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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Schwierigkeiten bringen.
    Was hatten Guerrini und Laura erreicht? Letztlich saßen bisher nur zwei Chinesen in Gewahrsam, die eine Amokfahrt in Siena versucht hatten. Doch die sagten nichts, ebenso wenig wie die chinesischen Geschäftspartner der Firma Moda più alta.
    Und dann war da noch die engste Freundin Altlanders, die Malerin Elsa Michelangeli, die von den Chinesen angefahren worden war und bis vor wenigen Wochen im Koma gelegen hatte. Auch ihre Rolle in dem verworrenen Spiel war weder Guerrini noch Laura wirklich klar geworden.
    Eigentlich mochte Guerrini Ermittlungen dieser Art, denn sie führten nach einiger Zeit in die Tiefe und zeigten die wahren Zustände. Vorausgesetzt natürlich, man wurde nicht von den Obrigkeiten daran gehindert, was in Italien durchaus üblich war. Ein gewisser Ministerpräsident hatte es sogar fertiggebracht, Gesetze zu ändern, wenn ihm die Staatsanwälte zu sehr auf den Leib rückten. Und er selbst, Guerrini, hatte einen höchst aussichtsreichen Posten in Florenz verloren, weil er einem korrupten Politiker zu nahe gekommen war.
    Der Commissario schob eine Gabel voll fagioli con tonno in den Mund und griff nach der Pfeffermühle. Das Gericht schmeckte perfekt – bis auf die Prise frischen Pfeffer, die eindeutig fehlte. Er würde sich Zeit lassen, beobachten, Fragen stellen und nicht aufgeben. Jetzt, da die Malerin Elsa Michelangeli wieder in ihr Landhaus zurückgekehrt war, würde er sie hin und wieder besuchen. Den Dichter Raffaele Piovene konnte er in Rom treffen, den Mann, der Altlanders Landhaus geerbt hatte und seinen gesamten literarischen Nachlass. Er war sowieso schon viel zu lange nicht mehr in Rom gewesen.
    Laura hatte einmal zu ihm gesagt, dass sie unbedingt einmal den bayerischen Papst mit seinen wunderbaren roten Schuhen sehen wolle. Mit Laura nach Rom zu fahren wäre besser als allein. Aber allein wäre es auch möglich. Er hatte noch ein paar Studienfreunde in Rom. Seine Ex-Frau Carlotta lebte ebenfalls in Rom. Aber Guerrini war sich nicht sicher, ob er sie treffen wollte.
    Vielleicht sollte er doch besser nach München fahren. In Siena war ohnehin nichts los. Alle potenziellen Verbrecher der Provinz schienen in den Hitzestreik getreten zu sein.
    Plötzlich erschreckte ihn der Gedanke, dass Laura ganz gut ohne ihn auskommen konnte. Zumindest so gut wie er ohne sie. Ganz sicher war er sich in diesem Augenblick nur des Gefühls, dass ihre Existenz für ihn wichtig war. Ihre Existenz und die Aussicht darauf, sie irgendwann wiederzusehen. Nachdenklich betrachtete Guerrini seinen Bohnensalat und schüttelte abwesend den Kopf, als Dottor Salvia sagte: «Haben Sie das Neueste von Berlusconi gehört?»

UM HALB SIEBEN schloss Ralf, der Steinmetz, seinen Anhänger. Außer Lauras zehn Euro hatte er weitere vier Euro und fünfzig Cent aus dem Verkauf von drei kleinen Steinen eingenommen. Das machte vierzehn Euro fünfzig, zwei hatte er noch. An diesem Abend konnte er also ein bisschen besser essen als sonst. Vielleicht vietnamesisch oder chinesisch. Er wollte in Gesellschaft essen – vielleicht am Johannisplatz, da war immer viel los, oder ganz woanders –, richtig fein, am Odeonsplatz zum Beispiel, auf der Treppe der Feldherrnhalle mit Blick auf den Platz, die Kirche und die königliche Residenz. Ganz in der Ferne würde das Siegestor leuchten, wie der Triumphbogen auf den Champs-Élysées. Den hatte er nur auf Bildern gesehen, war aber nie nach Frankreich gekommen. Nie nach Paris, obwohl er da immer hinwollte, weil es die Heimat der Clochards war. Clochards waren für Ralf so was wie der Adel der ewigen Wanderer, die das ganz normale Leben nicht aushielten. Allerdings kannte er keinen Clochard, besaß nur einen zerrissenen Zeitungsausschnitt, in dem was über Clochards stand. Dass sie nicht nur in der Stadt lebten, sondern übers Land wanderten. Ralf hatte das auch mal probiert, aber die deutschen Bauern mochten Penner noch weniger als die Leute in der Stadt. Hunde hatte man auf ihn gejagt, ihm mit Mistgabeln gedroht. Einmal war er von einem Traktor verfolgt worden. Funktionierte wohl nur in Frankreich.
    Dabei war er gern auf dem Land, wanderte viel lieber über Felder und durch den Wald als durch stinkende Straßen. Gab mehr Luft da draußen, mehr Freiheit. Vielleicht könnte er ein Pferd vor seinen Anhänger spannen und so herumziehen. Das wirkte wahrscheinlich anders als ein Mann mit einem Rucksack und ein paar Plastiktüten. Eindrucksvoller.
    Aber er hatte kein Pferd

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