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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bell
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Menschen machen kann, wenn man ihn anhimmelt und alle Freuden
und Leiden mit ihm teilt.
    Einer so verantwortungsvollen
Aufgabe fühlte ich mich jedoch noch nicht gewachsen. Ich war jung, und wenn ich
auch nicht genau wußte, wonach ich eigentlich suchte, so war mir zumindest
klar, daß es nicht eine Lebensstellung auf Fräulein Leitweins Fensterbank war.
Und so machte ich mich denn erneut, diesmal weniger leichten Herzens, von
dannen. Verdient hatte die gute Seele es nicht, daß ich sie so schmählich
verließ, aber...
    Ihr zu entkommen war nicht schwer,
ich brauchte nur den Augenblick abzupassen, in dem der Budenbesitzer mit der
zusammengefalteten Zeitung winkte, in dem sie nicht mehr sah, als dieses buntbedruckte
Stück Papier.
    Auf die wenigen monotonen Wochen,
die ich bei der einsamen Ida verbrachte, folgten die vielen turbulenten und
glücklichen Monate bei Rosenstocks. Jetzt war ich schon ein rechter
Guck-in-die-Welt, hatte gelernt und gelitten, geliebt und protestiert — und
doch nützte das alles nichts, da ich hier in der Dunkelheit saß und nicht aus
noch ein wußte. Da konnten mir auch die schönen Worte nichts nützen, die ich
bei Herrn und Frau Jordan lernte.
    Ja, meine nächste Station war das
Haus von Herr und Frau
    Jordan, allerdings erst, nachdem ich
es endlich geschafft hatte, mich einmal so lange in freier Wildbahn zu tummeln,
bis ich selbst den Entschluß faßte, mir ein neues warmes Eckchen bei netten
Leuten zu suchen. Meine Menschenkenntnis hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings
noch nicht den Grad von Vollkommenheit erreicht, mit dem ich heute protzen
könnte, sonst wäre meine Wahl anders ausgefallen.
    Jordans waren, wie man so sagt,
feine Leute. Sie besaßen ein großes Haus, einen dicken Mercedes, ein Dienstmädchen,
einen Gärtner, (die beiden liebten sich) und noch so allerlei Krimskrams, der
zum gehobenen Lebensstil gehörte. Sie waren so fein, daß sie erst nachsahen, ob
jemand vor der Tür stand, ehe sie anfingen, sich gegenseitig zu beschimpfen,
und das geschah oft. Bei Jordans erweiterte ich meine Ausbildung zu einem
Allroundhund in einem Maße, das man getrost ungewöhnlich nennen kann.
    Herr Jordan war damals der Mann
meiner Wahl. Er saß in einem vornehmen Eßrestaurant, das — ich, zusammen mit
einem schmächtigen Männchen, durch die Drehtür betreten hatte. Der immer wieder
daraus hervorquellende Duft von gebratenem Fleisch, süßen Speisen und
verführerischen Gewürzen hatte mich angelockt und einfach eintreten lassen. Das
Lokal war ziemlich voll, aber Herr Jordan saß allein an einem Tisch. Ich
beobachtete ihn ein Weilchen und dachte: Den nimmst du dir.
    Ich setzte mich einfach neben ihn,
sah zu ihm auf und blinzelte ihm aufmunternd zu, um ihm zu sagen, daß ich
bereit war, mitzugehen. Vielleicht nahm er an, ich gehöre zu einem anderen
Gast, denn er war recht nett zu mir. Er fütterte mich großzügig mit
Zuckerstückchen, die er aus einer Dose nahm, die auf dem Tisch stand. Er sprach
freundlich zu mir und wunderte sich sichtlich, daß ich absolut nicht die
Absicht hatte, ihn nach dieser ausgiebigen Portion Tierfreundlichkeit zu
verlassen. Er versuchte alles mögliche, um mich loszuwerden, aber schließlich
bin ich ein Dackel, und wenn ich mir einmal vorgenommen hatte: den nimmst du
dir, dann tat ich’s auch. Herr Jordan sah das allerdings erst ein, nachdem ich
ihm um zwei Ecken gefolgt war und, als er nichtsahnend die Tür seines Autos
öffnete, mich wendig des Rücksitzes bemächtigt hatte.
    So blieb ich denn, wenn mir auch
jetzt, da ich darüber nachdachte, klar wurde, daß dieser Umstand weniger meiner
Entschlossenheit als einem gewissen Umstand zuzuschreiben war, der Herrn Jordan
bewog, mir Unterschlupf zu gewähren.
    Daheim saß seine Mary und heulte. Er
nutzte mein und Maries Vertrauen aus und präsentierte mich ihr als ein wertvolles
Geschenk, das er ihr, der Lieben, zu machen beschlossen hatte. Diese
Formulierung meiner Gedanken ist gewiß reichlich geschwollen, aber kaum denke
ich an Herrn Jordan, ahme ich sofort den Stil nach, den er pflegte wie ein
Blumenbeet. Bei Sylvia lernte ich später genau das Gegenteil, darum wird es
wohl auf ewig so bleiben, daß meine Ausdrucksweise zuweilen etwas schwankt.
    Herr Arthur Jordan war
Bundestagsabgeordneter, und seine Frau Mary hieß eigentlich Maria. Ach ja, nur
wer jemals die Bekanntschaft eines so außergewöhnlich hochstehenden Herrn
gemacht hatte, konnte sich einen Begriff davon machen, wie sich Herr Jordan
benahm. Er

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