Hunter 05 - Späte Vergeltung
spürte, wie sich das Seil von seinem Handgelenk löste, aber er hielt die Hände weiterhin hinter dem Rücken. Solange er die Beine nicht bewegen konnte, würde er nicht weit kommen. Deshalb musste er auf die richtige Gelegenheit warten, bevor er zuschlug. Vor allem wollte er Chloe dabei nicht in der Nähe haben. Zu leicht könnte sich ein Schuss lösen und sie treffen. Deshalb drückte er ihre Hand und schob sie dann sanft von sich. Chloe schien ihn zu verstehen, denn sie richtete sich auf und bewegte sich unauffällig in die andere Richtung.
»Mein Geld hat damit nichts zu tun, sondern die Art, wie ich Frauen behandele. Denkst du wirklich, du könntest als Vergewaltiger irgendwo landen? Keine Frau wird einen Typen wie dich in ihre Nähe lassen.« Zach zwang seine Mundwinkel nach oben. »Aber das Problem wirst du ja bald nicht mehr haben, wenn du lebenslang im Knast sitzt. Deine Mitinsassen freuen sich bestimmt, dich wiederzusehen.«
Wie erwartet brachte das Scotts Wut zum Siedepunkt. Er schnellte vor, legte seinen Unterarm über Zachs Kehle und presste nach unten. Da seine Arme noch nicht richtig funktionierten, war Zach zu langsam, um seinen Hals zu schützen. Dafür stürzte sich Chloe auf den Verbrecher und legte ihren Arm um dessen Kehle. Scott röchelte, hatte aber noch genug Kraft, um mit der Waffe nach hinten zu schlagen. Der Griff kollidierte mit Chloes Stirn, sodass sie Scott losließ und mit einem Schrei nach hinten kippte. Zachs Angst um sie vervielfachte sich, selbst als ihr Eingreifen bewirkte, dass sich Scotts Hand etwas von seiner Kehle löste und er die Pistole verlor. Mit einem lauten Klappern rutschte sie über den Holzboden.
Zach bäumte sich auf und stieß Scott mit seiner Schulter zurück. Schmerz schoss durch seine Arme, als er seine Hand in Scotts T-Shirt krallte, um ihn von Chloe wegzuziehen. Mit einem Stoß seines Ellbogens schlug Scott ihn zurück und rappelte sich auf. Dabei griff er in Chloes Haare und zog sie mit sich. Zach versuchte, ihn zu erwischen, aber seine immer noch gefesselten Beine hinderten ihn daran. Mühsam schwang er seinen Unterkörper herum und versuchte, Scott von den Beinen zu holen, doch der war bereits außer Reichweite.
Chloes schmerzerfülltes Stöhnen klang erschreckend laut in seinen Ohren. Schwindel erfasste ihn, aber er kämpfte dagegen an. Er durfte sich jetzt nicht fallen lassen, er musste den Mörder aufhalten. Wenn es ihm gelang, Chloe zu verschleppen … Zach wälzte sich herum und versuchte, die Pistole zu erreichen, die ein Stück von ihm entfernt lag. Währenddessen zog Scott Chloe mit sich in Richtung der Treppe. Einen Arm hatte er um ihren Oberkörper geschlungen, während seine Hand weiterhin in ihre Haare gegraben war. Eine Beule bildete sich auf Chloes Stirn, und es war ihr anzusehen, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte.
Verzweifelt robbte Zach sich vorwärts, seine Fingerspitzen berührten die Pistole. Ein erstickter Schrei ließ ihn herumwirbeln. Die Pistole in seiner Hand richtete sich auf einen leeren Raum.
Verdammt!
Die Furcht um Chloe ließ seine Finger zittern und erschwerte es ihm zusätzlich, endlich die elenden Fesseln von seinen Beinen loszuwerden. Schließlich konnte er die Seile abstreifen und sprang auf. Ein bohrender Schmerz im Kopf ließ ihn schwanken. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, und er stützte sich an der Wand ab, bis sich der Schwindel ein wenig gelegt hatte. Dann lief er los, eine Hand immer an der Wand, damit er auf den Beinen blieb.
Die Treppe musste er langsamer hinuntergehen, weil das Geländer nicht besonders vertrauenswürdig schien und das Flimmern vor seinen Augen ihn nicht erkennen ließ, wo die nächste Stufe anfing. Erleichtert atmete er auf, als er endlich unten war und wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Rasch durchquerte er den Flur und blickte dabei in jedes Zimmer. Doch es gab nirgends eine Spur von Chloe und dem Verbrecher. Sein Herz setzte kurz aus, als ihm der Gedanke kam, dass Scott versuchen könnte, mit Chloe wegzufahren.
Erst als er die Haustür öffnete und den Wagen unberührt in der Einfahrt stehen sah, erholte er sich wieder etwas. Zach lehnte sich an den Türrahmen, während er die Gegend mit den Augen überprüfte. Es war nirgends eine Bewegung zu sehen, kein Laut war zu hören. Seine Sorge um Chloe verstärkte sich noch – wenn das überhaupt möglich war. Noch einmal ging er durch das Haus und bemerkte, dass die Hintertür einen Spalt offen stand.
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