Hunter 05 - Späte Vergeltung
nicht, es dürfte auch nicht einfach sein, meiner Vorgesetzten klarzumachen, dass ich nicht ihrer Empfehlung auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft folgen werde.«
»Ich würde sagen, das kannst du jetzt beruhigt tun. Denn vor ein paar Minuten habe ich auch mit dem Rechtsmediziner gesprochen, der Candice obduziert hat. Die Stichwunden wurden anscheinend nicht dahingehend untersucht, ob der Täter Rechts- oder Linkshänder ist. Das wird er jetzt noch nachholen. Und ich werde mich gleich noch um das T-Shirt und die Fingerabdrücke auf dem Messer kümmern.«
Das war mehr, als sie nach ihrem holperigen Start zu hoffen gewagt hatte. »Danke, deine Hilfe bedeutet mir sehr viel, Zach.«
»Und du bist sicher, dass du nicht lieber nach dem Schrecken zu Hause bleiben solltest?« Wieder schwang deutlich die Besorgnis in seiner Stimme mit.
Chloe bemühte sich, zuversichtlicher zu klingen, als sie sich fühlte. »Ja, ich bin sicher. Hier würde ich nur nachgrübeln, außerdem habe ich viel zu viel Arbeit zu tun. Du weißt doch, ich bin mitten in einem Prozess, und morgen ist wieder Verhandlungstag. Aber ich fahre mit dem Taxi, damit mir das nicht noch mal passiert.«
»Gute Idee. Aber Chloe, wenn irgendetwas sein sollte, ruf mich an, dann komme ich und hole dich ab, okay?«
Wärme breitete sich in ihr aus, auch wenn sie wusste, dass er das sicher für jeden seiner Freunde machen würde. Andererseits, seit wann waren sie Freunde? »Ja, das mache ich, danke. Wenn du etwas wegen Curtis erfährst, melde dich bitte so schnell wie möglich, ja?«
»Natürlich.« Er schnaubte. »Kaum zu glauben, dass ich etwas tue, das dazu führen könnte, dass dieser Mistkerl wieder auf freien Fuß kommt.«
Dem konnte sie innerlich nur zustimmen. »Leider ist unsere Rechtsprechung da eindeutig, und wir dürfen nur jemanden wegen eines Verbrechens bestrafen, das er begangen hat. Ein gewalttätiges Arschloch zu sein fällt leider nicht darunter – zumindest solange wir es ihm nicht beweisen können.«
»Kannst du ihn nicht dazu bringen, die Misshandlungen seiner Freundinnen zuzugeben? Vielleicht würde ich mich dann besser dabei fühlen.«
Chloe lachte leise auf. »Leider kann ich keine Wunder bewirken. Und davon mal abgesehen dürfte ich es dir als seine Anwältin nicht sagen, wenn er diese Taten zugeben würde.«
Zach schwieg einen Moment. »Ich weiß wirklich nicht, wie du es machst, ständig mit solchen Leuten zu tun zu haben.«
Da sie seinen Gesichtsausdruck nicht sah, konnte sie nur erraten, wie er das meinte. »Genauso wie du, Zach.«
»Ich weiß, entschuldige. Es ist nur … in all den Jahren, die ich schon Detective bin, habe ich mir einen Schutzpanzer zugelegt. Du bist noch so jung und …«
Rasch unterbrach sie ihn, bevor er etwas sagte, das sie dazu veranlassen würde, ihn durch das Telefon hindurch zu erdolchen. »Ich bin kein Kind mehr, ich dachte, das hätten wir bereits geklärt. Inzwischen bin ich schon seit einigen Jahren dabei, und ich denke, ich kann gut damit umgehen. Nur weil ich nicht wie eine Walküre gebaut bin, musst du nicht denken, dass ich mich nicht durchsetzen kann.«
»Das ist mir schon aufgefallen.« Er murmelte es so leise, dass sie es beinahe nicht hörte. Lauter fuhr er fort: »Ich muss jetzt los. Pass bitte auf dich auf, Chloe.«
Er legte auf, bevor sie etwas dazu sagen konnte. Vermutlich war sie eine Idiotin, dass sie glaubte, Zach würde sie irgendwann einmal als erwachsene Frau sehen. Vielleicht lag es daran, dass sie Shanes kleine Schwester war, oder er fand sie einfach nicht attraktiv. Diesmal pochte der Schmerz in ihrem Inneren. Eigentlich hatte sie inzwischen gelernt, solche unnützen Gefühle beiseitezuschieben und sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Aber bei Zach war ihr das noch nie gelungen. Zwar hatte sie ihn in den letzten zwei Jahren in die hinterste Ecke verdrängt, doch seit sie ihm im Gerichtssaal wiederbegegnet war, hatte sich auch ihre Sehnsucht nach ihm wieder bemerkbar gemacht. Und das war wirklich mehr als lästig!
Von sich selbst genervt stopfte sie das Handy wieder in ihre Tasche und kehrte ins Bad zurück. Eilig wickelte sie einen neuen Verband über die nun gereinigten Wunden, zog sich eine saubere Hose und einen weiten, langärmeligen Pullover an, damit niemand die Verbände sah, schlüpfte in ihre Schuhe und verließ mit der Aktentasche in der Hand ihre Wohnung. Das Taxi wartete bereits vor dem Haus auf sie, und sie ahnte, dass ihr kleiner Ausflug nicht
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