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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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Krankenhaus gefahren werden?«, fragte Hunkeler.
    »Es wäre schon besser. Wenigstens zur Untersuchung. Und die Braue sollte genäht werden.«
    »Nein«, sagte Erdogan, »ich gehe nicht ins Krankenhaus. Ich gehe nach Hause zu Erika.«
    »Wenn er nicht will«, sagte der Sanitäter, »unbedingt notwendig ist es nicht.«
    Erdogan schüttelte den Kopf. »Ich bin gesund wie ein Pferd, das sind nur Schrammen und Beulen.«
    »Heften Sie ihm die Braue zusammen«, sagte Hunkeler, »so gut es geht. Das wird schon zusammenwachsen.«
    Er erhob sich von der Stufe, zündete sich eine an und zog den Rauch tief hinunter. Er fuhr sich mit der Hand übers Kinn, dass es kratzte. Er brauchte dringend eine Rasur. Er schaute hinauf in den Himmel. Ein richtiger Frühlingshimmel war das, und dabei war erst Februar. Ein lockerer Schwarm Krähen flog dort oben vorbei, große schwarze Vögel, die sich auf den Weg zurück in die Wälder machten.
    »Was ich noch wissen möchte von Ihnen«, sagte er, »haben Sie wirklich keine Ahnung, wo die Diamanten sind?«
    »Nein«, sagte Erdogan, »ich schwöre es bei meiner Mutter.«
    Erika Waldis schleppte Taschen und Koffer die Treppe zu ihrer Wohnung hoch. Sie musste mehrmals stehen bleiben und Luft holen, so schwer trug sie daran. Über Mauern klettern, dachte sie, nach Frankreich fliehen wie die Heilige Familie nach Ägypten. Einen Oldtimer kaufen und mitten in der Nacht zuschauen, wie er demoliert wird. Mit dem Taxi nach Basel zurückfahren, als ob man ein Krösus wäre. Auf einer Bank in einem Türkenkaffee den Nachmittag verschlafen, die fremde Musik in den Ohren. Diamanten ins Klo der Freundin spülen. Dann zuschauen, wie der eigene Mann verprügelt und entführt wird. Jetzt noch diesen idiotischen Koffer durch halb Basel schleppen. Und warum das alles? Weil er spinnt. Weil er vom großen Reichtum träumt. Weil er meint, er sei Memed der Falke.
    Aber jetzt war es genug. Schluss mit Abenteuern, basta. Sie wischte sich sorgfältig die Schuhsohlen am Bastteppich vor ihrer Wohnung ab, öffnete und ging hinein.
    Die Wohnung war durchsucht worden, das sah sie sogleich. Sie wunderte sich nicht darüber, sie hatte das erwartet. Immerhin hatten sie sich Mühe gegeben, es war fast alles an seinem Platz.
    Sie ging zum Aquarium und streute Futter hinein. Der Goldfisch kam sogleich hoch und begann zu fressen. Er musste hungrig sein. Eine der Wasserpflanzen war versetzt. Also hatten sie auch hier gesucht, im schwarzen Sand.
    Als sie Mantel und Stiefel ausgezogen hatte, setzte sie in der Küche Kaffeewasser auf. Den Aktions-Lachs warf sie in den Eimer, der war nicht mehr frisch. Das Weißbrot hob sie auf für eine Brotsuppe. Sie öffnete eine Büchse Thunfisch, leerte sie auf einen Teller. Sie legte Zwiebelscheiben darauf und goss ein bisschen Essig darüber. Dann holte sie im Kühlschrank das Glas mit den Kapern und aß im Stehen.
    Sie hatte richtig gehandelt, das wusste sie jetzt genau. Erdogan würde hierbleiben, hier bei ihr in dieser Wohnung. Er musste, er hatte keine andere Wahl. Und über Ostern würden sie nach Magliaso fahren.
    Sie schälte Karotten für eine Gemüsesuppe, als es klingelte. Sie ging zur Tür und öffnete. Erdogan kam herein mit havariertem Gesicht, den Kopf verbunden, die linke Braue geheftet. Hinter ihm erschien Kommissär Hunkeler.
    Erika erschrak, sie wollte Erdogan umarmen. Er stieß sie von sich, ging zum Kanapee und setzte sich. Er sagte kein Wort.
    Hunkeler war sichtlich verlegen. »Ich will nicht stören«, sagte er, »ich bleibe nur kurz. Darf ich mich setzen?«
    »Bitte sehr«, sagte Erika. Sie ging in die Küche, holte Kaffeekanne und Tassen.
    Hunkeler strich sich übers Kinn. »Ich stinke wie ein Schwein«, sagte er, »ich muss mich wieder einmal duschen. Darf ich rauchen?«
    Er zündete sich eine an, stieß den Rauch aus, hustete.
    »Ich habe vermutet«, sagte er, »dass die Diamanten im schwarzen Sand dort drüben im Aquarium liegen. Ich habe mich getäuscht. Sie lagen nicht dort.«
    »Nein«, sagte Erika.
    Sie lächelte freundlich, sie war eine charmante Gastgeberin, eine Dame.
    »Wo sind sie jetzt?«, fragte Hunkeler.
    »Sie liegen wieder in der Kanalisation unten, wo er sie gefunden hat. Wir brauchen keine Diamanten.«
    Erdogan stöhnte. Er griff sich an den Kopf, dann in den Mund. »Da fehlt ein Zahn«, jammerte er, »das tut verdammt weh, dieses Loch.«
    »Hinten oben links?«, fragte Hunkeler.
    Erdogan versuchte zu grinsen. Es gelang ihm nicht, er stöhnte

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