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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Wohnzimmer in einen großen hellen Raum verwandelte, und laut Stinne benahm sich Vater ziemlich eigenartig: »Hallo! Hilfst du mir beim Malen? Was habt ihr heute in der Schule gemacht? Und wie geht’s eigentlich?«
    Stinne antwortete: »Nein. Nichts Besonderes. Ganz gut« – und ging ins Bad. Ich selbst fuhr nach der Schule in den Tunøvej, half Großmutter, Randi zu füttern, und hörte mir die Klagen über ihr tristes Dasein an, nachdem sie selbst in Rente gegangen war. Ich selbst kam zu spät, um mitzuerleben, wie Vater im Wohnzimmer herumhüpfte, übersät mit weißen Flecken.
    Auch Mutter kam nach Hause, die Stimmung zwischen den beiden hatte sich allerdings nicht verbessert. Sie zog sich in die Küche zurück und klapperte mit den Töpfen. Wieso mußte sie eigentlich immer kochen? Im Grunde hatte sich doch überhaupt nichts geändert, seit Frau Mutter sie in grauer Vorzeit in ein Küchenmädchen verwandelt hatte! Niels strich weiterhin das Wohnzimmer, und am frühen Abend klingelte das Telephon.
    »Halsentzündung, was? Du bist vielleicht gut. Du mußt jemanden treffen«, sagte der Spundpfropfen und klang leicht angetrunken. »Sieh zu, daß du loskommst.«
    »Nicht heute, okay?« erwiderte Niels junior Segelohr. Er hatte keine Lust auf Gesellschaft, das Wohnzimmer war erst halb fertig, alles lag noch herum, und er wußte genau, daß er Spundpfropfens Bergsteigerin vorgestellt werden sollte. Das gesamte letzte Jahr hatte er ständig von ihr geredet. Im Büro des Partners hing eine Postkarte des schneebedeckten Everest, und obwohl Niels immer an eine Vision von Grönland erinnert wurde, hatte er sich nie die Mühe gemacht, die Postkarte einmal umzudrehen.
    Er zog sich nicht um. Dachte nicht daran, daß er auf dem Weg zu einem der vornehmsten Restaurants der Stadt war. Es fiel ihm auch nicht auf, wie seltsam er aussah. Die zerschlissene Kleidung, überall Farbkleckse, sogar das Gesicht war gesprenkelt. Jedesmal, wenn er blinzelte, sah er die weißen Perlen, die ihm in den Wimpern hingen. Aber es war ihm egal, und er sagte sich, daß er nicht länger als eine halbe Stunde mit den instabilen Damenbekanntschaften des Spundpfropfens vergeuden wollte, dann würde er wieder nach Hause fahren …
    »Wo ist sie?« fragte Niels, als er kurz darauf ins Restaurant trat und irritiert den starren Blick des Kellners registrierte.
    »Pudert sich die Nase, weißt du«, kicherte der Spundpfropfen. »Sag mal, wie siehst du eigentlich aus? Halsentzündung, was? Du bist gut! Planen wir, in der Malerbranche zu investieren?«
    Niels war nicht in der Stimmung, mit dem Spundpfropfen herumzualbern. Er setzte sich und begann, ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln. Der Kellner taxierte ihn noch immer – starrten die Leute seinen Vater auch ständig so an? Der Kellner wußte ganz genau, wer er war, und irritiert darüber, daß sich das Wohlwollen des Kellnerns offenbar auf seine Kleidung begrenzte, begann Niels zurückzustarren, bis der Kellner seinem Blick auswich.
    »Deine Bergsteigerin, wie heißt sie überhaupt?« fragte Niels, der bereits einiges über die neueste Bekanntschaft des Spundpfropfens wußte, obwohl er eigentlich nur mit einem halben Ohr hingehört hatte. Ihre Ehe mit einem wohlhabenden älteren Kanadier, der vor einigen Jahren gestorben war. Ihre Expeditionen auf dem Inlandeis Grönlands als Jugendliche; ihr Traum, den Nordpol mit einem Hundeschlitten zu erreichen – der erste Versuch scheiterte wegen eines Schneesturms, aber später hatte sie es trotz eines verstauchten Fußes und einer kleineren Auseinandersetzung mit einem Eisbären geschafft. Sie erreichte den Nordpol, doch das war lediglich der Anfang, dann erwachte ihre Begeisterung für die Berge. Zunächst die Abteilung Kleinigkeiten, wie sie es gern ausdrückte, während sie nachsichtig den Kopf schüttelte: Kilimandscharo, Cotopaxi – und seither eher halsbrecherische Unternehmungen: Mont Blanc, Aconcagua … Die Bergsteigerin hatte nie vergessen, wie sie einst im Garten des Ålborger Nyboværftsvejs auf dem höchsten Zweig einer Ulme stand und wie ein Affe im Wind schaukelte. Der Himalaja war zu entdecken, Ganesh Himal, Langtang Lirung, Cho Oyu … immer näher an die absolute Ulme heran, das Dach der Welt, das Halsbrecherischste überhaupt, die ultimative Fahrradfahrt mit einer Binde vor den Augen, die erfolgreich absolviert wurde, als sie im Alter von sechsundzwanzig Jahren gemeinsam mit ihrem Freund McWalter ohne Sauerstoff den

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