Hundstage
Kladatschnikoff», sagte der sibyllinische Brunnen.
Die Kanalschwimmerin machte keine Gedichte. Sie stand gern bei den muskulösen Schlossern und ließ sich erklären, wie man schweißt. Die Schlosser arbeiteten in dieser Hitze mit bloßem Oberkörper, ölig, ein bißchen so wie Body-Leute: Daß das prima Typen wären, sagte sie zu Sowtschick, der eine besonders, Egon heiße der. Daß er sich so viel Zeit nimmt für sie und ihr alles erklärt! «Man nimmt den Schweißdraht in die Linke …», sagte sie und versuchte, Sowtschick das beizubringen, was sie grade eben gelernt hatte. Oben bei Michael fand sich ein Lötkolben, ein fehlgegangenes Weihnachtsgeschenk aus alten Tagen. Den überreichte er ihr. Da aber das Lötzinn fehlte und die ganze Sache auch nicht funktionierte, blieb es beim Theoretisieren.
«Gehn wir ein Stück», sagte Sowtschick und ließ seinen Roman im Stich. «Mens sana in Campari-Soda … Ich muß sowieso gehen, und dir tut das auch mal gut.»
Sie machten zunächst ein paar Runden durch den Garten, und er zeigte ihr die größten Maulwurfshaufen Europas und machte ihr vor, wie wundervoll es ist, die Disteln auf dem Weg mit den Hacken auszutreten. Und dann wies er auf die Stelle, wo später einmal das Mausoleum hinkommt, der sechseckige Grabpavillon mit den «Bronzereliefs», auf denen sein Werdegang visualisiert werde, so ähnlich wie der Krieg ’70/71 auf dem Sockel der Siegessäule in Berlin.
Sie verließen das Grundstück, von Hunden umsprungen, und gingen in den Wald, jeder einen Zweig als Fliegenklatsche flagellantisch in der Hand.
Daß sie ihm dann später mal eine Wetterfahnenkonstruktion für das Mausoleum schweißen müsse, sagte er, und zwar dächte er sich das so, daß zwei Fahnen übereinanderstehen, die sich mittels eines originellen Mechanismus immer gegeneinanderwenden, Natur und Geist darstellend, die ja leider, leider immer Gegensätze sind. Auch im Menschen! Das Fleisch, das nicht willig sei, zum Beispiel, oder doch, grade, das pulsend nach anderem Fleisch verlange, und der Geist müsse dann sagen: Nein, sei vernünftig, laß das, das führt zu nichts.
Die Hunde liefen mal vor und mal zurück, die hatten keine solchen Probleme, lebendige Kreaturen, lebenslustig und gesund. Obschon, Geist? So ganz dußlig waren sie auch nicht.
Im Wald war es, wie immer, menschenleer. Und das hätte für einen Film auch eine interessante, den Zuschauer erwärmende Einstellung abgegeben, die hohen steilen Bäume, elastisch sich wiegend, und die beiden Menschenkinder, klein dazwischen hinschlendernd. Nur, daß in der Realität alles noch viel schöner war, abgesehen von der Hitze und den Fliegen.
Sie erzählten sich gegenseitig, wie sehr sie die Natur lieben, und wie gemein es ist, Füchse zu vergasen, und dieselben Leute, die das tun, beklagten sich hinterher, daß es zuviel Kaninchen gibt. Sowtschick hatte schon mal einen Dachs gesehen. Er wußte, wieviel Gramm Insekten eine Blaumeise mittags um elf Uhr gefressen haben muß, sonst geht sie zugrunde, und daß die Kaninchen sogar im schwangeren Zustand noch empfangen können. Er sei mal neugierig, wann die ersten Waschbären hier auftauchen, von irgendeinem Idioten ausgesetzt, in Hessen. Dann ade, ihr Waldvöglein.
Adelheid repetierte, daß Schweine dem Menschen näher verwandt sind als Kühe.
Das merke man irgendwie, sagte Sowtschick, die rosa Haut und die blauen Augen …
Ein Bauer begegnete ihnen auf dem Trecker, der fuhr mit einem ziemlichen Tempo dahin, tippte an die Mütze und machte auch sonst irgendwelche Zeichen, die von den beiden jedoch nicht weiter beachtet wurden.
Kurz darauf kamen die Pferdemädchen daher. Sabine ritt, Rita strampelte. Daß ihnen hier der Dichter über den Weg lief, war eine gute Gelegenheit, das Pony sich bäumen zu lassen.
Daß es mächtig heiß ist, wurde gesagt, und ob er mal reiten will?
Sowtschick lehnte ab, er wolle nicht den Rest seines Lebens an Krücken gehen! Dafür schwang sich Adelheid auf das Tier, der mollige Po, und sie ritt ein Stück in rappelndem Trapp, wendete und kam wieder zurück. «Herrlich! So warm und so lebendig!» sagte sie, und dann wurde das Pro und Contra eines Pferdekaufs erörtert, während die Pferdemädchen sich davonmachten.
An der Schneise nach Hamersiek, wo eine Eichenschonung angelegt worden war von Leuten, die Kiefern satt haben, kletterten sie auf einen Anstand. Sowtschick war in Sorge, was Budweis, der Jäger, wohl dazu sagen würde, wenn er hier
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