Hundstage
oder in die Höhe geschossen. Auf denen wollte er, wie er scherzte, nicht gern zu sitzen kommen, «guck mal, Anita, wie alt die wohl sind!» Die hätten gewiß ein Vermögen gekostet! Und ob die auch blühten …? Ob er wisse, fragte er Sowtschick, daß man Kakteen nicht wässern darf, wenn sie blühen sollen? «Angstblüten» nenne man das, er habe mal einen Film darüber gemacht, in der Reihe «Hobby-Lobby». Er lief in die Küche, kam mit Pergamentpapier zurück und einer Schere, und dann sagte er, man müsse, soweit er sich erinnere, die Kakteen irgendwie hinter Pergamentpapier verbergen, das tue ihnen gut, und dann formte er Tüten aus Pergamentpapier und setzte sie den Kakteen auf, und die Mädchen sagten, sie könnten überhaupt nicht begreifen, wieso Sowtschick das nicht schon längst gemacht hat.
Als Gastgeschenk hatte Hoenisch eine Schellackplatte mitgebracht vom Flohmarkt: «Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frau’n …» Er hatte sie mitgebracht, weil er selbst Schellackplatten sammelte: Rudi Schurike und solche Sachen. Von der Rühmann-Piece hatte er sich gewiß nur getrennt, weil er sie doppelt besaß.
Nun gut. Hoenisch nahm Sowtschick beiseite und machte ihn darauf aufmerksam, daß er hier aber zwei verdammt reizende Geschöpfe aufgegabelt habe. Ob er das wisse? Und zu den beiden gewendet: Ob sie Lust hätten, mal eine kleine Rolle zu übernehmen, das wär doch ’ne tolle Sache … Und dann machte er die bekannte Bildausschnittbewegung mit Daumen und Zeigefinger.
«Und fotogen sind sie auch noch!»
In dem Augenblick klingelte es schon wieder. Sowtschick ging nach vorn, weil er annahm, das sei die Polizei. Sie war es nicht. Es waren die Pferdemädchen, die Tom und Jerry sehen wollten. Ohne Umstände gingen sie in die Küche, versorgten sich mit Orangensaft. Dann nahmen sie aus Sowtschicks Videowand eine Kassette, schoben sie in den Recorder, schalteten das Gerät ein und machten es sich bequem.
Die sind gelehriger als Affen! dachte Sowtschick. Einen Augenblick wallte Wollust in ihm auf, als er die beiden jungen Körper auf dem Sofa liegen sah, mit hochgestellten Schenkeln, strenger Geruch nach herben Gräsern, aber die verging ihm, weil Hoenisch dazutrat und sich wunderte: «Mensch, da sind ja noch zwei Krabben.» Sowtschick habe hier ja einen richtigen Harem in Gang … Wie alt, Schule und so weiter, und ob sie Lust hätten, mal eine kleine Rolle zu übernehmen? Bildausschnittbewegung. Das wär doch ’ne fabelhafte Sache? Zu Sowtschick sagte er (er nahm ihn dazu beiseite), ob das gehe, so viele Mädchen im Haus, ob er dadurch nicht in ein schiefes Licht gerate? Und Sowtschick nahm seinerseits Hoenisch beiseite und erklärte ihm, daß er ein Buch darüber schreiben wolle, Jugend, wie sie sich benimmt, wenn sie auf einen alternden Künstler trifft. «Ohne Dings kein Bums.» Mal ausloten das ganze Problem, ob die demokratische Erziehung schon Wurzeln geschlagen hat.
Dann kam man zur Sache, das Drehbuch wartete, um die zwölfte Folge der Reihe «Polizeirevier Eichenstraße» ging es, die diesmal Sowtschick schreiben sollte. Sowtschick traute sich das zu, weil auch Holderbusch eine Folge geschrieben hatte, und weil Hoenisch ihn dabei unterstützen wollte. «Zehn» sollte es dafür geben, und das war mitzunehmen. Die Notizen zu dem Film lagen auf dem Schreibtisch, und als Sowtschick sie holte, winkte er seinen Mädchen: «Ihr braucht nicht zu kochen, wir gehen in die Linde, ja? Und achtet aufs Telefon, daß wir hier nicht gestört werden … und bringt uns was zu trinken!»
Daß sie das auch gar nicht vorgehabt hätten, zu kochen, sagte Adelheid, und das gab Sowtschick einen Stich. Das nichtgemachte Frühstück, die unaufgeräumte Küche, Fliegenleichen auf den Fensterbänken, und nicht kochen wollen ? Das war gegen die Spielregeln. Das Schöne dieser Welt hab ich genossen…, dachte er. Out, alles out. Und: Das würde sich auf die Endabrechnung auswirken …
Sowtschick hatte Mühe, sich zu beruhigen. Als er dann aber im sonnigen Innenhof saß, bei plätscherndem Brunnen – «bitt’ schön, bitt’ schön, bitt’ schön …» – die Beine hochgelegt, wurde ihm wieder wohler. Er diktierte dem «Fräulein Anita», wie er die emanzipierte Dame unvorsichtigerweise nannte und dafür «Muckschungen» kassierte, den Fortgang der Handlung: Es ging um den Giftmord eines homosexuellen Anwalts an einer maskulinen Schriftstellerin, und zwar aus «Scheiden-Neid».
Sowtschick skizzierte die
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