Hunter 05 - Späte Vergeltung
richtete er seine Waffe auf die Person, die ihn angesprochen hatte. Als er sah, dass es nur ein älterer Mann in einem fleckigen Unterhemd war, unter dessen Bund ein gewaltiger Bierbauch hervorragte, ließ er die Pistole sinken.
»Woher wissen Sie das?«
Misstrauisch beäugte der Mann die Waffe. »Kommt drauf an, wer Sie sind.«
Mit einem stummen Seufzer zog Zach seine Marke hervor und hielt sie hoch. »Detective Murdock, NYPD . Und wer sind Sie?«
Der Mann schnitt eine Grimasse. »Gerald Tanner, ich bin der Hausmeister.«
»Okay. Und woher wissen Sie, dass Bentley Scott nicht da ist?«
»Na, weil ich gesehen habe, wie er gestern mit seinen ganzen Sachen das Haus verlassen hat. Auch wenn er nicht viel hatte, die Wohnung wird möbliert vermietet.«
Zach traf eine Entscheidung. »Haben Sie einen Schlüssel?«
Tanner zog seine Hose hoch. »Natürlich, ich muss ja in die Wohnungen, wenn etwas kaputt ist.«
»Dann schließen Sie auf.«
Der Mann zögerte. »Ich weiß nicht, brauchen Sie dafür keinen Durchsuchungsbefehl?«
Zach presste seine Zähne zusammen. »Sie haben doch gerade gesagt, die Wohnung steht leer. Dafür brauche ich keinen Durchsuchungsbefehl.« Seine Ungeduld brach sich Bahn. »Und jetzt schließen Sie endlich die verdammte Tür auf, sonst trete ich sie ein.«
Tanner zuckte zusammen und beeilte sich, die Tür zu öffnen.
Sowie er den Schlüssel herausgezogen hatte, schob Zach ihn zur Seite. »Bleiben Sie draußen, bis ich mich vergewissert habe, dass wirklich niemand in der Wohnung ist.« Er warf einen Blick auf den Sozialarbeiter. »Das gilt auch für Sie.«
Warner hob die Hände und trat noch einen Schritt zurück. »Liebend gern. Aber wenn Scott doch in der Wohnung sein sollte, rufen Sie mich.«
»Natürlich.«
Zach schob langsam die Tür auf, behielt aber seine Waffe schussbereit in der Hand. Vielleicht war Scott doch zurückgekehrt und der Hausmeister hatte nichts davon bemerkt. Lauschend blieb er zunächst in der Tür stehen und bewegte sich erst ein Stück hinein, als er nichts hörte. Er verzog den Mund, als ihm ein übler Geruch entgegenwaberte und er den Unrat sah, der Boden und Möbel in dem kleinen Wohnzimmer bedeckte. Offenbar hatte Scott es nicht für nötig befunden, sein Geschirr zu waschen oder die unzähligen Behälter mit Fast-Food-Resten wegzuwerfen. Auf dem Boden knirschte es, als er weiterging, und er erstarrte.
Als nichts passierte, verdichtete sich die Gewissheit, dass Scott wirklich ausgeflogen war. Schließlich hatte Zach auch den Rest der Wohnung durchsucht und kein Anzeichen dafür gefunden, dass Scott noch hier lebte. Es gab keinerlei persönliche Gegenstände mehr, nicht einmal Essen im Kühlschrank – wenn man von dem absah, was bereits vergammelt war. Mit einem schlechten Gefühl im Magen ging er zur Wohnungstür zurück und schob sie weit auf.
Tanner blickte an ihm vorbei, und seine Augen weiteten sich. »Oh verdammt! Der Besitzer wird bestimmt verlangen, dass ich den ganzen Scheiß entferne.«
Zach konnte kein großes Mitgefühl aufbringen, zu sehr war er mit dem Gedanken beschäftigt, was er jetzt machen konnte, um Scott zu finden und zu beweisen, dass er ein mehrfacher Mörder war.
Auch Warner warf einen Blick in die Wohnung und zog sich gleich wieder auf den Hausflur zurück. »Er war nicht da, oder?«
»Nein. Und er hat auch alle persönlichen Gegenstände mitgenommen. Ich denke, Sie sollten dem Amt melden, dass Ihr Schützling gerade seine Bewährungsauflagen verletzt hat.«
Warner seufzte tief. »Es sieht so aus.«
»Hat Scott irgendeinen Hinweis darauf gegeben, wo er sich jetzt aufhalten könnte?«
»Nein, mit keinem Wort. Er hat sich regelmäßig gemeldet und unauffällig verhalten, aber er hat auch nie etwas über sich preisgegeben.«
Noch eine Sackgasse. Zach wandte sich an den Hausmeister. »Lassen Sie alles so, wie es ist, ich schicke ein Team her, das die Spuren sichert. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn Sie die Wohnung wieder betreten können.«
»Aber …«
Ein Blick von Zach brachte ihn zum Verstummen. Zufrieden wandte er sich wieder dem Sozialarbeiter zu und gab ihm eine Visitenkarte. »Sollte sich Scott noch einmal bei Ihnen melden, sagen Sie mir sofort Bescheid. Haben Sie eine Handynummer von ihm?«
»Ja.«
Zach notierte sich die Nummer in der Hoffnung, dass sie vielleicht über das GPS -Signal seinen Aufenthaltsort ermitteln konnten. Mehr konnte er momentan leider nicht tun. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er noch ein
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