Hurra, die Lage wird ernst
Eddies Hosentasche und verschwand nach draußen. Anja stand
noch immer stumm an der Tür. Wahrscheinlich konnte sie es noch immer nicht
fassen, daß wir sie tatsächlich unschädlich gemacht hatten. Ich inspizierte
einen nach dem anderen. Bully versuchte vergeblich, mit seinen
zusammengebundenen Beinen nach mir zu treten und konnte sich auch ein paar
Abschiedsworte nicht verkneifen.
»Krummer Hund«, knurrte er wütend.
Jeder der Männer saß auf einem Stuhl und ihre Fußfesseln waren fest um die
Stuhlbeine geschlungen. Ich genierte mich ein bißchen, zu Jo in die Küche zu
gehen. Wie sehr ich gehofft hatte, daß er nicht mit zurückkommen möge, wußte
nur ich allein. Einbrecher oder nicht, für einen Hund ist das kein Maßstab. Er
war ein prima Kumpel, und ich hatte es ihm nicht gegönnt, daß er hier, zusammen
mit den anderen, gefangen saß.
»Hallo Fippemann«, begrüßte er mich,
als ich ratlos in der Küchentür stehenblieb. Nein, das konnte ich nicht mit
ansehen, da verdrückte ich mich lieber.
Als ich in die Halle kam, stieß Herr
Debray gerade mit einem Fuß die Haustür auf. An beiden Händen trug er
Campingbeutel, die ein beträchtliches Gewicht haben mußten, denn sie zogen ihm
die Schultern so sehr nach unten, daß er viel schmäler aussah, als er in
Wirklichkeit war. Er trug die Behälter ins Wohnzimmer und warf sie vor Eddies
Augen auf den Tisch.
»Na Freundchen, wieviel ist es?«
»Zählen Sie’s doch.« Eddie war die
Enttäuschung, daß nun im letzten Moment doch noch alles schiefgelaufen war,
nicht im geringsten anzumerken.
»Das werden wir, worauf Sie sich
verlassen können«, sagte Herr Debray. Staunend kam Oliver näher, auch Anja.
Herr Debray zog die Schnüre der Beutel auseinander und kippte den ganzen Segen
auf dem Tisch aus. Da türmten sich nun die in fingerdicken Bündeln
zusammengefaßten Scheine zu einem bizarren Berg. Soviel Geld hatte Anja
bestimmt noch nie auf einem Haufen gesehen. Ich auch nicht, aber mir bedeutete
es ja auch nichts. Gemeinsam schichteten Debray und Oliver all die Geldpaketchen
aufeinander, zu vielen einzelnen Stapeln und Anja machte von Zeit zu Zeit, wenn
Herr Debray es ihr sagte, einen Strich auf ein Blatt Papier.
»Runde dreihunderttausend, ein guter
Fang«, sagte Debray. Mit großartiger Geste wies Oliver auf den Geldstapel.
»Die Gentlemen bitten zur Kasse«,
sagte er und grinste frech zu Eddie hinüber.
Aus der Küche kam kein Laut, aber im
Eßzimmer hörte man Bully schon wieder vor sich hinfluchen.
»Los, sieh mal nach ihm«, bat
Debray. Als Oliver danach gehorsam hinter der Tür verschwand, ging Debray zum
Telefon, hob den Hörer ab und wählte eine Nummer.
»Kommissar Knöpfle bitte«, sagte er
und fischte sich mit einer Hand zuerst eine Zigarettenschachtel aus der
Hosentasche, dann noch ein Feuerzeug und steckte sich schließlich furchtbar
umständlich mit einer Hand eine Zigarette an.
»Hier Debray, Tag Kommissar. Ich
wollte nur mal hören, ob’s bei Ihnen was Neues gibt... Wie?... Woher soll ich
wissen, daß Sie keine Zeit haben, und um einen Scherz handelt es sich ganz
bestimmt nicht... Ach so, ein Einbruch, verstehe. Und wo?... Ach, was Sie nicht
sagen... Nein, bitte entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht von Ihren
dringendsten Pflichten abhalten, ich wollte nur... Nein, Herr Kommissar
Knöpfle, das hätten Sie wirklich nicht sagen sollen. Ich habe das Gefühl, Sie
werden sich später bei mir entschuldigen müssen... Also gut, ich werde Ihnen
sagen, was ich von Ihnen will. Ich wollte Sie lediglich, bitten, sich hier in
Junkersdorf die vollständig versammelte Einbrechermannschaft abzuholen. Die
Burschen mitsamt ihrer gefährlichen Dame werden mir auf die Dauer etwas lästig...
Sie haben mich ja vorher nicht zu Wort kommen lassen, verehrter Herr
Kommissar... Jawohl, alles o. k.... Sie sind bereits serviert, Sie brauchen
sich nur noch zu bedienen.«
Zufrieden lächelnd sah er von einem
zum andern und kam sich sicher vor wie Napoleon nach einer gewonnenen Schlacht.
Jetzt wurde es langsam ernst für die
Ganoven, und während Herr Debray dem Kommissar Knöpfle noch die genaue
Anschrift durchgab, setzte ich mich unauffällig von der versammelten Mannschaft
ab und schlich mich leise in die Küche. Zum Glück hatte Oliver kurz vorher das
Eßzimmer verlassen und wartete nun mit den anderen zusammen auf das Eintreffen
der Polizisten.
Jo hockte zusammengesunken auf
seinem Stuhl, als er mich jedoch sah, huschte ein trauriges Lächeln über
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