Hundert Namen: Roman (German Edition)
habe recherchiert und dann meinem Vermieter erzählt, dass ich vorhabe, einen Artikel darüber zu schreiben und auch die Nachbarn zu informieren und seine Angestellten über die Auswirkungen des Zeugs aufzuklären. Da hat er meine Miete spontan um hundert Euro gesenkt.«
Schockiert starrte Steve sie an. »Er hätte sich auch einfach einen anderen Mieter suchen können.«
»Ich hab ihm gesagt, ich würde jeden, der sich überlegt, in diese Wohnung zu ziehen, genauestens informieren, was hier läuft. Da hat er Panik gekriegt.«
Steve schüttelte fassungslos den Kopf. »Du bist …«
»Schlau?«, schlug sie vor.
»Nein, eine Journalisten-Drecksau«, sagte er. »Vielleicht sollten wir das Geschmiere lieber nicht wegputzen, schließlich ist es die Wahrheit.« Noch immer starrte er sie an, als würde er sie nicht mehr wiedererkennen.
»Hey, ich bin nicht diejenige, die alles mit PER verpestet!«
»Du solltest umziehen.«
»Kann ich mir nicht leisten.«
»Kitty, du kannst doch nicht einfach hingehen und Leute bedrohen. Deinen Job dafür benutzen, andere zu erpressen. Das ist reine Schikane!«
»Oooh.« Sie verdrehte die Augen, ließ den Schwamm frustriert in den Wassereimer fallen, öffnete die Wohnungstür, ging in die Küche, setzte sich an den Tisch, biss in einen Cupcake, den sie aus der Klinik zurückgebracht hatte, und wartete, dass Steve ihr folgte.
Er kam herein und schloss die Tür hinter sich, setzte sich aber nicht zu ihr.
»Hast du irgendwas auf dem Herzen, Steve?«
»Ich bin vorbeigekommen, um mich zu vergewissern, dass du dich wegen dem Prozess morgen einigermaßen okay fühlst, aber je mehr du redest, desto weniger Mitleid kriege ich mit dir.«
Auf einmal fühlte sich der Cupcake in ihrem Mund an wie ein Stein. Sie schluckte hastig. Und dann kam es endlich.
»Du hast einen angesehenen, glücklich verheirateten Sportlehrer und Familienvater beschuldigt, zwei Schülerinnen sexuell missbraucht und ein Kind gezeugt zu haben – im Fernsehen angeschwärzt. Vor den Augen des ganzen Landes. Und das zu Unrecht.«
Sie sah ihn an. Ihre Augen brannten, das Herz tat ihr weh, weil er so mit ihr redete, und obwohl sie ja wusste, dass sie einen riesengroßen Fehler gemacht hatte, fand sie trotzdem, dass sie das nicht verdient hatte.
»Ich weiß das alles – ich weiß, was ich getan habe«, sagte sie mit mehr Überzeugung, als sie fühlte.
»Und es tut dir leid?«
»Natürlich tut mir das höllisch leid!«, explodierte sie. »Meine Karriere ist beim Teufel, niemand wird mich je wieder einstellen. Wenn der Mann den Prozess gewinnt, was recht wahrscheinlich ist, muss der Sender eine Riesensumme abdrücken, dazu kommen noch die ganzen Anwaltskosten, und natürlich ist auch der Ruf des Senders beschädigt. Kurz gesagt: Ich bin erledigt.« Völlig entnervt beobachtete Kitty, wie ihr sonst so ruhiger Freund um Fassung rang.
»Siehst du, genau das meine ich, Kitty.«
»Was?«
»Du hörst dich so … so schnodderig an, wenn du über das alles sprichst.«
»Schnodderig? Ich hab Panik, Steve!«
»Du bist deinetwegen panisch, wegen ›Katherine Logan, Fernsehjournalistin‹«, sagte er und malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft.
»Nein, nicht nur deswegen.« Sie musste schlucken. »Ich mache mir auch echt Sorgen wegen meines Jobs bei Etcetera . Es steht eine Menge auf dem Spiel für mich, Steve.«
Er lachte, aber es klang nicht fröhlich. »Genau. Da schon wieder. Die ganze Zeit höre ich von dir nur, dass dein Name, dein Ruf, deine Arbeit ruiniert ist. Es geht immer um dich. Wenn du mir dann auch noch erzählst, dass du versuchst, deinen Vermieter zu schikanieren, indem du ihm drohst, einen Artikel zu schreiben, dann macht mir das echt Sorgen. Du machst mir Sorgen.«
Er hörte auf, hin und her zu wandern, blieb stehen und fixierte sie. »Schon das ganze letzte Jahr.«
»Das ganze letzte Jahr ? Oh, okay, ich glaube, da hat sich jemand gehörig an was festgebissen«, entgegnete sie, einigermaßen geschockt. »Ich habe einen Fehler bei meiner Arbeit gemacht, aber das mit der Wohnung – das ist doch vollkommen harmlos! Warte mal, dabei fällt mir ein, dass du mal so getan hast, als hättest du in deinem Burger beim letzten Bissen ein Schamhaar gefunden, nur um noch einen umsonst zu kriegen. Was dir auch gelungen ist. Der arme Manager, du hast ihn vor den anderen Kunden so blamiert, er hatte gar keine andere Wahl.«
»Da war ich achtzehn«, erwiderte Steve leise. »Und du bist
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