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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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dass er auch noch schöne Hände hatte mit langen schlanken
Fingern. Frauen standen auf so was, oder?
    Gerhard erhob sich. »Na dann, morgen um halb acht
Frühstück?«
    »Ja, Mihnea ist um acht da, er will uns dann mit
Răzvan zusammenbringen. Dem gnade Gott!«
    Gerhard schlief sofort ein, das war eine seiner besten
Gaben, die ihm der liebe Himmelpapa mitgegeben hatte. Bettschweres Grübeln lag
ihm nicht. Der Kas war gebissen – so oder so.

SECHZEHN
    Das Frühstück fiel kurz aus, sie luden ihr Gepäck ins
Auto.
    »Hegen Sie weiterhin den Wunsch, nach Braşov
aufzubrechen?«, fragte Mihnea.
    Hegten sie? Er hegte vor allem den Wunsch, Răzvan zu
erwürgen, dachte Gerhard. »Wo ist Răzvan?«, fragte er deshalb.
    »Er wird uns treffen«, sagte Mihnea und nahm Gerhards
Sporttasche.
    Sie verließen die Stadt Richtung Norden, der Verkehr
wälzte sich stadteinwärts, wieder reihten sich die Bau- und Supermärkte. Ein
uniformes Europa, wo alle Holzleisten vom Praktiker verbauten, egal ob sie in
Riga, Warschau, Berlin, Barcelona oder Bukarest wohnten.
    Sie passierten alte Industrieanlagen und Ölpumpen, das
Land war flach und weit, die Straße brandneu, weit am Horizont sah man Berge.
Es war still im Auto, bedrückend still. Deshalb fragte Gerhard, um irgendwas zu
sagen: »Warum heißt es eigentlich Siebenbürgen?«
    »Darf ich Sie mit einer kleinen Geschichtsstunde
erfreuen?«, fragte Mihnea und fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort: »Im
ersten Jahrhundert schickten sich die Römer an, Dazien einzunehmen, und in
›Dacia Felix‹ entstand ein Völkergemisch aus Römern und Daziern. Ab dem dritten
Jahrhundert konnte man dem Ansturm diverser Völker standhalten, dann aber
fielen im neunten Jahrhundert die Ungarn ein. Die Adligen, die im Banat und in
Transsilvanien das Sagen hatten, leisteten erbitterten Widerstand, und der
Ungarnkönig Géza musste Hilfe holen. Die fand er in Form der Sachsen, die er
mit Privilegien ausstattete und die jene sieben Burgen errichteten, heute die
sieben Siebenbürger Städte.«
    »Waren da nicht auch mal die Türken?«, fragte nun
Reiber.
    Mihnea strahlte ihn an. »Da liegen Sie richtig. Nach
der Schlacht bei Mohács in Südungarn kamen die Türken an die Macht, einige
Provinzen mussten Tribut an sie zahlen. Es gab immer wieder Bemühungen, sich
der Osmanen zu entledigen, nachhaltig war aber erst der
österreichisch-türkische Friedensvertrag von 1699 – und Transsilvanien stand
unter dem Protektorat des österreichischen Kaiserreichs. Von 1867 bis 1918 war
Transsilvanien Teil des k.u.k. Reichs.«
    Er formulierte so elegant, sein leichter Akzent hatte
etwas Aristokratisches. Inzwischen hatten sie die Berge erreicht, verspielte
Holzhäuser säumten den Weg, die Sonne tanzte in den Schneekristallen. Schnee,
der auf einmal lag und zunehmend mehr wurde.
    Mihnea stoppte in Sinaia, »der Perle der Karpaten. Der
Ort entstand um ein 1695 vollendetes Kloster, und Carol I. von
Hohenzollern-Sigmaringen war von dem Ort so bezaubert, dass er hier seine
Sommerresidenz bauen ließ. 1883 war das Schloss Peleş fertig, im Stil der
deutschen Neorenaissance. Ein bisschen kitschig, ein bisschen kokett – und in
seinem Dunstkreis kamen Adelige und Günstlinge und bauten jene typischen
verspielten Häuser, die Sinaia und dem benachbarten Buşteni den
unvergleichlichen Charme verleihen«, erzählte der Guide voller Inbrunst, und
Gerhard musste zugeben, dass er von Rumänien gar keine Vorstellung gehabt
hatte, schon gar nicht die von einem schroffen Bergland. Dass hier Leute mit geschulterten
Ski über die Straße liefen, war bizarr und doch logisch. Wo Berge waren, waren
auch Skifahrer.
    Mihnea parkte vor einem kleinen Café in einer
Seitenstraße. Es war schummrig im Inneren.
    Dort saß Răzvan. »Guten Morgen, meine lieben Freude.«
    »Na, Sie haben Nerven. Liebe Freunde! Da haben Sie uns
ja in eine tolle Situation gebracht gestern!«, brüllte Gerhard so laut, dass
die Kellnerin, die gerade an den Tisch getreten war, einen Satz rückwärts
machte.
    »Das war unvermeidbar«, sagte Răzvan sehr ruhig.
    »Unvermeidbar? Ich bitte Sie!«
    »Herr Weinzirl, wir wurden gestern im ›Caru‹
beobachtet. Diese Leute sind gefährlich. Die einzige Chance war die Flucht nach
vorn. Ich musste Sie in die Höhle des Löwen jagen«, sagte Răzvan.
    »Hätten Sie uns nicht vorwarnen können?«, fragte
Reiber.
    »Nein, so waren Sie unbeeinflusst, locker, spontan. So
war es besser.«
    »Ach was, das wissen Sie? Dass es so

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