben sprang, sich umschaute, sofort
auf eine Buschgruppe zuhastete und mit einer Hand seinen Hut festhielt.
    Der Graben stoppte Tom. Er
mußte halten, absteigen, den Roller hinüberheben. Dann sauste er weiter. Er
umrundete die Buschgruppe. Dahinter war der Park zu Ende. Ein Radweg trennte
ihn von der Straße. Leitplanken bildeten das nächste Hindernis.
    Ein Pulk radelnder
Freizeitsportler kam von links. Tom hielt. Wo zum Teufel war der

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