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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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vorsichtiger Mann.«
    »In der Eisenbahn?«, bellte Madörin.
    »Das ist meine Privatsphäre«, sagte Kayat, »das geht Sie nichts an.«
    »Die Weiber scheinen Ihnen ja nur so nachzulaufen, was?«, giftete Madörin. »Bei Ihrem Aussehen.«
    »Das ist Rassismus«, konterte Kayat kühl, »passen Sie auf, was Sie sagen, sonst werde ich mich beschweren.«
    Madörin war nahe daran zu explodieren. Aber er beherrschte sich, wandte sich ab und trat zu Schneeberger. »Und?«, fragte er.
    »Nichts«, sagte Schneeberger, und zu Kayat gewandt: »Sie können sich wieder anziehen.«
    Lüdi kam herein, pflanzte sich vor den Glatzkopf hin und sagte: »Sie heißen Anton Huber, sind 1938 geboren, arbeiten als Chauffeur und sind vorbestraft wegen 2,1 Promille am Steuer.«
    »Das war vor mehr als neun Jahren«, antwortete Huber, »nach zehn Jahren ist so etwas verjährt. Was hat das mit meiner Verhaftung zu tun?«
    »Warum sind Sie in der Halle des Badischen Bahnhofs auf diesen Herrn hier losgerannt?«, fragte Lüdi und zeigte auf Kayat. »Warum haben Sie ihn am Arm gerissen?«
    »Was habe ich?«, fragte Huber blöd. »Können Sie das beweisen?«
    »Darf ich jetzt endlich gehen?«, fragte Kayat. »Ich habe eine Verabredung.«
    »Vergessen Sie die Pariser nicht«, sagte Madörin, »und seien Sie ja vorsichtig.«
    Hunkeler trat zum Tisch, drückte im Aschenbecher die Zigarette aus, die er nur zur Hälfte geraucht hatte, und schaute in die leere Reisetasche. Am Boden glänzte etwas wie trockener Schneckenschleim, als ob dort etwas geleimt und wieder weggerissen worden wäre. Er griff hinein und fuhr mit der Fingerbeere darüber. Ganz klar, da war etwas gewesen, das jetzt fehlte.
    »Haben Sie die Steine hier drin gehabt?«, fragte er bedächtig, als ob er sich nach dem Wetter erkundigen würde.
    »Von was reden Sie eigentlich«, sagte Kayat, »hören Sie doch endlich auf mit diesem Unsinn. Ich bin als ganz normaler Tourist in die Schweiz eingereist, und ich möchte als ganz normaler Tourist hier meine Zeit verbringen. Begreifen Sie denn das nicht?«
    »Ihr Name steht in unserem Computer«, sagte Hunkeler. »Sie sind zwar nicht vorbestraft, aber verdächtig sind Sie schon lange. Sie werden verdächtigt, ein Drogenkurier zu sein, ein Kurier von Drogen und von Drogenerlös. Wir möchten wissen, in wessen Auftrag Sie ein- und ausreisen, wer Ihr Auftraggeber ist. Wir möchten diesen Auftraggeber fassen und vor Gericht stellen, weil wir der Meinung sind, man könne das Drogenproblem nicht von unten, von der Straße her also, lösen, sondern nur von oben, vom Engros-Drogenhandel her. Wir wollen die Leute verhaften und vor Gericht stellen, die an den kleinen Fixern Millionen verdienen. Verstehen Sie?«
    Kayat hatte interessiert zugehört. »Ja«, sagte er, »das verstehe ich gut. Und ich bin ganz einverstanden mit Ihnen. Aber warum erzählen Sie das mir?«
    »Sie sind nur ein kleiner, dreckiger Kurier«, sagte Hunkeler, »eine miese Kanalratte, die aus Schiss Diamanten im Wert von über einer Million Franken in die Kanalisation spült.«
    »Das ist eine Beleidigung«, sagte Kayat, »Rassismus und Beleidigungen, was soll das?«
    »Sie verschwinden jetzt am besten«, sagte Hunkeler zu Huber. »Und Sie«, er stellte sich ganz nahe vor Kayat hin, »Sie bleiben jetzt noch ein bisschen hier, schlucken ein Abführmittel und scheißen Ihren ganzen verdammten Darm leer.«
    Er drehte sich um und ging hinaus.
    Erika Waldis stand auf der Traminsel und wartete auf den Einer. Da es in großen, nassen Flocken schneite, hatte sie den Schirm aufgespannt. Der Schnee segelte durch das Licht der Straßenlaterne, legte sich auf den Asphalt und zerrann. Leintücher, dachte Erika, es schneit Leintücher herunter.
    In der rechten Hand trug sie die Einkaufstasche mit Brot, Milch und einer Mettwurst. Obschon sie in der Filiale, wo sie arbeitete, nicht bar bezahlen musste, sondern anschreiben lassen konnte und erst noch Prozente erhielt, hütete sie sich, zu viel und zu teuer einzukaufen, denn bezahlen musste sie schlussendlich doch, und ihr Geld war knapp.
    Sie hatte seit über einem Jahr aufgehört, kiloweise Schokolade heimzutragen. Schokolade aß sie nur, wenn es ihr schlechtging. Dann stopfte sie die braunen Riegel hemmungslos in sich hinein, mit schlechtem Gewissen zwar, aber auch mit seltsam lustvollen Rachegefühlen, bis sie ermattet aufs Kanapee sank, sich einrollte und in einen kurzen, traumlosen Schlaf fiel.
    Jetzt ging es ihr gut. Sie freute sich auf den Krimi,

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