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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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ärztlichen Tätigkeiten und eine gute Art, den Samstag über die Runden zu bringen.

    Am Abend rief Michael an.

    »Felix, gibt's was Neues?«

    Es gab tatsächlich was Neues. Seit wir uns zuletzt gesehen hatten, hatte ich Celine mit ihrer besten Freundin betrogen und ihre verängstigten Eltern beschimpft.

    Ich murmelte etwas Unverständliches. Michael interpretierte das als Hinweis auf die Möglichkeit, daß Telefonleitungen abgehört werden können, und verschlüsselte seine Antwort entsprechend.

    »Hör zu, Felix. Es geht um diese Nachricht von dem Muschelsammelverein, über die wir vorgestern gesprochen haben. Du kannst sie löschen. Alles klar?«

    »Alles klar, Michael. Mach ich.«

    Mir war tatsächlich klar, was er meinte: Ich sollte sofort Celines E-Mail löschen. Michael kannte meine Marotte, meine E-Mails nicht wie jeder normale Mensch über Outlook Express abzurufen. Anders als Celine vermute ich zwar nicht hinter jeder Volkszählung eine weltweite Verschwörung, teile aber die relativ verbreitete Vorsicht, was die Produkte von Microsoft und das Recht auf Anonymität meiner Daten angeht.

    Ich rief meinen Provider auf und dort meine E-Mail-Datei. Aber irgend jemand hatte mir die Arbeit abgenommen, Celines E-Mail war bereits gelöscht.

    Später an diesem Abend ging noch ein paar Mal das Telefon. Ich nahm nicht ab. Wahrscheinlich war es Beate, und ich wußte noch nicht, was ich sagen oder wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte.

    Das restliche Wochenende fand mich unentschlossen und übellaunig. Unentschlossen zu der Frage, ob ich Michael oder Beate oder beiden über meinen Besuch bei Celines Eltern berichten und in meinen neuen Plan einweihen sollte. Übellaunig wohl aus Unsicherheit und Mißbehagen gegenüber Beate. Ich hatte mir einiges zurechtgelegt für den Morgen danach. Aber nach meinen ersten zwei, drei verschlafenen Worten hatte mir Beate den Finger auf den Mund gelegt.

    »Laß es, Felix. Mach dir keinen Streß. Du hast einfach ausgesehen, als bräuchtest du es.«

    Dr. Hoffmann als Bedürftiger? Als Sexualhilfeempfänger von Beates Gnaden? Das entsprach nicht ganz meinem Selbstverständnis. Ich rief Michael an, und er sagte erfreut zu, das Wochenende mit einem gemeinsamen Bier ausklingen zu lassen.

    Wir trafen uns im Waldhaus, wo wir sofort von dieser Geruchsmischung aus Bier, Zigarettenrauch und Menschen umgeben waren, die man zu Hause einfach nicht authentisch hin- und für Tage nicht aus den Klamotten hinausbekommt.

    »Hast du die E-Mail gelöscht, Felix?«

    Ich erzählte ihm, daß das schon jemand für mich erledigt hatte. Michael dachte nach.

    »Bist du sicher, daß du sie nicht am Donnerstag gleich selbst gelöscht hast?«

    Eigentlich war ich sicher. Andererseits wollte ich nach meinem Samstagsbesuch in der Klinik lieber nicht darauf wetten.

    »Es könnte natürlich auch sein«, fuhr Michael fort, »unsere gute Celine hat da so einen Selbstzerstörungsmechanismus in ihre Mail eingebaut.«

    »Ich dachte, so etwas gibt es nur in ›Cobra, übernehmen Sie!‹«

    Michael schaute mit übertriebener Vorsicht über beide Schultern und beugte sich dann ganz nahe zu mir.

    »Nicht so laut, Felix! Man könnte dich hören. Diese Serie gibt es schon seit über zwanzig Jahren nicht mehr!«

    Michael behielt seine konspirative Haltung bei.

    »Übrigens, Dr. Hoffmann, du hast es neulich mit Beate getrieben, oder?«

    »Woher willst du das wissen, Michael?«

    »Das stand euch ins Gesicht geschrieben, als ihr abgefahren seid. Das war doch jedem klar.«

    Interessant. Mir nicht.

    »Außerdem war es vielleicht eure letzte Chance vor Celines Rückkehr. Also, Dr. Hoffmann. Wie war's?«

    Ich berichtete von Beates Morgenkommentar.

    »Das hat sie wirklich gesagt? Spitze, Felix!« Michael prustete, die Hälfte seines Biers landete auf dem Kneipentisch und auf meinem Hemd. »Zeigst du mir, wie ich aussehen muß, um auch diese Art von weiblicher Fürsorge zu bekommen?«

    Lachend bestellte ich uns ein zweites Bier. Wie häufig, wenn ich mit Michael zusammen war, beschlich mich der Verdacht, daß die Welt vielleicht gar nicht so schwierig war, wie ich sie mir machte.

Kapitel 25

    Manchmal treffe ich Beate eine ganze Woche lang nicht in der Klinik. Am Montagmorgen hingegen wäre ich fast schon in der Lobby mit ihr zusammengestoßen, gerade noch rechtzeitig konnte ich in Richtung Schwangerenberatung abbiegen. An diesem Vormittag schien Beate allgegenwärtig zu sein, aber immer wieder schaffte ich

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