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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Inhalt der aufgebrochenen Holzkiste.

    Wir stiegen hinunter in den Klinikkeller. Gespannt wartete ich, während er, ein Bier aus unserer Cafeteria in der Hand, den Apparat untersuchte.

    »Das ist nie und nimmer eine Wasseraufbereitungsanlage!«

    Dieser Verdacht war mir inzwischen auch schon gekommen, trotzdem fragte ich nach.

    »Bist du sicher?«

    »Ganz sicher. Keine Ahnung, was es ist, aber schau dir zum Beispiel diese Dichtungen an. Das sind keine Dichtungen für eine Wasserleitung oder Wasserpumpe, das sind extrem belastbare und extrem sichere Gasdichtungen. Also für Gase, die unter hohem Druck stehen und auf keinen Fall entweichen dürfen. Nie im Leben würdest du derart teure Dichtungen in eine normale Wasseraufbereitungsanlage einbauen!«

    Ich setzte mich auf den nackten Betonboden. Langsam kam ein gewisser Sinn in die Geschichte. Celine war benutzt worden, wir alle waren benutzt worden. Michael hatte das selbstverständlich auch kapiert.

    »Man hat mit euch gespielt. Dein Freund Sommer baut extrem belastbare Gasdichtungen in Wasseraufbereitungsanlagen ein und schmuggelt so kriegswichtige Embargoteile zu Onkel Saddam.«

    Aufmerksam hörte ich Michael zu. Er hatte recht, der deutsche Mittelstand hat eine gewisse Tradition in der Unterstützung embargogeschädigter Potentaten, hatte doch die Firma Imhausen-Chemie in den achtziger Jahren eine komplette Giftgasfabrik an Gaddafi geliefert! Und plötzlich fiel mir ein, woher mir dieses Ding in der Holzkiste so bekannt vorkam. Ich stand auf und wischte mir den Hosenboden ab.

    »Komm mit zu mir auf ein anständiges Bier, Michael. Ich möchte dir etwas zeigen.«

    Bei mir zu Hause mußte sich Michael dann noch ein wenig gedulden, bis ich die Anleitungen für den Bau von Biobomben, Giftgasgranaten und so weiter, die Kollege Zentis neulich bei der Abschlußkonferenz verteilt hatte, gefunden hatte. Zu viele Biere? Zu viele Nachtdienste? Zu viel Alter? Ich war eigentlich sicher, daß ich die Unterlagen auf dem ständig wachsenden Noch-zu-erledigen-Stapel im Bücherregal zwischengelagert hatte. Aber da fand ich sie nicht. Hatte ich sie zuletzt im Bett gelesen? Am Schreibtisch? In der Küche? Zu finden waren sie auch dort nicht. Schließlich lagen sie doch im Regal, nur auf dem falschen Stapel, auf dem Wird-sich-wohl-von-selbst-erledigen-Stapel. Seltsam! Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, daß ich je angenommen haben sollte, Zentis' Spielchen würden sich von selbst erledigen.

    »Stimmt was nicht?« fragte Michael.

    Ich überging seine Frage, konnte ich ihm doch zeigen, was da als humanitäre Spende für den Irak im Klinikkeller lagerte: ein Ultrafeinstvernebler neuester Bauart, wie man ihn zur großtechnischen Herstellung von Giftgas braucht.

    »Ach du dickes Ei! Du hast recht, das ist genau so ein Ding wie in eurem Keller.« Michael legte die Broschüre über Giftgas-Produktion zur Seite. »Was sollen wir jetzt machen?«

    Ich war ihm dankbar für das »wir«, hatte aber auch keine Idee. Michael hingegen kam immerhin mit einem pragmatischen Vorschlag.

    »Auf jeden Fall sollten wir das Ding da erst einmal wegschaffen, bis wir weiter wissen!« meinte er und griff zum Telefon.

    Ich war froh, daß jemand die Initiative übernommen hatte. Und offensichtlich mit Erfolg.

    »Am Sonntag können wir einen Transporter bekommen, Felix.«

    »Und wohin dann damit?«

    »Wir schaffen es auf den Bauernhof meiner Oma. Da steht schon das ganze Gerümpel von meiner Scheidung. Vielleicht kann Oma das gute Stück in ihrer Obstsaftproduktion einsetzen.«

    Ein vernünftiger erster Schritt, fand ich, aber es sollte anders kommen: Als Michael am Sonntag breit grinsend mit dem geborgten Kleintransporter vorfuhr, war dieses Mal die Tür zu unserem Lager zwar ordentlich verschlossen, die angebliche Trinkwasseraufbereitungsanlage aber verschwunden. Hatte im Irak bereits die Obsternte begonnen?

Kapitel 19

    Beate hatte das Wochenende irgendwo im Umland Berlins verbracht, auf einer bestimmt unheimlich spannenden Konferenz der Verwaltungsleiter aller Vital-Kliniken. Wir waren für den Sonntagabend verabredet, deshalb hatte ich sie nicht gleich nach unserer Entdeckung angerufen. Jetzt war sie am Telefon.

    »Felix, mein Lieber, können wir uns vertagen? Das war ein anstrengendes Wochenende mit meinen Herren und Damen Kollegen, ich will nur noch ins Bett.«

    Ohne in Einzelheiten zu gehen, sagte ich ihr, daß wir uns unbedingt sehen müßten und daß es eine Weile dauern

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