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Hundert Jahre Einsamkeit

Hundert Jahre Einsamkeit

Titel: Hundert Jahre Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Garcia Marquez
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Maulesel mit, Ochsenkarren mit Mobiliar und Hausrat, schlichtes, harmloses, irdisches Zubehör, das sie ohne die Gebärdensprache der Hausierer alltäglicher Wirklichkeit feilboten. Sie kamen vom anderen Ende des nur zwei Tagereisen entfernten Moors, wo Dörfer lagen, die jeden Monat Post bekamen und die Maschinen des Wohlstands kannten. Ursula hatte die Zigeuner nicht eingeholt, war jedoch auf die Straße gestoßen, die ihr Mann in seiner gescheiterten Suche nach den großen Erfindungen verfehlt hatte.
     

 
     
     
     
     
     
    Pilar Terneras Sohn wurde zwei Wochen nach seiner Geburt ins Haus der Großeltern gebracht. Ursula nahm ihn widerwillig auf und ließ sich nur wieder einmal von der Starrköpfigkeit ihres Mannes überzeugen, der den Gedanken, ein Sproß seines Blutes könne seinem Schicksal überlassen werden, nicht ertragen konnte; jedoch stellte sie die Bedingung, dem Kind müsse seine wahre Herkunft verheimlicht werden. Obgleich es den Namen José Arcadio erhielt, nannte man es schließlich schlicht Arcadio, um Verwechslungen zu vermeiden. Zu jener Zeit gab es im Dorf so viel Umtrieb und im Haus so viel Trubel, daß die Betreuung der Kinder ins Hintertreffen geriet. Diese wurde Visitación übertragen, einer Guajira-Indiofrau, die auf der Flucht vor einer Schlaflosigkeitsplage, die ihren Stamm seit Jahren geißelte, mit ihrem Bruder ins Dorf gekommen war. Beide waren so gefügig und diensteifrig, daß Ursula sich ihrer annahm, damit sie ihr im Haushalt hülfen. So kam es, daß Arcadio und Amaranta die Guajira-Sprache vor dem Spanischen sprachen, so wie sie Eidechsensuppe und Spinneneier zu essen bekamen, ohne daß Ursula es merkte, da sie mit einem vielversprechenden Geschäft von Karameltierchen beschäftigt war. Macondo war verwandelt. Die Leute, die mit Ursula angekommen waren, verkündeten bald die gute Beschaffenheit seines Bodens und die außergewöhnlich günstige Lage im Hinblick aufs Moor, so daß der bescheidene Flecken früherer Zeiten sich sehr rasch in ein emsiges Dorf mit Läden und Werkstätten verwandelte; außerdem hatte es eine zuverlässige Handelsstraße, auf der die ersten Araber mit Pantoffeln und Ohrringen ankamen, um Glasperlenhalsbänder gegen Papageien einzuhandeln. José Arcadio Buendía fand keine Ruhepause mehr. Überwältigt von einer unmittelbaren Wirklichkeit, die ihn phantastischer anmutete als das weite Weltall seiner Einbildungskraft, verlor er jedes Interesse an seinem alchimistischen Laboratorium, ließ die von langen Monaten der Behandlung erschöpfte Materie ruhen und wurde wieder der unternehmungslustige Mensch der ersten Zeit, der die Anordnung der Straßen und die Stellung der neuen Häuser bestimmte, damit niemand Vorrechte genoß, die nicht der Allgemeinheit offenstanden. Er erwarb so viel Ansehen unter den Neuankömmlingen, daß ohne seine Zustimmung weder Grundmauern gelegt noch Zäune gezogen wurden, und so wurde beschlossen, daß er die Verteilung des Landes leiten solle. Als die Zigeunerkomödianten mit ihrem nunmehr in einen riesigen Betrieb von Glücks- und sonstigen Spielen umgewandelten Wandermarkt wiederkamen, wurden sie freudig empfangen, weil man dachte, José Arcadio würde vielleicht mitkommen. Doch José Arcadio kehrte nicht zurück, und auch der Schlangenmensch, der nach Ursulas Ansicht als einziger über ihres Sohnes Verbleib Auskunft hätte geben können, war nicht dabei, so daß man den Zigeunern untersagte, sei es, sich im Dorf niederzulassen, sei es, in Zukunft wiederzukehren, weil man sie als Boten der Lüsternheit und der Entartung betrachtete. José Arcadio Buendía wies übrigens ausdrücklich darauf hin, daß dagegen der alten Stammessippe des Melchíades, der mit seiner tausendjährigen Weisheit und seinen sagenhaften Erfindungen so viel zur Entwicklung des Dorfes beigetragen hatte, die Tore des Dorfes jederzeit offenstünden. Doch Melchíades' Stamm war laut Aussage der Weltenbummler wegen Übertretung der Grenzen menschlichen Wissens vom Antlitz der Erde verschwunden.
    Wenigstens vorübergehend von den Qualen der Phantasie befreit, erzwang José Arcadio Buendía in kurzer Zeit einen ordnungs- und arbeitsfördernden Zustand, in dem nur etwas erlaubt war: die Vögel zu befreien, die seit der Gründung die Zeit mit ihrem Flöten versüßten, und an ihrer Stelle in allen Häusern Musikuhren aufzustellen. Es waren kostbare geschnitzte Holzuhren, welche die Araber gegen Papageien tauschten und deren Schlagwerk José Arcadio Buendía mit

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