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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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parkte ich trotz des Zwischenstopps beim Auswärtigen Amt immer noch fünf Minuten vor dem offiziellen Konferenzbeginn in der Tiefgarage der Innenverwaltung.

    »Konferenz Dr. Zentis/Staatssekretär Müller: Besprechungsraum 5, 2. Stock« informierte mich ein Hinweisschild im Foyer. Bei »2. Stock« brauchte ich mich wenigstens nicht dem Fahrstuhl anzuvertrauen.

    Die meisten Kliniken hatten, dem Thema »Katastrophenvorsorge« gemäß, ihre leitenden Notärzte geschickt. Der Kollege vom Urban-Krankenhaus schaute sich nach einem Büffet um, vergeblich.

    »Was is'n das für 'ne Besprechung? Nich mal Würstchen mit Kartoffelsalat ham die hier!«

    Ärzte sind immer am Verhungern. Fühlen sich andere Berufsgruppen auch ständig vom Hungertod bedroht?

    Natürlich wurde es die Show von Dr. Zentis. Staatssekretär Müller sprach ein paar einleitende Worte und hing in der Folge ehrfurchtsvoll an Zentis' Lippen, der es sich nicht nehmen ließ, stolz und mit einer Menge Dias die eigene Bedeutung und die Wichtigkeit seiner Bedrohungsanalyse zu unterstreichen. Ich döste vor mich hin, hatten mir seine Statistiken doch schon neulich den Abend unterhaltsam verkürzt, konnte ihm aber sein Referat nicht verdenken, denn mindestens die Hälfte der mir bekannten Mediziner liest prinzipiell nicht.

    »Bisher sind wir noch mit jeder Situation fertig geworden«, beschwerte sich am Ende unser leitender Notarzt, Dr. Vogel, den ich zu meiner Unterstützung mitgebracht hatte. »Zum Beispiel bei der Bombe im La Belle! Fast dreihundert Verletzte, alle waren innerhalb kürzester Zeit vor Ort notversorgt und ratzfatz in einer Klinik. Und so 'ne World Trade Türme gibt's in Berlin nicht, oder?«

    Dr. Zentis und Staatssekretär Müller waren weit davon entfernt, sich ihr Projekt durch kleinliche Einwände kaputtmachen zu lassen.

    »Es sind Szenarien vorstellbar, auch hier in Berlin, da würden Sie wünschen, lieber am 11. September in New York gewesen zu sein.«

    Wir einigten uns, bald eine Katastrophenübung durchzuführen, zur Überprüfung der aktuellen Kommunikationswege, der Einsatzkräfte und der klinischen Versorgungsmöglichkeiten. Dann wurden Posten verteilt, und trotz der allgemeinen Beliebtheit von Posten blieb ich am Schluß auf dem des Katastrophen-Koordinators für die Berliner Bezirke Charlottenburg/ Wilmersdorf und Steglitz/Zehlendorf sitzen. Na schön, ein Posten mehr würde mich nicht umbringen. Schließlich hatte Zentis, dem die Gesamtorganisation oblag, zusätzlich das dichtbesiedelte Marzahn/Hellersdorf übernommen. Außerdem stand jetzt erst einmal ein klinikfreies Wochenende bevor. Ich schaltete endgültig ab.

Kapitel 8

    Für das Dinner mit Beate am Sonntagabend hatte ich auf ein altbewährtes Rezept zurückgegriffen: Schweinemedaillons auf grünen Bohnen, Cherrytomaten und Zwiebeln mit Roquefort überbacken. Einer meiner beliebten Standards, gelingt fast immer. Ohne allzu tiefgründig über die Gründe hierfür zu spekulieren, war mir wichtig, daß meine Dinnereinladung für Beate gelang.

    »Das schmeckt ja köstlich! Gibt es noch mehr davon?«

    Na bitte! Beate hatte den Wein beigesteuert. Sie trug ihre blonden Haare inklusive der getönten Strähnen offen, dazu einen Hauch von Kleid, in der Länge gerade noch ihrem Alter angemessen, und einen lockeren Duft von Frühling und Sommer in meine Wohnung.

    Celine hatte nie Parfüm benutzt. »Kommerzialisierte Weiblichkeit« hatte sie das genannt und auf die Tierversuche in der Kosmetikindustrie verwiesen. Die Wahrheit ist, sie brauchte weder Schminke noch Parfüm. Vielleicht Beate eigentlich auch nicht. Aber irgendwie, und das meine ich nicht negativ, paßten Schminke und getönte Haarsträhnen ganz gut zu Beate.

    Wir hatten uns erst einmal weitgehend auf das Essen konzentriert, einigten uns jetzt aber auf eine kleine Pause vor der zweiten Portion. Mir war in den Sinn gekommen, daß ich gar nicht wußte, was Beate neben ihrer Arbeit für unsere Klinik und der Tatsache, Celines beste Freundin zu sein, sonst so trieb. Genauer, ob sie jemandem absagen mußte, um an diesem Sonntagabend mit Dr. Hoffmann zu essen. Vorsichtig formulierte ich meine entsprechende Frage.

    »Felix, in unserem Alter hat jeder irgendeine Art Beziehung, mehr oder weniger.«

    »Und wie ist deine? Mehr oder weniger?«

    Beate hob die ärmelfreien Schultern.

    »Jedenfalls nicht das, was du und Celine hatten.«

    Exakt darüber hatte ich in den letzten Wochen viel nachgedacht, was genau hatten Celine

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