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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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zerrissenen Familie zu nahe kamen. Ein einziges Mal hatte Askild Großmut gezeigt; der Bengel hatte gestohlen, sich mit den Rädern im Schuppen wichtig gemacht, und Großvater hatte ihm zur Belohnung ein neues Fahrrad gekauft. Das war nach Askilds Ansicht mehr, als andere Väter in vergleichbaren Situationen getan hätten, und was war der Dank? Der Sohn brannte durch! Wenige Wochen nach seinem Verschwinden war Askild noch immer so wütend auf Knut, daß er Es brennt in Bergen von seinem Ehrenplatz im Wohnzimmer abnahm – es war das Bild, das er nach der Episode mit dem Waldbrand und dem lockersitzenden Spazierstock gemalt hatte –, und nur einige wenige Tage danach holte Askild ein anderes Gemälde heraus. Der Arzt und das Skalpell , dieses gräßliche und in hohem Maß mißglückte Bild, das nach der Diagnose der Krankheit seiner Tochter vor fünfzehn Jahren im Affekt entstanden war und nun dort hängen sollte, wo ehemals Es brennt in Bergen gehangen hatte.
    »Teufel auch, sie wird niemals davonlaufen«, sagte Askild und fügte mit düsterem Blick hinzu: »Aber erst muß es gerahmt werden.«
    Es war Segelohr, der in die Rahmenwerkstatt geschickt wurde. Zuvor hatte Askild einen halben Tag darauf verwandt, ihn über Rahmen zu belehren, aber auch andere, in höchstem Maß verwirrende Instruktionen hatte er bekommen. Es schien fast so, als wäre die eigentliche Rahmung eine untergeordnete Angelegenheit, als gäbe es eine sozusagen geheime Tagesordnung, mit der ihn sein Vater losschickte.
    So ging Niels junior mit Der Arzt und das Skalpell unter dem Arm in die Stadt. Und mit einemmal hatte er das Gefühl, sich in einer Leere zu bewegen, zwischen einem Zuvor und einem Danach, einem leeren Raum, den Knut bereits durchquert hatte, als er an Bord des großen Schiffes ging, aber soweit bin ich noch nicht , dachte er. Empfänglich für das Phänomen, das wir Schicksal nennen, öffnete er eine halbe Stunde später die Tür der Rahmenwerkstatt und sah in der entlegensten Ecke des Ladens eine Frauengestalt, die ihm den Rücken zuwandte.
    »Ich würde gern den Inhaber sprechen«, sagte er, und sie drehte sich um und antwortete, indem sie mit dem Finger auf eine Stelle zwischen ihren Brüsten zeigte: »Sie sitzt hier.«
    Ohne zu übertreiben, Segelohr sperrte Mund und Nase auf. Nicht aufgrund des Anblicks eines weiblichen Inhabers, denn Askild hatte nur gesagt, daß ein älterer, verwirrter Mann für die alltäglichen Geschäfte des Ladens zuständig war (»Total plemplem«, hatte Askild gesagt, »wahrscheinlich kennt er nicht mal das derzeitige Preisniveau, also geh zu dem Trottel, Junge, sag direkt, was du willst …«). Auch nicht, weil er sie kaum nach den Geschichten fragen konnte, die mehr als zwanzig Jahre her waren (»Finde heraus, was er während des Krieges gemacht hat, frag ihn – am besten so nebenbei –, ob er in Deutschland gewesen ist; denn ich will bei ihm nichts kaufen, wenn er irgendwie Dreck am Stecken hat«). Und auch nicht, weil er die junge Frau, die nun weniger als zwei Meter von ihm entfernt stand und ihn verwundert ansah, anziehend fand. Nein, Segelohr staunte, weil sie ihn an etwas erinnerte, an das er sich nicht mehr so genau entsinnen konnte, und dennoch, hatte er sie nicht schon einmal gesehen? Hatte sie nicht etwas Wohlbekanntes an sich? Hatte er nicht einmal mit seinem Kopf in ihrem Schoß gelegen, und hatte sie ihm nicht sanft übers Haar gestrichen …
    Zum Teufel , dachte er, als eine plötzliche Erinnerung an die frühen Traumwälder der Pubertät ihm die Beine wegriß, ist sie es wirklich?

Unter Engeln und Stiefmüttern
    G ott kam heute nacht, um deine Kätzchen zu holen«, hatte der ehemalige Inhaber der Rahmenwerkstatt, Hans Carlo Petersen, einmal zu seiner sechsjährigen Tochter Leila gesagt und ihr dabei mit derselben Hand tröstend den Kopf getätschelt, mit der er am Abend zuvor die sieben Katzenjungen der Tochter in einen Sack gesteckt und sie im Bach hinter dem Haus ersäuft hatte. Leila, die von ihrem Vater gerade ein großes Eis bekommen hatte, spürte, wie sich etwas Bitteres in den Geschmack des Sahneeises mischte; und als der Vater sie fünf Jahre später im Haus der Tante abholte und mit ihr zu einem Waldsee fuhr, wo er ihr das größte Eis der Eisbude schenkte, bevor er sagte: »Gott kam heute nacht, um deine Mutter zu holen«, blieb nicht nur eine große Trauer, sondern auch ein nachhaltiger Abscheu vor Gott und süßen Sachen, den Hans Carlo Petersen seiner Tochter mit

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