Hundsleben
doch alles nicht passieren
müssen. Es war doch unter ihren eigenen Bildern.‹«
»Was?«
»Ja! Was? Eben!« Die Worte kamen wie kleine
Explosionen. Răzvan war sauer. Er war so kurz vor dem Ziel gewesen.
»Also sie meinte wohl, das Rauschgift war unter den
Bildern festgeklebt. Das macht doch Sinn. Jemand hat in Berlin diese Bilder
geklaut, weil die präpariert waren.« Gerhard horchte seinen eigenen Worten
hinterher.
Reiber war anzusehen, dass er total unter Anspannung
stand. »Răzvan, wir haben hier auch was Neues.« Sachlich und prägnant
berichtete er.
Er war eine Weile still, sehr still, bedrohlich still,
bis Răzvan sagte: »Dann haben wir zwei Verbrechen? Ihr Ehepaar Angerer hat
diese Leanora Pia Pfaffenbichler auf dem Gewissen, und mein Drogenkartell hat
in Berlin die Bilder geklaut. Gibt’s so was denn?«
Wieder war es ruhig. Der nächste Impuls kam von
Reiber. »Oder noch anders: Die Drogenmafia hat sie ermordet, die heiße Ware
geholt, und die Angerers sind nur für den Hundemord zuständig. Gibt’s so was?«
Es war wie eine Eruption, die aus Gerhard herausbrach.
»Nein, das gibt’s nicht. Ich weigere mich, an zwei Verbrechen zu glauben. Wir
machen einen Denkfehler. Răzvan, treiben Sie diesen Constantin auf, und ich
werde diese Angerers zum Reden bringen, und wenn ich sie foltern muss!« Das war
ihm so rausgerutscht.
Von Răzvan kam ein Glucksen. »Dafür wäre mein Land
besser in Übung. Wir bleiben in Kontakt. Ich finde Constantin, und wenn das das
Letzte ist, was mein Leben mir an Kurzweil zu bieten hat!«
Als er aufgelegt hatte, gab Evi ein »Puh« von sich,
sie stieß die Luft aus wie ein Blasebalg. »Das darf doch alles nicht wahr
sein.«
»So wahr wie das Leben«, stöhnte Reiber. »Dann wollen
wir mal sehen, was Angerers zu bieten haben.«
Erst mal hatte jeder von ihnen einen eigenen Anwalt zu
bieten; Sandra Angerer die Spitznase und Arthur Angerer einen alerten Mann, der
so jung aussah, als hätte er noch nicht mal sein erstes Staatsexamen hinter
sich. Sie befragten die beiden getrennt, Sandra Angerer blieb bei ihrer
Geschichte.
»Frau Angerer, Ihr Mann war die ganze Zeit in der
Nähe. Sein Lkw stand in Lechbruck. Das wollen Sie nicht gewusst haben?«
»Nein.«
Gerhard beobachtete sie sehr genau. Sie war immer so
cool gewesen, so entschlossen und trotz der Schicksalsschläge voller Energie.
Wenn auch negativer Energie. Aber jetzt lag etwas in ihren Augen, das wie
Schmerz aussah. Echter, tiefer Schmerz.
Arthur Angerer hatte eine fahle Gesichtsfarbe. Er sah
auf einmal deutlich älter aus. Und er war verstockt. Gerhard wiederholte seine
Frage, warum der Lkw in Lechbruck gestanden hatte, mehrmals. Nichts kam Angerer
über die Lippen. Der Anwalt hatte sich zu ihm hinübergebeugt und sagte dann:»Mein Mandant wird aussagen.«
Gerhard warf Reiber einen kurzen Blick zu. Würden sie
jetzt endlich erfahren, wer die Hunde aufgehängt hatte?
Angerer atmete tief durch, dann begann er zu sprechen.
Er tat sich schwer am Anfang, die Worte schienen irgendwo am Gaumen kleben zu
bleiben.
»Ja, es stimmt, ich war die ganze Zeit über in
Lechbruck.«
»Bis auf die Zeit, in der Sie ein paar arme Kreaturen
erhängt und einige Fotos geschossen haben. Mit denen Sie Ihre Frau nach Berlin
entsandt haben! Guter Plan!«, raunzte Gerhard ihn an.
»Ich habe mit den Hunden nichts zu tun. Und ich wusste
wirklich nicht, dass meine Frau nach Berlin gefahren ist. Wirklich!«
»Herr Angerer, dann waren Sie in Lechbruck, weil der
See im Winter so idyllisch ist? Herr Angerer, es reicht mir jetzt mit der
Märchenstunde!« Gerhards Stimme wurde lauter.
Angerer sah seinen Anwalt an, der nickte.
»Ich war in einem Ferienhaus in der Feriensiedlung.«
Angerer hatte den Blick gesenkt.
»Ach, Ferien haben Sie gemacht! Raus aus dem Alltag?
Chillen vor Weihnachten?« Reiber fixierte Angerer mit einem eisenharten Blick,
und der andere sah nun auf.
»Ich war nicht allein.« Das kam sehr leise.
Oh nein, Gerhard ahnte, was nun kam, und die Erste, an
die er dachte, war Sandra Angerer. Er hatte ihre Augen gesehen. Verdammt!
»Es ist Ihnen hoffentlich klar, dass die Dame das
bezeugen muss! Es handelt sich doch um eine Dame?«, fragte Gerhard.
Der Jüngling mischte sich ein. »Die Dame heißt
Angelika Weber. Sie hat hier schriftlich niedergelegt, dass sie mit Herrn
Angerer zusammen war. Sie ist jederzeit zu einer Aussage bereit. Das Ferienhaus
gehört ihr zudem.«
Angerer starrte wieder zum Tisch, und dann brach
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