Hunger der Nacht (Dark Hunger)
einer
menschlichen Familie lebst .«
»Zwei meiner anderen Brüder, Manolito
und Zacarias, die ältesten, sind vermutlich schon unterwegs hierher, um nach
mir zu sehen, als wäre ich ein kleines Kind .«
Sie zog seine Hand an ihre Lippen.
»Wenn du willst, werde ich gern bezeugen, dass du über die Entwicklungsstufe
eines Kindes weit hinaus bist .«
»Ich bezweifle, dass das helfen
würde. Und mit meinen Brüdern werde ich schon fertig. Ich muss dich nur
vorwarnen, dass ihre Fürsorglichkeit sich auch auf dich erstrecken wird. Wir
müssen ihnen aus dem Weg gehen, bis ich weiß, dass du so vollkommen gefesselt
bist von meinem Charme, dass du nicht die Flucht vor ihnen ergreifen wirst .«
Juliette lachte. »Ich lebe auch mit
meiner jüngeren Schwester und einer Cousine zusammen«, sagte sie. »Jasmine,
meine kleine Schwester, ist bildschön – innerlich wie äußerlich .« Juliette runzelte die Stirn. »Doch obwohl auch sie sich
hin und wieder verwandeln kann, kann sie sich nicht so wie ich auf diese
Fähigkeit verlassen. Meine Cousine und ich sind daher die Beschützer unserer
Familie. Nein, nicht nur unserer Familie, sondern eigentlich sogar aller Frauen
unserer Blutlinie.«
Riordan schwieg, um sie fortfahren zu
lassen. Da er jedoch eine tiefe Traurigkeit in ihr spürte, zog er sie noch
fester an sich, um ihr Trost und Halt zu geben.
Juliette legte den Kopf an seine
Schulter, und ihr Haar trieb auf dem Wasser um sie herum wie Algen. »Ich muss
nach Hause und mich vergewissern, dass meine Schwester und meine Cousine sicher
sind. Ich habe die gleiche Verpflichtung meiner Familie gegenüber wie du der
deinen, Riordan. Nur haben wir keine Männer, die uns beschützen. Die Männer
unserer Spezies gehen keine lebenslange Verbindung ein, und sie bleiben auch
nicht bei uns. Einige versuchen, unsere Frauen zu entführen und gefangen zu
halten, nur um unsere Blutlinie rein halten zu können. Sehr wenige von uns sind
fähig, sich in eine andere Gestalt zu verwandeln. Und es wird so weitergehen,
bis es kaum noch welche gibt, die es vermögen. Die Männer behandeln diese
Frauen wie Gebärmaschinen. Es ist grauenvoll. Sie lieben sie nicht, und sie
versuchen auch nicht, sie glücklich zu machen, sondern zwingen sie einfach nur,
ein Kind nach dem anderen zu bekommen .«
»Und was, glaubst du, kannst du
ausrichten, um dem ein Ende zu bereiten ?« Riordans
Stimme war völlig ausdruckslos.
Ein kalter Schauder lief Juliette
über den Rücken, als sie die jähe Starre spürte, die ihn ergriffen hatte. Sie
war in seinem Bewusstsein gewesen und hatte dort etwas Rücksichts- und
Erbarmungsloses wahrgenommen, das zwar tief in ihm vergraben war, sie aber
dennoch alarmierte. »Jemand muss die Frauen retten. Ich bin stark. Ich kann
mich verwandeln, und ich habe keine Angst vor diesen Schurken. Ich kann meine
Schwester und meine Cousine beschützen. Na ja, vielleicht beschützt mich ja auch Solange .« Sie wandte Riordan das Gesicht zu, um ihn anzusehen. »Sie haben meine Mutter
mitgenommen. Sie wurde in einem winzigen Raum gefangen gehalten, und mehrere
Männer vergewaltigten sie, um sie zu schwängern. Da es jedoch nicht sofort
geschah, hielten sie sie lange fest. Wir brauchten zwei ganze Jahre, um sie zu
finden .«
»Juliette«, sagte Riordan so leise,
dass es kaum mehr als ein Flüstern war. Ihr Schmerz ging ihm ungeheuer nahe und
rührte an sein Herz und seine Seele. Zärtlich strich er mit den Lippen über
ihren Kopf. »Das tut mir sehr, sehr leid .« Sie
brauchte ihm den Rest nicht zu erzählen, er sah ihn schon in ihrem Geist. Ihre
Mutter, zu lange missbraucht von den Männern, die sie gefangen hielten, war bei
der Geburt gestorben. Nicht nur sie, sondern auch das Kind, und Juliette fühlte sich dafür verantwortlich, weil sie so lange
gebraucht hatte, um ihre Mutter aufzuspüren.
Riordan hatte schon beschlossen, ihr
zu verbieten, sich als Kriegerin zu betätigen, doch jetzt fehlten ihm die
Worte, und er konnte ihr nichts vorschreiben, auch wenn er sie nur schützen
wollte. Ihr Schmerz ging zu tief. Riordan verstand das Bedürfnis, andere zu
beschützen, und wusste sehr gut, was Ehre und Verantwortungsbewusstsein waren.
Seine Finger gruben sich in Juliettes Haar. »Hast du die Männer
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