Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
einfach, es sind meine alten Haare, aber … aber das Gesicht ist anders, und das fühlt sich irgendwie nicht richtig an.«
    »Kein Problem.« Mit einer raschen Handbewegung entfernte Mary-Rose die Perücke, und Dianes kahler Kopf kam zum Vorschein.
    Diane schluckte.
    Der Kontrast zwischen ihrem geschminkten Gesicht und der bleichen Kopfhaut war krass.
    »Ich benutze einfach meinen Zauberpinsel«, sagte Mary-Rose munter. »Aber ich muss Sie warnen – es kitzelt vielleicht.«
    »Darf ich helfen?«, fragte Tanya lachend.
    Kitty trat ein paar Schritte zurück und beobachtete staunend, wie Mary-Rose und Tanya Dianes Kopf puderten und alle drei herzhaft lachten.

    »Tja, hier sind wir fertig«, sagte Mary-Rose mit zufriedenem Gesicht, als die Tür sich hinter Tanya schloss, die ihre Mutter im Rollstuhl zur Hochzeitszeremonie in den Sitzungssaal des Krankenhauses schob. Die Krankenschwestern folgten den beiden, voller Freude über das fröhliche Ereignis auf ihrer Station.
    »Was glaubst du, wie lange sie noch zu leben hat?«, fragte Kitty.
    »Ich hab sie nicht gefragt, aber ich schätze, ein paar Monate«, antwortete Mary-Rose und begann, ihre Frisiersachen einzupacken und aufzuräumen.
    »Wie machst du das bloß?« Kitty setzte sich. Sie war völlig erschöpft.
    »Es ist nicht leicht, aber es ist auch nicht alles nur schlimm … Ich hab früher nicht an die Ehe geglaubt. Meine Mum und mein Dad haben sich getrennt, als ich noch klein war. Das war hässlich und kein gutes Vorbild, aber jetzt heiraten viele von meinen Freunden, und ich mache den meisten die Haare. Jede Braut ist nervös, aus unterschiedlichen Gründen, ob sie krank ist oder nicht, man muss nur beurteilen, ob sie plaudern möchte oder nicht. Manche sind lieber still. Der größte Unterschied ist, dass meine Freunde oft Panik kriegen vor dem ›Für immer‹-Teil. Manche sind schlicht überfordert von dem Gedanken, für immer zusammenbleiben zu müssen, während Diane Angst hat, dass das ›Für immer‹ viel zu kurz ist. Wenn ich heirate, möchte ich es machen wie Diane und gegen besseres Wissen und gegen alle Hoffnung hoffen, dass es ewig hält.«

    Einmal pro Woche führte Mary-Rose ihre Mutter zum Lunch in die City aus. Darauf bestand sie, und diese Woche hatte sie das Powerscourt Centre ausgesucht. Powerscourt Townhouse war ein schickes Boutiquen-Kaufhaus in einem georgianischen Gebäude in der Nähe der Grafton Street. Früher einmal war es das Stadt- und Ballhaus des dritten Powerscourt-Vicomte Richard Wingfield und seiner Frau Lady Amelia gewesen, heute war es ein beliebter Treffpunkt zum Essen und Shoppen. Das Restaurant lag mitten im überdachten Innenhof, auf den man von den Galerien an beiden Seiten des Gebäudes hinunterblicken konnte. Neben ihnen spielte leise ein Klavier, und als ob Kitty heute nicht schon genug unbehagliche Augenblicke mit kranken Menschen gehabt hätte, stand ihr nun also ein Essen mit Mary-Rose und ihrer Mutter bevor, die sie wegen deren Gesichtslähmung nur sehr schwer verstehen konnte. Wie im Krankenhaus übernahm Mary-Rose auch hier die Rolle der Vermittlerin. Kitty war gerade dabei, Mary-Roses Mutter zu erklären, was genau sie mit ihrer Tochter zu tun hatte, als eine laute Männerstimme alle Gespräche zum Erliegen brachte.
    »O nein«, rief Mary-Rose, als sie auf der Haupttreppe zum Einkaufsbereich Sam entdeckte, der ein Mikrophon in der Hand hielt.
    »Ladys und Gentlemen, dürfte ich um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten«, rief er und klopfte auf das Mikro. Sofort spitzten alle die Ohren. »Ich werde Ihre Zeit nicht lange in Anspruch nehmen, denn ich weiß, dass Sie alle in Ihrer Mittagspause Wert legen auf ein wenig Ruhe und Erholung, aber in Ihrer Mitte befindet sich eine ganz besondere junge Frau, der ich etwas ganz Besonderes sagen muss.«
    Aufgeregtes Gemurmel breitete sich aus.
    »Margaret Posslewaite, bist du da?«
    Mary-Rose stöhnte.
    »Maggie, bist du da?«, fragte er noch einmal.
    Mary-Roses Mutter stupste ihre Tochter an, und Mary-Rose hob die eine Hand, während die andere ihr Gesicht verdeckte.
    »Da ist sie ja!«, rief er. »Maggie, ich muss dich in Anwesenheit all dieser Menschen etwas fragen.«
    Die immer gleichen Reaktionen setzten auch heute ein: Einige Gäste hielten gespannt die Luft an, andere stießen vor Aufregung spitze Schreie aus, manche jubelten, andere verdrehten zynisch die Augen. Sam nickte dem Pianisten zu, und dieser begann Moon River aus dem Audrey-Hepburn-Film Frühstück

Weitere Kostenlose Bücher