Hundert Namen: Roman (German Edition)
dazu auch gehört, dass du mit mir ins Bett steigst?« Jetzt stemmte sie die Hände in die Hüften und baute sich vor ihm auf, bis ihr Gesicht so dicht vor seinem war, dass sie sah, wie bei jedem ihrer Worte ein kleiner Spucketropfen auf seiner Haut landete. Er war so dreist, sie deswegen betreten anzuglotzen.
»Also … weißt du, das war nicht vorgesehen, ich hatte einfach zu viel getrunken. Aber das hätte nicht passieren sollen.«
Kitty traute ihren Ohren nicht. So oft hatte sie sich dieses Gespräch vorgestellt, hatte sich ausgemalt, wie sie stinkwütend, aber höchst eloquent Beleidigungen mit lebensverändernden Auswirkungen auf ihn abfeuerte, wie er daraufhin betroffen den Kopf hängen ließ und von sich selbst so angewidert war, dass er es kaum in Worte fassen konnte, was er aber trotzdem tat, und zwar ebenso detailliert und ausgefeilt wie sie. Aber hier stand sie nun vor diesem Kerl, der es nicht einmal fertigbrachte, sich zu entschuldigen, und der selbst unter Druck nur bereit war zuzugeben, dass es ihm leidtat, mit ihr geschlafen zu haben. Dabei war der Sex das einzig Anständige, na ja, halbwegs Anständige dieser Nacht gewesen. Kittys Zorn war so gewaltig, dass sie am ganzen Körper zitterte, aber sie wollte auf gar keinen Fall weinen – alles, nur nicht diesem gefühllosen Scheißkerl zeigen, wie sehr er sie verletzt hatte. Sie suchte nach dem Schlimmsten und Verletzendsten, was sie ihm an den Kopf werfen könnte, zermarterte sich das Hirn. Die Zeit verstrich, während sie stumm in sein zerschundenes Gesicht starrte, bis sie auf einmal merkte, dass er mit ihr redete.
»Aber das war noch lange kein Grund, deinen Bodyguard auf mich zu hetzen. Das war lächerlich, Kitty, und du kannst von Glück sagen, dass ich keine Anzeige erstattet oder jemandem gesagt habe, wer dafür verantwortlich ist. Denn dann hättest du unter Garantie noch wesentlich mehr Ärger am Hals, das kannst du mir glauben.«
»Mein Bodyguard? Was redest du denn da? Ich hab überhaupt niemanden auf dich ›gehetzt‹. Glaub mir, ich hätte dich gern persönlich so zugerichtet. Also hör auf, mich zu beschuldigen, und überleg, wen du sonst noch durch deinen dreckigen Job beleidigt hast.«
Jetzt versuchte er tatsächlich zu grinsen, was ihm aber nicht gelang, denn als seine Lippe sich spannte, quoll frisches Blut aus der Wunde. »Zuerst mal ist mein dreckiger Job, wie du ihn nennst, genau der gleiche wie deiner, wir sitzen also im selben Boot, Kitty Logan. Und zweitens – hast du Ärger gekriegt mit deinem Bodyguard oder Freund oder was auch immer? War er vielleicht sauer, weil du die Nacht mit mir verbracht hast, Kitty?«, fragte er süffisant. »Das letzte Mal hat Steve Jackson sich über mich geärgert, als ich in der College-Bar aus Versehen sein Bierglas umgeschmissen habe, deshalb kannst du sicher sein, dass ich weiß, wer mich angegriffen hat – und warum.«
»Steve? Steve hat dich so zugerichtet?«
»Willst du mir vormachen, du wüsstest nichts davon? Genau wie bei Thirty Minutes , als du auch so unschuldig getan hast, als hättest du von nichts eine Ahnung? Mir ist meine Zeit echt zu schade, um sie für so was zu verschwenden, also gib mir jetzt meine Jacke.«
Am liebsten hätte Kitty auch sein anderes Auge in eine Pflaume verwandelt, aber sie war so geschockt von seiner Dreistigkeit und von der Enthüllung, dass Steve ihn verprügelt hatte, dass sie ohne lange nachzudenken die Tür aufschloss, sein Jackett von der Couch holte, auf die sie es geworfen hatte, und es ihm brachte.
»Lass dich hier nie wieder blicken«, sagte sie mit fester Stimme, als sie es ihm überreichte.
Er musterte sie amüsiert, drehte sich dann um und begann die Treppe hinunterzugehen. »Warte mal.« Er blieb stehen und kam wieder hoch. »Wo ist mein USB-Stick?«
»Was denn für ein USB-Stick?«
»Der USB-Stick aus meiner Tasche. Deshalb bin ich doch hier. Mein Roman ist auf dem Stick.« Wie er da panisch die Taschen seines Jacketts durchsuchte, hatte er plötzlich Ähnlichkeit mit einem ängstlichen Schuljungen.
»Tja, ich hab deinen USB-Stick nicht. Vielleicht solltest du mal in der Reinigung nachfragen, womöglich haben die ihn für dich dampfgebügelt.«
Er verfiel immer mehr in Panik. »Nein, im Ernst, hast du ihn? Das ist meine einzige Version von dem Buch.«
»Na, dann hättest du lieber ein Backup machen sollen.« Kitty verschränkte die Arme und genoss es, ihn leiden zu sehen.
»Das war ja mein Back-up, mein Computer ist
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