Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
Vom Netzwerk:
Das Beste war wohl, wenn er sich ruhig verhielt, im Zimmer blieb und sich pflegte. Etwas war falsch gelaufen. Er wusste zwar nicht, was, sein Fehler war es nicht. Im Gegenteil, er hatte goldrichtig gehandelt. Erste Priorität hatte die Geheimhaltung der Kanäle, das war in seinem Job oberstes Gebot. Die Diamanten mussten nach seiner Schätzung einen Wert von einer guten Million Dollar haben. Das war viel Geld. Aber für die Connection war es ein Pappenstiel. Entscheidend war, dass die Steine nicht in die Hände der Polizei gefallen waren. Sie wären Beweisstücke gewesen, eine eindeutige, nicht wegzuleugnende Realität. Er hätte keine Möglichkeit gehabt, ihr Vorhandensein einigermaßen plausibel zu erklären. Gewiss war es nicht verboten, Diamanten über die Grenze zu bringen. Aber wie hätte er erklären sollen, dass er im Besitz eines solchen Vermögens war?
    Er hätte schweigen müssen auf alle Fragen, und selbstverständlich hätte er geschwiegen. Er war ja nicht lebensmüde. Sie hätten ihn wochen- oder sogar monatelang in Untersuchungshaft behalten.
    Kayat war sich sicher, dass die Leute, für welche die Diamanten bestimmt gewesen waren, keinen Finger gekrümmt hätten, um ihm zu helfen. Sie erwarteten von ihm, dass er schwieg wie das Grab. Und sie hatten das Recht, ihn hängen zu lassen, wenn etwas nicht klappte. Das war das Risiko, das er einging.
    Zudem wären die Diamanten ohnehin verloren gewesen, wenn die Polizei sie gefunden hätte. Sie waren zu schmutzig. Wahrscheinlich wären sie als Drogenerlös beschlagnahmt und für die Drogenbekämpfung verwendet worden. Und das wäre auch nicht im Sinne der Connection gewesen.
    Wo das Leck war, das ihn verraten hatte, davon hatte Kayat keine Ahnung. Er zerbrach sich auch nicht den Kopf darüber. Wer war er denn? Nichts als ein kleiner Handlanger der Drogenkriminalität, nichts als ein winziger Kurier. Eine seiner Hauptaufgaben war ja gerade, nichts zu wissen. Er kannte weder den Absender noch den Empfänger der Sendung, das wäre viel zu riskant gewesen. Er wusste, dass ihn irgendein Schweizer Glatzkopf mit dem Decknamen Gustav am Badischen Bahnhof erwartete. Er hatte sich zudem eine geheime Telefonnummer gemerkt, die er im Notfall wählen konnte, aber nur mit allergrößter Vorsicht. Aufgeschrieben hatte er sie nirgends, er hatte sie im Hirn gespeichert: 123 63 20.
    Das Leck musste irgendwo ganz oben sein, überlegte Kayat, als er sich von dem Tee einschenkte, den ihm der Kellner gebracht hatte. Er hatte schon im Zug Verdacht geschöpft, als ihn der Zollbeamte so auffällig gemustert hatte. Aber das war wohl Zufall gewesen. Dass er im Badischen Bahnhof von der Polizei erwartet worden war, das war eindeutig. Die hatten ja einen ganzen Trupp aufgeboten gehabt, und er war ihnen nur dank der Familie mit dem Kind für einen kurzen, entscheidenden Moment entkommen.
    Irgendjemand hatte die Basler Kripo gewarnt und mit präzisen Informationen beliefert. Und sie hatten ihn nicht gleich beim Aussteigen verhaftet, sondern sie hatten gewartet, bis er sich mit dem Glatzkopf traf. Warum hatten sie das getan? Weil sie nicht ihn, den kleinen Kurier, haben wollten, sondern den Empfänger der Ware. Er hätte die Kripo zu den Hintermännern führen sollen, darauf hatten sie es abgesehen.
    Seine Lage, so überlegte Kayat, als er sich eine Scheibe Lachs auf die Gabel schob und mit einigen Kapern garnierte, seine Lage war alles andere als angenehm. Nicht nur, dass die Polizei hinter ihm her war, das war er inzwischen gewohnt. Mindestens so unangenehm war ihm, dass er verraten worden war. Denn das bedeutete, dass irgendeine Person ganz oben im Drogenhandel Kayats Arbeitgeber unschädlich machen wollte. Das hieß, dass sich irgendwelche mächtige Drogenbosse bekämpften, dass Krieg herrschte zwischen zwei Kartellen. Und dieser Krieg drohte ihn, den kleinen Kurier, zu zerstören.
    Kayat hatte die Nase voll. Er hätte schon längst aussteigen sollen, spätestens aber vor dieser Reise nach Basel. Er hatte bis jetzt immer fehlerlos funktioniert, er hatte gut verdient und besaß ein kleines Vermögen, das er für den Kauf eines Hotels auf Zypern verwenden wollte. Aber wer ein bisschen Geld hat, will noch ein bisschen mehr haben, und wer ein bisschen mehr Geld hat, will noch einmal ein bisschen mehr haben. Das war eine Spirale, er hatte diese Entwicklung schon längst durchschaut, doch war er überzeugt gewesen, im richtigen Moment aufhören zu können.
    Jetzt war an einen eleganten

Weitere Kostenlose Bücher